Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Naechte der Venus

Die Naechte der Venus

Titel: Die Naechte der Venus
Autoren: Isabell Alberti
Vom Netzwerk:
Köstlichkeiten, die das Imperium zu bieten hatte, während andere Krüge mit Wein oder Wasser brachten.
    In der Mitte des Raumes – zwischen den vier das Dach tragenden Säulen – war ein Platz frei geblieben. Dort bauten sieben missgestaltete Zwerge eine Pyramide aus ihren Körpern. Der Hässlichste von ihnen mit einem übergroßen Wasserkopf stand ganz oben. Neben einer der Säulen standen leicht bekleidete Tänzerinnen aus Gades, und vor ihnen versuchte ein muskelbepackter Phrygier seine Finger unter das Brustband der hübschesten Tänzerin zu schieben. Mit einem lasziven Kichern, das für später alles versprach, wehrte ihn das Mädchen ab.
    Caelia nahm das wüste Treiben nur am Rande wahr. Ihr Blick .richtete sich fest auf Tribates – Roms berühmtesten Gladiator. Sein breites Gesicht hatte er dem Ausschnitt einer kleinen, blonden Hure zugewandt, deren kurze Tunika kaum ihren Hintern bedeckte.
    Mit beiden Händen hielt Caelia ihren Umhang am Hals zusammen. Darunter trug sie eine dünne, aber nicht ganz so kurze Tunika wie das Mädchen auf Tribates Liege. Ihr blondes Haar hatte sie unter einer rotbraunen Perücke verborgen, an ihren Armen klimperten billige Armreifen aus Bronze.
    Das hier war das öffentliche Gastmahl der Gladiatoren von Roms bekanntester Gladiatorenschule, dem Ludus Magnus. Am Abend vor einem Auftritt in der Arena wurden den Gladiatoren noch einmal alle Wünsche erfüllt. Sie konnten so viel essen und trinken wie sie wollten, sich mit Frauen vergnügen und die Frauen auch mit ihnen. Dafür war sie hier, hatte die stille Abgeschiedenheit ihrer Villa verlassen, sich als Dirne verkleidet und stand jetzt unschlüssig in der Tür zum Speisesaal. Seit Tagen hatte sie an nichts anderes mehr gedacht, als an das Gastmahl der Gladiatoren, nur um jetzt ...
    Ein Sklave mit einer leeren Platte in den Händen eilte aus dem triclinium hinaus. Sein abgespreizter Ellenbogen stieß sie in die Seite. Ohne ihr auch nur einen Blick zu gönnen, lief er an ihr vorbei. Durch ihre Rippen fuhr ein scharfer Schmerz, ihr blieb einen Augenblick die Luft weg. Als sie wieder hätte sprechen können, um den Sklaven zu maßregeln, war er längst außer Sichtweite. Niemand, wirklich niemand hätte unter normalen Umständen gewagt, sie anzustoßen und sich nicht sofort bei ihr zu entschuldigen. Aber hier war sie als Hure verkleidet – und bei einer Hure musste sich nicht einmal ein Sklave entschuldigen.
    »Mach Platz«, rief jemand hinter ihr.
    Sie presste sich, auf Zehenspitzen stehend, eng an den Türrahmen. Gerade noch rechtzeitig, denn mit den Armen voller Amphoren schob sich ein anderer Sklave an ihr vorbei. Der Phrygier bei den Tänzerinnen trat – gerade als der Sklave auf seiner Höhe war – einen halben Schritt zurück. Der stolperte, eine Amphore fiel zu Boden, zersprang, und wie Blut spritzte der Wein über die Steinplatten.
    Es war falsch gewesen, herzukommen. Sie sollte wieder nach Hause gehen in die kühle Stille ihrer Villa. Außerdem waren so viele Prostituierte da, dass es heute Abend in ganz Rom wohl keine mehr geben konnte. Da erkannte Caelia den jungen Marcus Rufius mit seinem Onkel. Marcus Rufius hatte ihr eine Zeit lang schöne Augen gemacht. Beide waren fanatische Anhänger der Spiele.
    Wenn sie nicht bald hineinging, würde Tribates für sie immer unerreichbar bleiben, schalt sich Caelia, aber ihre Füße bewegten sich nicht. Nur ihre Blicke wanderten durch den Saal und fielen auf einen still dasitzenden Mann inmitten des wüsten Treibens. Das gab es immer mal wieder, dass ein Gladiator am Abend vor seinem Auftritt in der Arena in sich gekehrt war, das Essen nicht anrührte und auch für die Mädchen keinen Blick übrig hatte.
    Bei diesem Mann war es anders. Er schien gar nicht dazuzugehören, als wäre ein Teil seiner Seele an einem anderen geheimen Ort. Mit seinen wirren braunen Locken sah er anders aus als die anderen Gladiatoren mit ihren eingeölten, straff zurückgekämmten Haaren. Er trug ein kurzes, von einem Stoffband über der Schulter gehaltenes Röckchen, das wohl schon einmal bessere Tage gesehen hatte. Narben zogen sich über seinen Oberkörper. Narben, die nicht von Gladiatorenkämpfen stammten, denn in der Arena hatte dieser Mann noch nie gestanden. Da sie eine regelmäßige Besucherin der Spiele war, wäre ihr so ein eindrucksvoll aussehender Bursche aufgefallen.
    Sein Gesicht war hart und sanft zugleich. Blaue Augen, die bestimmt mit den Sternen konkurrieren konnten, wenn er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher