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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin
Autoren: Conny Walden
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nieder. Otto wurde auf ihn aufmerksam. Er erhob sich, schritt auf Arnulf zu und gebot auch ihm mit einer Geste, sich zu erheben.
    »Seid gegrüßt, Arnulf von Ellingen.«
    »Mein Kaiser!«
    »Ich habe Euch hierherkommen lassen, weil ich Euch vertraue wie nur wenigen anderen, seit Ihr in meinem Auftrag ins Land des unzerbrechlichen Stahls aufgebrochen seid. Es ist nicht Eure Schuld, dass wir uns im Moment dringlicheren Aufgaben widmen müssen als dem Ausbau wichtiger Handelsbeziehungen nach Samarkand und darüber hinaus. Euer Einsatz ist nicht vergessen, und die Reise wird ebenso wenig umsonst gewesen sein wie der Feldzug, den Ihr hinter Euch habt.«
    »Daran zweifle ich nicht, mein Kaiser«, antwortete Arnulf.
    »Ich muss Euch leider mitteilen, dass der Krieg noch nicht zu Ende ist. Wir rüsten uns für einen Zug nach Italien.«
    »Ein Aufstand der Städte?«, fragte Arnulf.
    Otto schüttelte den Kopf. »Ein gewisser Johannes Philagathos, der Euch flüchtig bekannt sein dürfte, hat sich zum Gegenpapst ausrufen lassen! Wenn ich Papst Gregor nicht wieder auf den Stuhl Petri setzen kann, ist meine Herrschaft in Italien so gut wie beendet.«
    »Fra Branaguorno hat immer vor Johannes Philagathos gewarnt, mein Kaiser.«
    »Ja – mag sein. Ich nehme an, dass man ihm in Konstantinopel irgendetwas eingeflüstert hat. Aber wie auch immer: Sobald es Frühling wird und die Alpen passierbar werden, brechen wir nach Italien auf – und ich brauche dabei jeden Mann.«
    »Dann werde ich wohl vorher noch Hochzeit halten können.«
    Auf dem Gesicht des Kaisers stand nun der Ausdruck purer Verwunderung, die sich in Erschrecken wandelte. »Hat man es Euch noch nicht gesagt, werter Arnulf?«
    »Gesagt? Was?«
    »Woden von Ostfalen musste seine Tochter vor Kurzem zu Grabe tragen. Dieser Winter, der scheinbar nicht enden will, hat ihre schwache Gesundheit zermürbt.«
    »Nein«, murmelte Arnulf. »Das wusste ich nicht …«
    Seit Jahren hatte es in Venedig keinen Schnee gegeben. Aber jetzt lag er auf dem Dach des neuen Dogenpalastes ebenso wie auf der Bauruine des Markusdoms, an der jegliche Arbeiten seit Wochen zum Erliegen gekommen waren. Der Markusplatz stand unter Wasser und war nur noch für Gondeln passierbar.
    Bruder Æthenius hatte einen Umweg zur Apotheke nehmen müssen. Der eisige Wind riss an seiner Kutte. Als Schutz gegen die Kälte trug er einen wollenen Überwurf um die Schultern. Trotzdem fror er erbärmlich.
    In der Türnische lag ein zusammengekrümmter, notdürftig in eine Decke gewickelter Körper. Schnee bedeckte ihn.
    Bruder Æthenius bekreuzigte sich und atmete dann tief durch. Es war immer dasselbe, wenn ein harter Winter herrschte und der Hunger lange dauerte, hatten die Armen und Obdachlosen am meisten darunter zu leiden. Man fand sie erfroren in Hausnischen – und manchmal auch schwimmend in den Kanälen.
    Æthenius beugte sich über die Gestalt und hob die Decke von dem Gesicht. Es war eine junge Frau. Die dunklen, schräg stehenden und sehr schmalen Augen erkannte Æthenius sofort.
    »Liutgert!«, murmelte er.
    Er hielt seine Finger unter ihre Nase. Ein schwacher Hauch war zu spüren. Sie lebte noch. Æthenius öffnete das Schloss seiner Apotheke. Dann beugte er sich abermals nieder und nahm die junge Frau auf die Arme. Er trug sie ins Innere und legte sie dann vorsichtig auf den Boden.
    »Ihr seid lange nicht mehr zu den Lektionen in der Sprache der Sachsen gekommen«, murmelte Æthenius vor sich hin, während er die Tür verriegelte. Er redete, als würde sie ihn verstehen. Aber das war Æthenius’ Art. Viele Jahre hatte er im Hospital von San Marco gedient und es sich angewöhnt, auch mit denen zu sprechen, denen der Herr für den Moment den Mund verschlossen hatte.
    Zunächst machte sich der Mönch daran, den Ofen anzufeuern. Das Brennholz ging bald zur Neige – und selbst wenn man frisches bekam, war es vermutlich feucht.
    Als das Feuer brannte, holte er zusätzliche Decken aus dem Lagerraum nebenan, legte sie in die Nähe des Ofens und bettete die Bewusstlose darauf.
    »Ein belebender Trunk mit den Extrakten einiger guter Kräuter – das ist jetzt genau das Richtige!«, glaubte er. »Ihr werdet sehen, geheimnisvolle Liutgert, ich schaffe es, dass Ihr Euch von innen und außen wieder aufwärmt …«
    Li öffnete die Augen. Ein scharfer Geruch stieg ihr in die Nase und erinnerte sie an ätherische Öle, wie sie in der Medizin ihrer Heimat Verwendung fanden.
    »Dem Herrn sei Dank, Ihr habt wieder
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