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Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour

Titel: Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour
Autoren: Charles Bukowski
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das Trinken und all die Kater am Gleichgewichtssinn eines Menschen nicht spurlos vorübergehen. Ich schwankte also dort herum und tat so, als wenn ich auf den Fluß und die Dörfer schauen würde. Wir waren so 600 Meterhoch, hatten keine Fallschirme, und die Kamera machte klick, klick, klack, klack, und ich war froh, da wieder runterzukommen.
    Die Burschen mit den hübschen Augen gingen wieder dorthin zurück, wo sie hergekommen waren, um an Bomben rumzufummeln oder an ihren Freundinnen oder an sich gegenseitig oder um Filme zu machen oder übers Leben zu reden oder Würstchen zu braten. Ich war gespannt, wie lange ihre Augen noch so bleiben würden.
    Wir fuhren runter in eine Dorfschänke, wo so alte Männer an freundlichen, niedrigen Tischen beim Bier saßen und ihr Leben Revue passieren ließen. Sie waren sehr ruhig, aber sehr lebensnah. Außer Linda war keine Frau in dem Lokal, nur alte Männer. Sie saßen jeder fiir sich an gesonderten Tischen und sprachen untereinander kein Wort. Ihre Gesichter waren ganz rot, aber ich konnte spüren, wie sie über die vergangenen Tage und Jahre ihres Lebens nachdachten; über die Geschichte, das Gestern und Heute. Sie warteten auf den Tod, aber sie waren deswegen nicht in besonderer Eile: es gab noch so viele Sachen, über die man nachdenken konnte.

15
    Trotz allem, Hamburg rückte näher: die Lesung saß mir im Nak-ken, sie ging mir an die Eier. Überleben durch Dünnschiß. Ich hatte mich in den US in zehn von fünfzehn Jahren mehr schlecht als recht durchgeschlagen-Verhungern, Gefängnisse, schlechte oder gar keine Freunde, schlechte oder gar keine Jobs inbegriffen. Ich habe in den dreckigsten Kneipen verkehrt, die man sich landauf, landab überhaupt vorstellen kann, habe als Laufbursche gearbeitet, war in Schlägereien verwickelt, einige davon habe ich verloren (die meisten davon habe ich verloren), einige davon habe ich gewonnen. Möglich, daß ich meistens verloren habe, weil ich unterernährt und betrunken war und keine Lust hatte auf eine Schlägerei, aber manchmal war auch einfach nichts zu machen. Ich war der billige Spaßvogel, der Clown, und ich mußte schon rumtricksen, daß man mir einen ausgab.
    Bei den Schlägereien kam mir eine Sache besonders komisch vor: ich konnte nicht begreifen, daß sich die Leute über Kleinigkeiten so aufregten. Ich habe mich immer so im Tran geschlagen, nur damit was los war, aber die Ärsche auf der anderen Seite waren voll dabei, die kannten nichts, nur auf eins wie wild: mich zu töten.
    Ich begriff dann, daß ich nicht so war wie mein Gegenüber und daß ich besser was dagegen hätte unternehmen sollen. Ich habe zwei-oder dreimal versucht, Selbstmord zu begehen, aber aus diesem oder jenem Grund hat es nie geklappt; ich war eben kein Profi darin. Es war genau so, wie mein Vater mir zigmal gesagt hatte, als ich klein war:
    »Mit dir ist nichts los, du hast keinen Ehrgeiz, du bist ein Waschlappen! Henry, was soll aus dir mal werden?«
    Das sagte er immer kurz vor dem Mittagessen. Für meine Verdauung war das eigentlich auch nicht so gut...
    Im Zug nach Hamburg hatte ich meine Tasche mit den Gedichten bei mir, und wir warteten auf den Wagen mit den Getränken. Man hatte uns gesagt, es gäbe einen, aber es gab keinen. Ich pendelte also zwischen Abteil und Speisewagen hin und her und versorgte uns mit Wein und Bier. Junge deutsche Soldaten in Zivil rannten hin und her, betrunken, sie grölten herum; die Gruppe machte ihnen Mut, und Soldat zu sein gab ihnen das Gefühl von Männlichkeit. Sie ließen mich an eine Truppe amerikanischer Marinesoldaten  denken. Randalierende Soldaten gibt es überall...

 

 

 

 

 

     

Und die deutsche Clique war auch da, zwei oder drei Autos, und wir fuhren vom Bahnhof durch den Regen, und im Regen standen die Nutten von Hamburg an Autos gelehnt und warteten. Hallo, Süße, hier kommt vielleicht einer...
    Wir kriegten ein Hotelzimmer, und ich holte die Gedichte raus, wobei ich gespannt war, ob ich die Leute wieder reinlegen konnte. Dann klingelte das Telefon. Es war Carl. Er meinte, es sei ganz gut, wenn wir mal zur Markthalle gingen und die Mikros und das alles durchprobieren würden. Ich war einverstanden, und er kam mit einem Auto vorbei. Linda Lee und ich stiegen an der Markthalle aus und gingen zum Eingang hoch. Wir wurden erwartet: es waren Fernsehkameras da und Fragen von Reportern. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich kam mir wie ein Politiker vor. Sie folgten mir zum Eingang hoch mit
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