Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die netten Nachbarn

Die netten Nachbarn

Titel: Die netten Nachbarn
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
meinte er mich –, »er soll nicht immer in die Kamera glotzen!«
    »Es hat mich, bitte schön, niemand darauf aufmerksam gemacht, dass das verboten ist«, bemerkte ich zaghaft.
    Der Assistent fragte: »Soll ich ihn hinauswerfen, Boss?«
    »Ist ja egal«, fauchte der Regisseur. »Der Nächste wäre genauso ein Idiot. Es gibt ja nur Idioten.«
    Dann wurde die Aufnahme nochmals von Anfang an gedreht, und dann wollte ich nach Hause gehen, weil mir heiß war. Das ganze Leben sehnt man sich danach, einmal im Licht der Jupiterlampen zu stehen, und wenn man’s dann endlich erreicht hat, schwitzt man den Kragen durch. Leider war es mit dem Weggehen Essig. Jede Aufnahme wird, was ich nicht wusste, mindestens zwanzigmal gedreht, bevor der Regisseur zufrieden ist und sie »in den Kasten« schickt, wie wir Filmleute sagen. Nun, das wäre noch nicht das Schlimmste gewesen. Aber da gab es einen jungen Mann mit Brille und Schreibblock, das sogenannte »Scriptgirl«, dessen Aufgabe darin besteht, auf alle Äußerlichkeiten scharf aufzupassen, damit sie sich während der Aufnahme nicht verändern. Infolgedessen durfte ich nicht einmal von einem Fuß auf den anderen steigen. Schlomo Emanueli trat mir neunmal aufs linke Hühnerauge, und jedesmal rief ich: »Oj!« Ja, beim Film herrscht eiserne Disziplin. Zum Beispiel versuchte ein Mann während der Aufnahme verzweifelt, in das Haus zu gelangen – fragen Sie nicht, was er da vom Regisseur zu hören bekam! »Zur Hölle mit Ihnen, Sie hinkender Krüppel! Sie sehen doch, dass wir hier drehen!« Der Mann behauptete, er wohne hier und möchte zu Bett gehen. »Nehmen Sie sich ein Hotelzimmer!«, brüllte der Regisseur. »Und stören Sie uns nicht!« Gegen halb drei Uhr früh wurde ich entlassen. Offenbar war ich nicht schlecht, denn einer der Assistenten notierte meine Adresse und ließ mich überdies von einem Stück Käse abbeißen, das er auf der Treppe gefunden hatte. Meine Frau, die mich ein wenig nervös empfing, meinte allerdings, ich hätte mich neppen lassen, und für eine Filmrolle bekäme man mindestens tausend Dollar. Ich gab ihr zu bedenken, dass ich ja schließlich noch kein Star wäre.
    Sie kamen gleich am Morgen. Schon um sechs filmte ich wieder. Um fünf hatte es an meiner Wohnungstür geläutet, eines dieser langen Klingelsignale, denen man anmerkt, dass der Finger am Druckknopf bleibt. Als meine Frau endlich öffnete, drangen die beiden Sumoringer wortlos ins Schlafzimmer ein, der eine packte mich, der andere raffte meine Kleidungsstücke zusammen, und gleich darauf saßen wir in einem wartenden Taxi. »Der Regisseur braucht Sie noch einmal«, sagten sie mir. Ich zog mich während der Fahrt an, was nicht ganz leicht war, denn wir fuhren in einem Höllentempo. Sie wissen ja, dass beim Film jede Minute Geld kostet. Eine einstündige Drehzeit verschlingt mindestens 20000 Pfund, das macht pro Minute 333,33 Pfund und pro Sekunde 5,55. Wenn der Regisseur während der Aufnahme zweimal niest, so ist das ein Verlust, der ungefähr meinem halben Monatseinkommen entspricht.
    Beim Aussteigen sagte ich dem Regisseur sofort, dass ich in Eile sei und nicht zu spät ins Büro kommen dürfe.
    »Was heißt das: Sie sind in Eile?«, brüllte er mich an. »Sie sind in einer Sequenz, und sonst interessiert mich nichts.«
    Damals habe ich das Wort zum ersten Mal gehört. Sequenz! Es bedeutet, dass man von dem Augenblick an, da man in einer Aufnahme drin ist, immer in dieser Aufnahme drin bleiben muss, sonst ist die Sequenz unterbrochen und der Film kann nicht geschnitten werden. Sie verstehen? Meine Szene, zum Beispiel. Ich stehe im Hintergrund, wenn Schlomo Emanueli nach einem Taxi ruft und mir dabei auf die Hühneraugen steigt. Und ich muss immer wieder im Hintergrund stehen, sonst würden die Zuschauer stutzig werden und sagen: »He, was ist los? Wo ist Morris Kalaniot? Vor einem Augenblick war er noch da und jetzt ist er weg!« Deshalb wurde ich wieder zu den Aufnahmen geholt. Der Regisseur wollte Schlomo Emanueli in einer neuen Einstellung zeigen, von ganz nah, mit mir im Hintergrund, wie immer.
    Plötzlich rief der junge Mann mit der Brille und dem Notizblock, also das Scriptgirl: »Halt! Stopp! Schnitt! Aus! Der Kerl hat ja ein anderes Hemd an!!«
    Vor lauter Zorn hätte sich der Regisseur beinahe zu Handgreiflichkeiten hinreißen lassen. »Sie Volltrottel«, brüllte er. »Jetzt haben Sie uns zwei Stunden Dreharbeit verpatzt!«
    Vergebens beteuerte ich, dass eigentlich die beiden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher