Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
verschwunden, auch als alle schon die Insel verlassen hatten. Ein Suchtrupp hatte noch einmal die ganze Insel durchforscht.
    Ein fernes Donnern schwebte an diesem Morgen wie eine unsichtbare Wolke unter dem blassen Himmel und einer milchigen Sonne; es war ein ständiges Grollen, ein Zittern der Luft, eine Stimmung, als stehe der Weltuntergang unmittelbar bevor. Marga und Claudia saßen in dem winzigen Salon des Motorbootes und hielten sich bei der Hand. Sie waren stumm vor Angst und Entsetzen. Rank hockte an der gegenüberliegenden Wand, die zerbeulte Trompete auf den Knien. Er stierte vor sich hin. »Das ist ein Seebeben«, sagte er einmal, als das tiefe Grollen nachließ und etwas Stille zwischen zwei riesigen Wellen eintrat. »So wurde früher das Angesicht der Erde verändert.«
    »Und Alex ist draußen.« Marga legte den Kopf gegen Claudias Schulter und weinte. Alle Qual brach aus ihr heraus, sie schüttelte sich wie in Krämpfen und klammerte sich an ihre Tochter. »Vater ist mittendrin in dieser Hölle. O mein Gott, mein Gott, mein Gott …«
    Im zweiten Boot saßen Tomamai und Volker unter Deck. Und es war merkwürdig: Er empfand keine Angst, er hörte und sah diese Veränderung der Natur, aber die Gegenwart Tomamais wirkte wie ein Schild, an dem alles Grauen abprallte.
    »Wir werden leben!« sagte der Alte und legte Volker seine faltige Hand auf den blonden Kopf. »Es wird immer ein Leben geben, solange Sonne, Wind, Wasser und Feuer auf dieser Erde bleiben. Keine Angst, mein Freund. Ich weiß, wie man die Götter versöhnt …«
    Am Abend ließ das Grollen aus dem Urgrund nach, und das Toben des Meeres legte sich. Jetzt liefen die Wellen sich aus, noch immer von ungeheurer Größe, aber nicht mehr gepeitscht von jener unfaßbaren Kraft, die alle fürchteten.
    »Wir kehren um!« sagte Fred Dylon und gab ein Sirenensignal. Vom zweiten Boot antwortete ihm das Nebelhorn: Verstanden.
    Dr. Rank verließ den Salon und kämpfte sich bis zum Steuerhaus durch. Als er die Tür aufriß, spülte ihn eine Welle vollends hinein und schleuderte ihn gegen den festgebundenen Dylon. In seinem völlig durchnäßten Anzug sah er noch kläglicher, noch erbärmlicher aus als sonst. »Was haben Sie vor, Fred?« schrie er.
    »Zurück! Ich glaube, wir haben's überstanden.« Dylon grinste müde. »Beten hilft doch, Doc.«
    »Haben Sie irgendwo Funkkontakt, Junge?«
    »Nichts! Alles tot!« Dylon nickte zu dem kleinen Funkgerät hinter sich. »Bis vor sechs Stunden meldete sich noch Mahé. Ein Seebeben von nie gekanntem Ausmaß. Dann riß alles ab. Unser Gerät ist kaputt. Bin mit der Schulter dagegengeknallt. Ich weiß nur, daß sein Schwerpunkt …«
    »… spucken Sie's aus, Fred!« Dr. Rank klammerte sich an Dylons Schulter fest. Das Boot rollte gefährlich hin und her. »Bei Aimée …«
    »In dieser Gegend, Doc!«
    Dr. Rank schloß einen Augenblick die Lider. »Wie bringe ich's den Baumanns bei«, sagte er dann zu sich selbst. Aber Dylon las die Worte von seinen Lippen ab. »Alex und Hansen sehen wir nie wieder. Sie müssen genau ins Zentrum des Bebens geraten sein.«
    Am nächsten Morgen sahen sie ihre Insel aus dem bewegten Meer auftauchen. Sie standen an Deck, die beiden Boote fuhren nebeneinander. Tomamai und Balolonga standen hinter dem Ruderhaus. Volker preßte das Gesicht gegen das dicke Fenster der Kajüte. Marga und Claudia starrten auf das langsam sich nähernde Land, auf diesen komischen Schildkrötenrücken, wie Dr. Rank Aimée einmal genannt hatte.
    »Es gibt noch Palmen!« sagte Rank sarkastisch. »Das beruhigt mich. Es ist noch Land da! Von Kokosnüssen und Salat kann man leben! Fred, Sie haben bessere Augen als ich. Was sehen Sie?«
    »Sagen Sie es selbst, Doc …« Dylon reichte ihm das Fernglas. Seine Stimme bebte.
    Lange blickte Dr. Rank durch das Glas, ehe er es absetzte. »Es … es gibt zwei Aimées«, sagte er nach einer Weile mit einem tiefen Seufzer.
    »Ja. Die Insel ist auseinandergebrochen. Genau in der Mitte, Doc. Zwischen den Felsen.«
    »Ich hab's gesehen. Dort, wo Tomamais heiliger Bezirk war.« Dr. Rank gab das Glas zurück. »Dort ist alles im Meer versunken.« Er hielt sich am Gestänge fest und blickte hinüber zum zweiten Boot. Dort stand Tomamai breitbeinig, angetan mit all seinem Schmuck. Er preßte den Schlangenstab an seine Brust. Nur er allein wußte, daß mit diesem Teil der Insel auch Sathra im Meer versunken war.
    »Ich kehre reumütig zurück!« sagte Dr. Rank. »Ich beziehe wieder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher