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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen
Autoren: Rolf Ulrici
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Ich nehme doch an, daß Du herkommst.
    Rex

    Beverly Hills, Kalifornien,
    Santa-Anna-Hospital im Park...

    Liebe Cotta,
    der Schreck war groß. Und hätte mein Körper wegen der Krankheit nicht sowieso auf Abwehr geschaltet, so hätte ich durchaus wegbleiben können.
    Ich saß auf dem Rasen unter einem Baum, frühmorgens, als noch kein so glühender Wind von Los Angeles herüberstrich. Ich saß auf meinem luftgefütterten Liegestuhl mit Markise, neben mir einen Rolltisch mit Eis und Getränken. Ich saß wie der Patient im Film, den anzusehen allen Gesunden eine Freude bereitet, weißer Tropenanzug etc. pp. Da saß ich. Und es kam das blitzappetitliche Krankenmädchen und sagte: »Please, ein Froilain.« Sie sagte es deutsch. Ein Froilain. Und hielt mir einen Zettel hin. Darauf stand:

    Barbara Rufus aus Stuttgart
    genannt Bibi

    Ich hatte noch nicht ganz begriffen, was daraufstand: Plötzlich hörte ich hinter mir einen raschen Schritt. Ein Rascheln, ein atemloses Atmen, ja, das kannte ich doch? Und es bog die Besucherin mit Schwung um den Liegestuhl, im Halbkreis. Ich sah den fliegenden Rocksaum.
    Und dann stand sie still und starrte mich atemlos an. Neugierig, so neugierig, und mit geweiteten, lang bewimperten Augen.
    »Ja, wer bist denn du?« fragte ich fassungslos.
    »Na, ich bin doch die Bibi.«
    Ich hätte nicht zu fragen brauchen. Es war ja genau das Gesicht. Aber es kam mir noch bekannter vor, als es mir je vorgekommen war. Ich sah da etwas, die Nasenform oder die Kinnpartie, die ich bisher nur im Spiegel gesehen hatte, und ich begriff, daß es nicht nur Bibis Tochter, sondern auch meine war.
    Liebe Cotta, ich gebe den Meineid nun also zu. Es geschah in Pustekohls Boot, in der letzten Nacht. Und es war genauso süß wie dieses jetzt zweiundzwanzigjährige Kind, das ihm seine Existenz verdankt.
    Nun ist Bibi also hier.
    Ich habe sie bei amerikanischen Filmfreunden untergebracht. Die prominenten Leute sind entzückt von ihr. Es kommen Scharen geströmt, um mir zu sagen, wie süß sie sei.
    Und ich werde dadurch wieder richtig modern.
    Aus dem Brief, den Du ihr mitgabst, ersehe ich, daß ihre Mutter sich heldenhaft geweigert hat — allen Familienkatastrophen zum Trotz — , den Vater zu nennen. Und daß man sie ins Exil nach Ostpreußen schickte. Und daß Du das Kind aus einem Heim holtest, nach Kriegsende, und seine Erziehung übernahmst. (Und daß sie Sekretärin in einer Möbelfabrik ist.)
    Jeden Tag kommt Bibi zweimal, zum Frühstück und zum Tee. Und sie hat dieselbe Art, ein Ei mit dem Löffel aufzuklopfen, wie ihre Mutter. Daß sich solche Albernheiten vererben!
    Ich höre aber auch von ihr, daß sie Dich seit je Mammi nennt und seit kurzem erst Cotta. Du hast das Kind zu Dir genommen. Also mußt Du der Mutter verziehen haben. Du hast das Gesicht immer vor Dir gehabt, obwohl doch auch so viel von mir darin ist (und Du warst trotzdem lieb zu ihr). Also mußt Du auch mir verziehen haben.
    Dein Rex

    Vier Monate später:

    Als Vermählte grüßen

    Rex und Cotta

Bibi, wo ist das Salz?

    Urlaubsfahrt auf Rex’ Luxusjacht »Pustekohl II«. Unterweser. Sonniger Tag.
    Cotta: »Bibi, Bibi, hast du Salz besorgt?«
    Bibi (am Steuer): »Ja.«
    Cotta: »Wo ist denn das Salz?«
    Bibi: »In der blauen Tüte.«
    Cotta (suchend in der Kajüte): »Ich kann es nicht finden. Wo — sagtest du?«
    Bibi: »Na, in der blauen...«
    Cotta: »Aber wo denn?«
    »Im Hotelzimmer vergessen.«
    Und die Fische müssen eine gellende Ansprache über Bibis Unzuverlässigkeit schlucken. Und Rex, der Alte, der mit seinem Raucherbein auf dem Bug sitzt, lacht. Es kommt ihm alles so bekannt vor...

    ENDE

    Auf den folgenden Seiten finden Sie eine Auswahl heiterer Romane, Erzählungen und amüsanter Reisebeschreibungen.
    Die Preise entsprechen dem Stand vom Frühjahr 1972 und können sich nach wirtschaftlichen Notwendigkeiten ändern.

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