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Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers.
Autoren: Andrea Camilleri
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schicksalsergeben.
      Catarella schloss die Tür ab, trat an den Tisch des Commissario, stützte sich mit den Händen darauf und beugte sich nach vorn. Er hatte etwas mit viel Knoblauch gegessen.
      »Dottore, ich hab den Fall gelöst. Ich hab abgeschlossen, weil ich nicht will, dass die anderen neidisch werden, wenn sie hören, dass ich die Sache rausgekriegt hab.«
    »Welche denn?«

    »Die mit der Hure, Dottore.«
    »Wie hast du denn das gemacht?«

    »Gestern Abend hab ich einen Film im Fernsehen gesehen.
    Die Geschichte von einem, der in Amerika alte Huren umgebracht hat.«
    »Ein Psychopath?«
       »Nonsi, Dottore, so hieß er nicht. Ich glaub, er hieß Tschonni Fest oder so.«

    »Und warum hat dieser Tschonni alte Huren umgebracht?«
      »Weil sie ihn an seine Mutter erinnerten, und die war eine Hure. Da hab ich mir gedacht, dass die Sache ganz einfach ist. Sie, Dottore, müssen nur suchen, und dann ist alles gelöst.«
    »Wen soll ich denn suchen, Catarè?«

    »Einen Freier von der Hure, der der Sohn von einer Hure ist.«

      Am Telefon machte Preside Vasalicò keinerlei Schwierigkeiten, er war sogar sehr entgegenkommend. »Soll ich ins Kommissariat kommen?«

      »Aber nein, Signor Preside. Ich komme etwa in einer halben Stunde zu Ihnen nach Hause. Passt Ihnen das?«
    »Natürlich.«

      Doch vorher wollte er noch in der Bar Pistone vorbeischauen. Serafino war nicht da. Signor Pistone, der an der Kasse saß, erklärte ihm, dass er dem Ärmsten wegen des Unglücks, das ihm zugestoßen war, eine Woche freigegeben hatte. Der Commissario ließ sich die Adresse des Kellners geben.

      Preside Vasalicò war ein hagerer, eleganter Mann. Er bat den Commissario in ein Arbeitszimmer, das eine riesige Bibliothek war, rundherum nichts als Bücher an den Wänden.
    »Sie kommen wegen der armen Maria, nicht wahr?«

      »Ja. Aber nur, weil ich erfahren habe, dass Sie einen Blumen...«

    »Ganz genau. Und ich habe nichts getan, um mich vor der
    Signora zu verstecken, die im oberen Stock wohnt und die ich übrigens sehr gut kenne.«
      »Suchten Sie die... Suchten Sie Signora Maria schon lange auf?«
      »Ich war achtzehn, sie war zehn Jahre älter. Sie war die erste Frau für mich. Dann, nachdem ich verheiratet war, habe ich sie weiterhin besucht. Nicht um... sondern aus Freundschaft. Ich beriet sie. Meine Frau wusste es.«

    »Worin berieten Sie die Signora?«
      »Ach, wissen Sie, Serafino ist so ein lieber Mensch, aber er hat keine Ahnung. Ich habe mich um die Ausbildung der Söhne gekümmert...«
    »Was machen sie?«

      »Einer ist Geologe, er arbeitet in Arabien. Der andere ist Ingenieur, er lebt in Caracas. Beide sind verheiratet und haben Kinder.«
    »Wie war die Beziehung zwischen ihnen?«
      »Zwischen den Söhnen und der Mutter, meinen Sie? Ausgezeichnet. Sie zeigte mir manchmal Fotos von den Enkelkindern, die sie ihr schickten...«

    »Besuchten sie ihre Eltern?«
    »Ja, jedes Jahr, aber...«
    »Sprechen Sie nur.«

      »Bis sie geheiratet haben. Vielleicht fürchteten sie, ihre Frauen könnten etwas erfahren, Sie verstehen. Sie litt darunter, und die Fotos waren ein Trost.«
      »Hat sie Sie nur hinsichtlich der Ausbildung ihrer Söhne um Rat gefragt?«

      Der Preside schien etwas zu zögern. »Nein... manchmal auch über mögliche Anlagen...«

    »Wovon?«
    »Sie hatte ziemlich viel Geld.«
    »Wieviel?«
      »Genau weiß ich es nicht... sechs, siebenhundert Millionen... und dann gehörte ihr das Haus, in dem sie mit ihrem Mann lebte... hier in Vigàta hatte sie drei oder vier Wohnungen, die sie vermietete...«
    »Verstehen Sie etwas davon?«
    »Wovon?«

    »Von Kapitalanlagen, Spekulationen...«
    »Ab und zu spekuliere ich an der Börse.«

    »Haben Sie Signora Maria auch spekulieren lassen?«
    »Niemals.«
      »Sagen Sie, hat Signora Maria Ihnen manchmal Probleme anvertraut?«
    »Wie meinen Sie das?«

      »Nun, bei dem Beruf, den sie ausübte, war sie gewiss üblen Bege gnungen ausgesetzt, nicht wahr?«
      »Soweit ich weiß, war sie nie in Schwierigkeiten. Nur vergangenen Monat war sie nervös geworden... zerstreut... Ich fragte sie, was los sei, und sie antwortete, ein Kunde habe ihr unannehmbare Vorschläge gemacht, sie hatte ihn weggeschickt, aber er kam immer wieder und ließ nicht locker.«
      Montalbano dachte an das, was Signora Gaudenzio ihm erzählt hatte, wie Signora Maria sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und den kleinen Casimiru geschickt hatte,
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