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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos
Autoren: Jack Higgins
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Augenblick schickte Melos auch noch Lazanis herüber auf die ›Gentle Jane‹. Das war Anlaß genug zur Besorgnis, da diese Vorsichtsmaßnahme völlig unnötig war.
    Melos hatte uns fest in der Hand, denn wohin sollten wir fliehen? Wir konnten ja nicht zu den Behörden gehen. Wenn wir die Aktenmappe geborgen hatten, blieb uns nichts weiter übrig, als sie zur ›Firebird‹ zu bringen und gegen Sarah und die beiden Jungen auszutauschen.
    Christou stand im Ruderhaus, da mir verboten wurde, mein Schiff zu führen. Kapelari und Lazanis lehnten an der Reling und unterhielten sich durch das offene Fenster mit ihm.
    Sie machten sich wohl keine großen Sorgen. Melos hatte das alles prächtig eingefädelt, und Kapelari warf uns nur gelegentlich einen flüchtigen Blick zu. Wir arbeiteten im Heck und bereiteten unsere Taucherausrüstung vor.
    Ciasim sagte: »Ich habe mir schon überlegt, welche Garantie wir haben, falls alles klappt und wir die Mappe zur ›Firebird‹ bringen.«
    »Du meinst also, daß Melos und seine Freunde uns wahrscheinlich alle erledigen werden.«
    »Genau, andererseits ist Lady Sarah ein Problem für sie. Aleko wird kaum ruhig zusehen, wie sie ihr eine Kugel in den Kopf schießen.«
    »Da bin ich nicht sicher, er ist ein kranker Mann. Er weiß nicht mehr, was ringsum geschieht. Außerdem wird es sich wohl um einen bedauerlichen Unfall handeln. Vielleicht geht die ›Gentle Jane‹ denselben Weg wie die ›Seytan‹.«
    »Aber mit einem kleinen Unterschied, wie?«
    »Richtig: Wir werden dann alle unten eingeschlossen sein.«
    Er holte tief Luft. »Und warum nicht? Diese Leute spielen um einen hohen Einsatz. Es geht um ein ganzes Land.«
    »Dann laß dir aber auch mal etwas anderes durch den Kopf gehen«, sagte ich. »Warum hat Melos diesen Kapelari und seine beiden Kollegen mitgeschickt? Wir brauchen sie nicht, und er weiß genau, daß wir mit der Aktenmappe zurückkehren müssen, es bleibt uns nichts anderes übrig.«
    »Du meinst, falls wir sie finden.«
    »Wenn sie überhaupt da ist, werden wir sie finden«, sagte ich. »Aber was geschieht dann? Was geschieht, wenn wir mit dem Ding über die Reling klettern?«
    Er machte große Augen. Dann stieß er einen seiner seltsamen Seufzer aus. »Ach, jetzt begreife ich. Wir werden nicht mehr gebraucht. Wir gehen gleich wieder über die Reling, vollgepumpt mit Blei. Können wir etwas dagegen tun?«
    »Ich glaube schon«, sagte ich und erklärte es ihm. Aber es war eine geringe Chance. Mut, genaue Zeiteinteilung und eine gehörige Portion Glück gehörten dazu. Ob die Götter mir heute wohlgesonnen waren? Es wurde höchste Zeit.
    Da wir keine Ahnung hatten, in welchem Zustand sich der Vogel befand, bereiteten wir uns auf jede Eventualität vor. Wir breiteten auf dem Deck neben der Taucherausrüstung ein ganzes Sortiment Werkzeuge aus, dazu den Unterwasserschneidbrenner. Das alles sah höchst eindrucksvoll aus. Kapelan und Lazanis sahen uns eine Weile zu.
    »Das ganze Zeug braucht ihr?« fragte Lazanis.
    »Wir werden den Vogel vielleicht aufbrechen müssen wie eine Sardinenbüchse.«
    Er knurrte und stieß lässig mit der Stiefelspitze gegen eine blecherne Keksdose.
    »Das würde ich an Ihrer Stelle sein lassen«, sagte ich. »Da drin sind zwanzig Pfund hochexplosiver Sprengstoff und ein Kasten mit chemischen Zündern, da könnte etwas höchst Unschönes passieren.«
    Zu meiner Freude wurde er grünlich im Gesicht und sprang rasch zurück. Er bekreuzigte sich sogar. Natürlich war Sprengstoff in der Büchse, aber daß man ihn mit einem kleinen Fußtritt in die Luft jagen kann, war ein Ammenmärchen.
    Kapelari und Lazanis machten sich viel schneller aus dem Staub, als sie gekommen waren. Ciasim grinste. »Vielleicht hat er sich in die Hosen gemacht«, sagte er, und spuckte über die Reling. »Diese Schweine.«
    Bis nach Kreta brauchten wir etwas länger als drei Stunden. Zuerst erblickten wir Kap Sidheros und dann tauchte auf der anderen Seite des Golfs von Merabello der Türkenkopf auf - ein guter Name für den Felsen, der mit seinem harten, kühnen Profil in einiger Entfernung zur Insel Kapala hinüberstarrte.
    Diese Insel war nur ein kahler Fels, auf dem nicht einmal Ziegen leben konnten. Wir warfen zweihundert Meter nördlich davon an der Stelle Anker, die Pavlo uns angegeben hatte. Es war kurz nach Mittag. Das Wetter hatte im Laufe des Vormittags allmählich aufgeklart, die Sonne hing wie ein Feuerball am Himmel, und die Hitze war so stechend, daß man die
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