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Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour

Titel: Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour
Autoren: Charles Bukowski
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ihren Fernsehkameras und Blitzlichtern, und die Reporter hatten kleine Schreibblöcke in den Händen, auf denen sie die Antworten auf ihre Fragen festhielten. Ich beantwortete ein paar Fragen, dann schickte ich sie weg.
    Als wir drin waren, hatten sie mich wieder in der Mangel. Eine Reporterin von einem österreichischen Rundfunksender. Tische, Scheinwerfer. Ich setzte mich hin. Sie wollten immer mehr, als die Gedichte sagen, und das war Unsinn, weil es die Gedichte am besten sagen. Zu viele Schriftsteller sind Lehrer geworden, sind Gurus geworden: sie haben ihre Schreibmaschinen vergessen.
    Die Reporterin sah mich an:
    »Darf ich Ihnen einige Fragen stellen, Mr. Bukowski?«
    »Bevor ich anfange zu reden, brauche ich erst mal eine Flasche Wein.«
    Auf ihr Zeichen rannte einer von ihren Leuten los. Er kam auch sofort mit einer Flasche Roten zurück, einem schlechten Roten. Ich nippte am Glas, spuckte das Zeug aus und sagte:
    »So, fertig, fang an.«
    Sie zog mit der Emanzipation der Frau und Politik vom Leder. Sie stellte mir Fangfragen, auf die ich wohl reinfallen sollte. Aber ich fiel auf nichts rein; die Fragen waren blöde und durchsichtig. Vielleicht die Antworten auch. Ich fühlte mich müde und gleichgültig. Der Wein war zum Kotzen. Dann ertönte über die Deckenlautsprecher der Marsch auf dem Weg zum Galgen. Ich kam mir wie auf einer Abschlußfeier an der Oberschule vor. Am liebsten hätte ich mir die Hose aufgemacht und mir an den Eiern gespielt. Die Scheinwerfer waren heiß. 

 

     
    Mir war es egal, das andere ließ ich auch sein. Ich sagte »Ja« und ich sagte »Nein« und ich sagte »Vielleicht« und ich sagte: »Nein, ich würde meine Mutter nicht bumsen, die ist nämlich tot, ihre Knochen würden mir die Haut zerkratzen, aber ich habe mal geträumt, ich hätte es mit Mama gemacht. Es war der beste nasse Traum, den ich je hatte...« »Nein.« »Ja.« »Nein.« »Nein.« »Ich mag Thomas Carlyle, Madame Butterfly und Orangensaft, die Schalen mit durchgemixt. Ich mag rote Radios, Autowaschstraßen und zerknüllte Zigarettenpackungen und Carson McCullers.« »Nein.« »Nein!« »Nein.« »Ja, natürlich.« »Mick Jagger? Nein, ich mag seinen Mund nicht.« »Bob Dylan? Nein, ich mag sein Kinn nicht.«
    Das Interview war vorbei.
    Ich ging nach vorn, und man probierte die Kamera, Beleuchtung und das Mikro und sonst alles durch. Es war alles in Ordnung. An diesem Abend saßen wir bei Christoph rum und tranken, meist  Bier. 

 

     

  Dann sagte so eine rothaarige Liberale, sie hieß Peggy, und ich mochte sie, von Politik einmal abgesehen, daß ich um sechs Uhr im Fernsehen sein würde. Wir machten es an. Es war ein winziger Portable, aber dann kam es:
    »Der berühmte amerikanische Schriftsteller auf Deutschlandbesuch. « Die meinten wohl, ich sei Norman Mailer. Die wußten gar nicht, daß meine Bücher zu Hause in einer Auflage von 5000 Stück herauskamen. Dann ging es weiter. Ich ging mit Linda Lee zum Eingang der Markthalle hoch, um dort das Mikro durchzuprobieren. Man hielt mir Mikros unter die Nase. Ich war verkatert und sah gereizt aus. Mein Haar flatterte im Wind.
    »Nein«, sagte ich, »nichts über Politik. Nichts über Gott. Von beiden nichts ... Ja, ich mag Frauen, ab und zu liebe ich sie sogar, aber das ist nicht immer eine glückliche Zeit... Was ich mit meinem Werk aussagen will? Ja, wäre ganz gut, wenn die Priester davon einen stehen kriegten ... Deutschland? Darüber weiß ich überhaupt nichts ... Was?Ja, ich mag Céline, Knut Hamsun. Hemingway? Ja, der wußte wohl, wie man schreibt, aber er wußte nicht, wie man lacht... Nein, keine besonderen Erklärungen ... Wir sind rübergekommen, um meinen Onkel zu besuchen, er ist 90, wohnt in Andernach, wo ich auch geboren bin, am 16. 8. 1920. Wir sind rübergekommen, um die Werbetrommel für meine Bücher zu rühren, wir sind rübergekommen, um mich reich zu machen ... Wir sind rübergekommen, um uns ein paar Schlösser anzusehen, ich liebe Schlösser...«
    Ich wirkte überzeugend. Aber das tun viele Dinge, zum Beispiel Grabsteine. Dann wechselte der kleine Fernseher zu jemand anders über.

16
    An jenem ominösen Abend kostete es 10 DM Eintritt in der Markthalle. Der Mann vorn an der Tür wollte auch von mir Geld haben. Ich machte ihm klar, daß ich es war, der die Lesung halten sollte. Später sagte man mir, daß sie 300 Leute wegschicken mußten. Ich brachte 1200 in den Saal, und es gab nur für 800 Sitzplätze, Günter Grass hatte, wie
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