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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe
Autoren: Alison Croggon
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Lilie der Wildrose, Wildrose des Schaums.
    Damit bückte er sich und küsste sie auf die Stirn. Cadvan hieß sie mit denselben Worten willkommen und küsste sie ebenfalls. Maerad betrachtete die Eschenrute, die sie nach wie vor in der Hand hielt; sie war beinahe zu Asche verbrannt, doch ihre Hände waren weiß und wiesen keinerlei Blasen auf.
    Nelac nahm ihr das verkohlte Holz ab und vergrub es unter dem Anarech-Baum. Dann kehrten sie alle schweigend zurück ins Haus. Das Zimmer, das Maerad vor kaum zehn Minuten verlassen hatte, wirkte verändert auf sie. Die Farben schienen üppiger und kräftiger zu sein, die Gegenstände bedeutungsschwer. Maerad zuckte vor der Schärfe ihrer Wahrnehmung zusammen. Blinzelnd sah sie sich um und schüttelte sich. »Ich wusste nicht, dass es so sein würde«, stieß sie hervor.
    »Man weiß nie, wie die Dinge sein werden«, meinte Cadvan verträumt, als erinnerte er sich an etwas aus der eigenen Vergangenheit.
    Ein wenig des Strahls der Flamme haftete noch an Maerads Haut. Als sie sich hinsetzte, schimmerte sie leicht. Cadvan betrachtete sie voll Verwunderung; allmählich glaubte er, die Verwandtschaft zu verstehen, von der Ardina gesprochen hatte.
    »Nicht alle Barden gelangen durch die Weiße Flamme«, erklärte Nelac. »Nicht alle Barden würden es schaffen. Das hast du gut gemacht, Maerad.« Mit ernster Miene starrte er sie an. »Eine wahre Bardin ! Und wenn ich mir die Bemerkung gestatten darf, fürwahr die Tochter deiner Mutter!«
    Maerad blieb keine Zeit zu verarbeiten, was geschehen war. In das Wohnzimmer drangen der Lärm von Schreien auf der Straße, leise und weit entfernt, und das gedämpfte Klirren von Waffen. Wesentlich näher war ein Tumult in der Halle zu vernehmen. Jäh schaute Nelac auf. »Es hat begonnen, meine Freunde.« Maerad seufzte und zwang ihre Gedanken, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Sie mussten aus Norloch entkommen. Saliman und Hem hatten die Zitadelle inzwischen längst hinter sich gelassen und waren auf dem Weg nach Süden. Sie sah ihre Gestalten wie aus großer Höhe vor ihrem geistigen Auge; sie galoppierten auf der Ebene von Carmallachen durch die Nacht. Nun mussten Cadvan und sie aufbrechen. Brin kam ins Zimmer gerannt und wirkte aufgeregt. »Meister!«, rief er. »Irgendetwas ist im Schwange. Auf den Straßen herrscht Aufruhr ! Aus einem der hohen Fenster habe ich Soldaten gesehen …«
    »Ich weiß, Brin«, sagte Nelac ruhig. »Ich schicke diese Gäste gerade auf den Weg. Vergiss nicht, selbst die Weiße Garde vermag nicht, das Außentor aufzubrechen; es wird von mehr als nur Eisen geschützt. Und wenn du bitte verhindern könntest, dass die Schüler in Panik geraten. Wir müssen hinunter in die unteren Kreise. Ich bin bald zurück. Falls es nötig ist, weißt du ja, wie man zum Fünften Kreis gelangt.« Brin nickte und ging.
    »Brin ist meine rechte Hand«, erklärte Nelac und lächelte erschöpft. Einen Lidschlag lang lehnte er sich gegen die Wand. Zum ersten Mal seit seiner Rückkehr vom Rat sah er alt und müde aus. Wie alt war er eigentlich, dachte Maerad plötzlich. Drei gewöhnliche Lebensspannen, hatte Cadvan gesagt… Doch Nelac unterbrach ihre Grübelei. »Es ist an der Zeit für euch zwei, zu gehen. Ich bringe euch zum Eingang des Fluchtwegs - er verläuft kerzengerade, ihr könnt euch nicht verirren -, dann lasse ich euch allein. Ihr beide könnte euch ohne Weiteres selbst verteidigen. Ich muss mich um andere dringende Belange kümmern.«
    Cadvan und Maerad hoben ihre Bündel auf und folgten Nelac. Er führte sie die große Eingangshalle entlang, dann nach links in einen weiteren, breiten Gang und schließlich durch die riesige Küche, die völlig verwaist war. Am fernen Ende stießen sie auf eine kleine, dunkle Treppe, die sie hinabstiegen. Unterwegs machte Nelac ein Licht an, und Maerad sah, dass sie ein niedriges Kellergewölbe betraten, das sich endlos rings um sie zu erstrecken schien. Bis unter die Decke stapelten sich ordentliche Reihen von Kisten, Glasflaschen, Fässern und prallen Getreidesäcken. Die Wände säumten Regale mit Obst und Gemüse: Apfel, Rüben, Karotten und mehr. Von der Decke hingen Zwiebel- und Knoblauchzöpfe sowie lange, duftende Trockenwürste. Die Luft war kühl und unbewegt, aber trocken. Maerad atmete die durchdringenden Gerüche ein, während sie durch das Gewölbe eilten. Dabei fiel ihr plötzlich ein, dass sie keine Zeit zum Essen gehabt hatten.
    Nelac führte sie zu einem niedrigen Gang auf
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