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Die netten Nachbarn

Die netten Nachbarn

Titel: Die netten Nachbarn
Autoren: Ephraim Kishon
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Pyjama mein Wohnungsnachbar aus dem oberen Stockwerk, Morris Kalaniot, und hämmerte verzweifelt gegen die Glastür.
    »Hilfe«, stöhnte er. »Verstecken Sie mich!«
    »Was ist los?«, fragte ich, während ich ihn einließ.
    »Ich bin in einer Sequenz …«
    Der Mann zitterte am ganzen Körper, zog sein linkes Bein nach und bot überhaupt einen jammervollen Anblick. Wenn seine Augen sich nicht gerade in konvulsivischen Zuckungen schlossen, waren sie angstvoll geweitet und starrten zur Decke. Dort oben lag seine Wohnung, die er fluchtartig verlassen hatte, um zu mir herunterzuklettern. Ich drehte den Wasserhahn auf, ließ das Wasser einige Minuten laufen und gab meinem verstörten Besucher ein Glas zu trinken. Unter der Einwirkung der lauwarmen Flüssigkeit beruhigte er sich allmählich. Dann begann er seine vermeintlich aufregende Geschichte zu erzählen. In Wahrheit ist es die Geschichte einer ganz normalen Filmkarriere.
    An jenem schicksalsschweren Abend, so begann er, war ich etwas länger im Büro geblieben, weil ich auf Wunsch meines sehr strengen Chefs ein paar Rechnungen neu ausschreiben musste. Gegen neun Uhr machte ich mich zu Fuß auf den Heimweg. Vor einem nahe gelegenen Eckhaus sah ich eine große Menschenansammlung, Scheinwerfer strahlten auf, Krane mit Mikrophonen schwenkten hin und her, aufgeregte Rufe wurden von völliger Stille abgelöst – mit einem Wort: Es wurde ein israelischer Film gedreht. Die Kamera war auf den Haus ein gang gerichtet, aber weiter konnte man nichts sehen. Zwei massige, halbnackte Gestalten, die wie japanische Sumoringer aussahen, stießen jeden Herankommenden erbarmungslos zurück. Der junge Mann mit dem schreiend bunten Hemd, der neben der Kamera stand, musste der Regisseur sein, denn er schrie am lautesten von allen. Dann erkannte ich den berühmten Schauspieler Schlomo Emanueli. Er saß in einem Klappsessel mit Armlehne.
    Plötzlich ließ der Regisseur seine unter der Schirmkappe flackernden Blicke in die Runde schweifen und brüllte: »Verdammt, ich brauche noch irgendein Idiotengesicht für den Hintergrund!«
    Wenn ein Regisseur brüllt, beginnen seine sämtlichen Helfer sofort durcheinander zu rennen. Sonst tun sie nicht viel, aber im Durcheinanderrennen sind sie groß. Einer von ihnen rannte jetzt auf die Zuschauermenge los.
    »Wer von euch will in dieser Sequenz mitwirken, Leute?«
    Die Menge drängte mit wildem Aufschrei vorwärts. Ich wurde gegen meinen Willen mitgerissen. Und da war das Auge des Assistenten auch schon auf mich gefallen.
    »Heda, Sie! Sie sind der Richtige! Es dauert nur ein paar Minuten. Kommen Sie!«
    Ich habe noch nie in einem Film mitgewirkt und dachte immer, das sei so ähnlich wie im Theater: Der Film wird auf einen Sitz heruntergedreht, in zwei oder drei Stunden, und Schluss. Wie kompliziert es in Wirklichkeit dabei zugeht, ahnte ich nicht. Nun, so sagte ich mir, es kann nicht schaden, in einem Film mitzuwirken. Meiner Frau erzähle ich nichts davon – und eines Tages sieht sie mich plötzlich auf der Leinwand. Zur Sicherheit fragte ich den Assistenten, ob ich mein Äußeres irgendwie verändern müsse, vielleicht eine neue Frisur, einen Schnurrbart oder so. Aber da schrie der Regisseur schon auf mich ein, ich sollte gefälligst den Mund halten und stehen bleiben, wo man mich hinstellt. Im Übrigen war meine Rolle ganz einfach: Ich hatte wie zufällig im Haustor zu stehen, während Schlomo Emanueli herausgestürzt kam und »Taxi! Taxi!«, rief.
    Natürlich beneideten mich alle, dass ich die Rolle bekommen hatte, aber ich konnte ihnen nicht helfen. Jeder Mensch muss seine Chance selbst wahrnehmen, nicht wahr. Die beiden Sumoringer, die aus der Nähe nicht wie Japaner aussahen, sondern mehr wie Gorillas, hoben mich auf und setzten mich in einen Kreidekreis unter dem Haustor ab. genau innerhalb dieses Kreises musste ich stehenbleiben, so verlangte es das Drehbuch, denn Schlomo Emanueli musste mir zugleich mit seinem »Taxi, Taxi!«-Ruf auf die Füße steigen. Es tat ein bisschen weh, aber wer würde der Kunst nicht ein kleines Opfer bringen. Nach fünf schmerzhaften Proben war es soweit. Der Regisseur rief »Fertig«, seine Assistenten riefen durcheinander »Ruhe«, »Achtung«, »Schießen« oder »Klappe«, dicht vor meiner Nase wurde ein Holzbrett auf eine schwarze Tafel geklappt, und die Aufnahme begann. Mittendrin brüllte der Regisseur plötzlich »Schnitt« und winkte einem seiner Assistenten.
    »Sagen Sie diesem Idioten« – damit
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