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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe
Autoren: Alison Croggon
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fragte Cadvan unschuldig.
    »Hol Enkir«, befahl die Stimme. »Ich glaube, das sind sie.« Der dritte Mann rannte los.
    Das Versteckspiel war zu Ende. Die beiden verbliebenen Barden näherten sich, um sie zu ergreifen, und brüllten gleichzeitig nach Verstärkung. Cadvan riss Arnost aus der Scheide, woraufhin die beiden zurücksprangen. Der erste Mann ließ die Fackel fallen und umklammerte mit beiden Händen seine Keule.
    Maerad sah sich verzweifelt um. Dutzende Soldaten schienen auf dem Kai zu kämpfen, doch sie konnte nicht erkennen, wer gegen wen focht. Weitere Soldaten kamen auf sie zugerannt. Maerad sah den weißen Schemen eines Gesichts durch die Reling des Bootes spähen und sogleich wieder verschwinden. Owan. Er hatte sie also nicht im Stich gelassen. Ohne nachzudenken, zog auch sie das Schwert und stellte sich Schulter an Schulter mit Cadvan auf. Sie wichen zu dem Poller zurück und bezogen daran Stellung. Das Wasser schimmerte schwarz hinter ihnen.
    »Möchtest du mich töten, Gast?«, fragte Cadvan den ersten Mann. Arnosts Schneide funkelte gefährlich. »An deiner Stelle würde ich mir das noch einmal überlegen.« »Schweig, Verräter!«, rief sein Gegner. »Der Tod ist dir jetzt sicher.« Gast hob die Keule und stürzte auf sie zu. Cadvan und Maerad sprangen beiseite. Sein Hieb prallte auf den Poller und ließ Funken aufstieben. Eine Klinge zuckte, und Gast fiel zu Boden. Blut rann ihm dunkel aus Hals und Mund. Er verkrampfte sich noch einmal, dann rührte er sich nicht mehr. Einen Herzschlag lang starrte Maerad ihn an, entsetzt wegen seines schnellen Todes, dann jedoch schwang jemand anders ein Schwert gegen sie. Maerad wehrte den Hieb ab und sprang in Cadvans Richtung, der den Soldaten zurückdrängte und dann mit der linken Hand plötzlich eine weiße Flammenwand um sie zauberte. Die Soldaten verschwanden dahinter, und Maerad und Cadvan standen hinter einem lodernden Halbkreis.
    Cadvan wandte sich ihr zu. Das Feuer warf einen grellen Schein auf sein Gesicht, wodurch die Gertenstriemen deutlich auf der weißen Haut hervortraten. »Es sind nur etwa zwanzig Schritte bis zum Boot«, sagte er. »Unsere einzige Hoffnung besteht darin, uns den Weg dorthin zu erkämpfen, und das können wir nicht mit Schwertern, dafür sind es zu viele Soldaten. Aber wenn wir beide eine Flammenwand um uns aufrecht erhalten, könnten wir es vielleicht schaffen.«
    Maerad nickte. Ihr Atem ging stoßweise. Jenseits der silbrigen Flammen hörte sie das Gebrüll zahlreicher Soldaten. Sie ergriff Cadvans Hand, verschmolz ihren Geist mit dem seinen, und die Flammen züngelten höher, gleißend und kalt. Dann begannen Cadvan und sie, sich entlang dem Kairand Schritt für Schritt auf das Boot zuzubewegen. Sie hatten noch keine drei Schritte zurückgelegt, als sie den Druck eines Gegenzaubers spürte; die Flammen lichteten sich und wurden niedriger, sodass sie die verschwommenen Schemen der Soldaten dahinter sehen konnte. Maerad strengte sich an und ließ sie wieder höher züngeln.
    »Da draußen sind mehr als zwei Barden«, stellte Cadvan fest. Schweiß trat ihm auf die Stirn. »Ich spüre mindestens fünf. Trotzdem glaube ich, wir können es schaffen. Halt durch, Maerad.«
    Quälend langsam rückten sie dem Boot näher. Maerads gesamter Körper brannte vor Anstrengung. Sie wagte einen Blick über die Schulter - das Fischerboot schaukelte immer noch scheinbar verwaist auf den Wogen. Noch zehn Schritte, nur noch vier oder fünf, sie waren fast am Ziel. Ihr Kopf pochte ob der Belastung, die das Aufrechterhalten der Flammenwand bedeutete, aber sie würden es schaffen. Dann verpufften die Flammen von einem Augenblick auf den anderen. Maerad taumelte vor Schreck. Es war, als wäre das Feuer vom Fuß eines Riesen ausgetreten worden. Cadvan drückte ihre Hand, blinzelte sich den Schweiß aus den Augen und schleuderte eine weitere Widerstandskraft vor sich, um ihnen weitere kostbare Zeit zu verschaffen. Maerad versuchte angestrengt, etwas zu erkennen. Sie erkannte die rötlichen Schemen von Fackeln sowie eine wuselnde Masse von Gestalten, aber davor befand sich etwas anderes, eine neue Macht, die zuvor nicht da gewesen war. »Enkir«, stieß Cadvan keuchend hervor. »Es ist Enkir! Er fühlt sich wie ein Unhold an!«
    Wie ein Unhold, dachte Maerad mit vor Angst rasendem Verstand, aber auch nicht wie ein Unhold: Seiner Macht haftete nicht das Grauen des Grabes an, sondern dieselbe lebendige Bösartigkeit, die sie in der Kristallhalle
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