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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada
Autoren: Brigitte Riebe
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Geständnisse erzwungen werden, auch das Mittel der Folter gehörte dazu. Bereits bei der Verhaftung wurde das Vermögen eingezogen; auf einen Verteidiger hatte man keinen Anspruch, Denunzianten konnten im Verborgenen bleiben. Viele Menschen starben unter großen Qualen.
    Diego Rodriguez Lucero, bereits von Zeitgenossen wegen seiner grausamen Methoden »Finsterling« genannt, der im Namen der Inquisition in Granada wütete, gehörte zu den Allerschlimmsten. Jähzornig, unberechenbar, grausam, von tiefem Maurenhass durchdrungen, machte er dieser Bevölkerungsgruppe, ob nun getauft oder nicht, die »Reinheit des Blutes« streitig, eine abstruse Vorstellung, die Jahrhunderte später die Nationalsozialisten unter Hitler aufgriffen und mit dem Holocaust aufs Schrecklichste weiterführten. Luceros Tod durch die Hand des Schneiders Amir in meinem Roman entspringt meiner Fantasie, ebenso der Einsatz der Rotkappen, der historisch nicht verbürgt ist. Der »reale« Lucero hat noch eine Zeit lang weitergelebt und weitergequält.
    Als Cisneros im Dezember 1499 in Granada den Großteil aller arabischen Schriften verbrennen ließ, kam es zum Aufstand der Mauren, der sich über Wochen hinzog – auch das ein schreckliches Vorbild für die Nazis, die 1933 ebenfalls in den großen Städten des Deutschen Reichs die öffentliche Verbrennung verbotener Bücher durchführten. Der Dichter Heinrich Heine bezieht sich in seiner Tragödie »Almansor« (1821) auf jene Vorgänge in Granada. Dort steht auch der Satz: »Das war ein Vorspiel nur, dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen«, ein Satz, der weltberühmt wurde und immer wieder zitiert wird.
    Jeder, der wie ich historische Romane schreibt und es mit der Recherche ernst meint, sollte auch eine Prise detektivischen Ehrgeiz besitzen. So bin ich beim Durchforsten der Literatur auf einen Aufsatz aus dem Jahr 1851 (!) gestoßen, der »Die Nacht von Granada« sehr anschaulich und detailgenau beschreibt. Ihm zu Ehren trägt dieser Roman seinen Titel.
    Wie ging es weiter mit den Mauren in Granada?
    Der Aufstand wurde schließlich von den königlichen Soldaten niedergeschlagen, was dazu führte, dass König Ferdinand den Vertrag von 1491 aufkündigte. Jetzt mussten die Mauren entweder katholisch werden oder das Land verlassen. Ein Teil von ihnen ging ins Exil, die anderen ließen sich wohl oder übel taufen, aber es scheint auch gar nicht so wenige gegeben zu haben, die sich durch Flucht entzogen, vor allem in die einsamen Bergregionen der Sierra Nevada – dorthin, wo auch die beiden Familien meines Romans schließlich gehen.
    Die Mauren nannten dieses Gebiet »Al-Busherat« (Grasland), woraus im Lauf der Jahrtausende Las Apujarras wurde. Bis heute ist ihr Erbe in den Alpujarras allgegenwärtig. Sie schufen ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, bauten zahlreiche Obst-, Gemüse und Getreidesorten sowie Olivenbäume auf sorgfältig gepflegten Terrassen an und errichten die berühmten weißen Dörfer, an denen sich Touristen noch heute in der wilden Bergeinsamkeit erfreuen.
    1569 kam es zu einem weiteren maurischen Aufstand in den Alpujarras, der ebenfalls von den Soldaten der Krone blutig niedergeschlagen wurde, und viele der Morisken wurden zwangsweise nach Galizien, Kastilien oder Aragon umgesiedelt – zum Teil mitten im Winter. Bei den Deportationen starben Tausende. Zwischen 1609 und 1611 wurden die letzten 275000 von ihnen aus Spanien ausgewiesen. Viele siedelten sich in Tunesien oder Algerien an und beeinflussten die Kultur dieser Länder durch andalusische Traditionen.
    Brigitte Riebe

Zeittafel
    711–719
    Das christliche Westgotenreich wird von muslimischen Heeren aus Nordafrika erobert. Der größte Teil der Iberischen Halbinsel (Ausnahme ist die nordspanische Gebirgsregion) gerät innerhalb weniger Jahre in den Herrschafts bereich des Kalifen von Damaskus. Fortan trägt es den Namen »al-Andalus« (Andalusien) und wird von Statthaltern des Kalifen regiert. Christen und Juden dürfen unter den neuen Herrschern gegen Zahlung einer Sondersteuer ihre Religion auch weiterhin frei ausüben.
    741–746
    Berberaufstand in Andalusien. Die mit den arabischen Eroberern verbündeten Berber kämpfen um mehr Einfluss im eroberten Andalusien. Der Aufstand wird zwar unterdrückt, doch der Name »Mauren« für die in Andalusien lebenden Muslime geht auf die Berber zurück, da sie aus der ehemals römischen Provinz Mauretanien in Nordafrika stammten.
    756
    Das Emirat von
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