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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung
Autoren: Graham Masterton
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menschlichen Lebens, auf jeden Aberglauben und auf jede Religion eine Antwort.
    Die grundlegende Tatsache unserer Existenz auf diesem Planeten war, dass wir nicht die Ersten waren. Unsere Überlieferungen waren voll von Geistern und Halluzinationen,
    Mythen und Aberglauben. Die >Traumzeit< hatten die Aborigines es genannt. Die Zeit davor. Die Zeit vor uns, als die Alten die Erde beherrscht hatten.
    Meine Ohren wurden von einem tiefen, trommelnden Geräusch bombardiert, als sich der schwarze Schatten langsam über Billings herabsenkte. Er schrie ekstatisch, während die Wolke immer tiefer sank.
    Blitze zuckten um ihn herum, Funken sprangen von seinen Haaren über. Während er schrie, schössen Funken aus seinem Mund wie Blitze von einem Schweißgerät.
    »Ich werde euch alle beherrschen!«, schrie er uns an. »Ich werde ewig leben und euch alle beherrschen!«
    Ohne etwas zu sagen und ohne mich anzusehen, stürmte Miller auf den Altar zu. Brown Jenkin schlug mit einer Klaue nach ihm, traute sich aber nicht, ihm zu folgen.
    »Sergeant!«, rief ich. »Sergeant!«
    Miller stieg aber über die Knochen, so schnell er konnte, und plötzlich verstand ich, was er vorhatte. >Ein Mann<, hatte Billings geprahlt. >Ein Mann kann euch alle verfolgen und vernichten^ Was aber, wenn dieser eine Mann nicht der junge Mr. Billings war, sondern ...?
    Miller versetzte Billings einen Stoß, der ihn zu Boden schickte und mitten in den blutigen Uberresten von Vanessa Charles landen ließ. Billings schrie ihn entsetzt an, doch Miller trat ihn, nicht nur einmal, sondern wieder und wieder, bis Billings den Halt verlor und von dem Knochenberg rutschte. Auf dem Rücken liegend fand er sich an der Mauer der Kapelle wieder.
    Miller nahm seinen Platz ein. Sein Gesichtsausdruck hatte etwas Glückseliges und zugleich Märtyrerhaftes, als habe er der Menschheit schließlich doch noch einen Dienst erwiesen, der seiner würdig war. Kein Wunder, dass er von Anfang an geglaubt hatte, dass Brown Jenkin wirklich existierte. Er war fast ein Heiliger.
    Die kalte schwarze Wolke senkte sich auf ihn herab wie der Vorhang in einem Theater. Warum sollte sich Yog-Sothoth darum kümmern, welchen Menschen er in sich aufnahm? Einen Moment lang sah ich Detective Sergeant Miller mit leuchtenden Augen; sein ganzer Körper war von blendender Statik umgeben, seine Haare wirbelten nach oben, er hatte die Arme ausgestreckt. Dann schoss die Wolke empor in den giftig gelben Himmel, begleitet von einem Geräusch, das die Atmosphäre so sehr in Bewegung versetzte, dass ich nicht das Geräusch hörte, sondern nur die Schmerzen in meinen Trommelfellen spürte. Und dann war es vorüber.
    Billings stolperte durch den Berg aus Knochen, fassungslos. »Ich!«, schrie er zum Himmel hinauf. »Ich! Ich war derjenige, den ihr mitnehmen solltet!«
    »Et maintenantpourquoi?«, fragte Brown Jenkin noch aufgeregter. »Tu as promised me alles, you fucker! Et maintenant c'est tout disparu, dans cet cloud!«
    Billings fiel auf die Knie, stöhnte, schluchzte und schlug sich gegen die Brust. Brown Jenkin begab sich zu ihm, baute sich vor ihm auf und spuckte ihm wieder und wieder ins Gesicht, bis Billings' Gesicht völlig von Jenkins Spucke überzogen war.
    »Pourquoi did I suffer and fight for all of these years, bastard-bastard! Pourquoi!«
    Billings ballte die Fäuste und heulte, als trauere er.
    Brown Jenkin stand vor ihn und sah ihn hasserfüllt an. Mit einer plötzlichen, fast beiläufigen Bewegung schossen seine Klauen über Billings' Kehle und rissen seinen Kehlkopf heraus. Blut schoss aus der Wunde, und Billings sackte schließlich in sich zusammen, während ein Bein noch zuckte. Brown Jenkin stand da mit dem Kehlkopf auf seine Klaue gespießt. Seine Oberlippen verzog er zu etwas, was einem Grinsen nahe kam.
    Ich zögerte noch einen Augenblick lang, dann rannte ich los. Mazurewicz sah mich, machte aber keine Anstalten, mich aufzuhalten. Vielleicht sah er das menschliche Dilemma viel philosophischer, als man glauben mochte. Vielleicht hatte er aber auch einfach keine Lust, hinter mir herzurennen. Ich stürmte über den Friedhof, sprang über den Bach und kämpfte mich den rutschigen Hügel hinauf. Uber mir zogen sich düstere Wolken zusammen, und die See gab ein langsames öliges Gurgeln von sich. Vielleicht hatte Mazurewicz mir auch nur nicht folgen wollen, weil seine Arbeit getan war. Er hatte die Geburt der Unseligen Dreifaltigkeit überwacht, und Gott würde nie wieder über diesen Planeten
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