Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers.
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
wenn sie geschlossen war, hieß das, dass sie einen Kunden hatte. Signora Gaudenzio sagt, dass...«
    »Moment. Wer ist Signora Gaudenzio?«

    »Eine Frau, die über dem Zimmer wohnt.«
    »Eine Hure?«

    »Aber nein, Salvo! Sie ist eine junge Frau, dreißig Jahre alt, Mutter von zwei kleinen Kindern, einer ist sieben und der andere fünf, sie mochten die Tote sehr gern, sie nannten sie a zà Maria, Tante Maria.«
      »Bleib beim Thema, Mimi. Was hat Signora Gaudenzio gesagt?«
      »Dass die Castellino an schönen Tagen auf einem Stuhl vor der Tür saß, aber nie Anstoß erregt hat. Sehr diskret, sehr zurückhaltend.«
    »Und wie kam sie an ihre Freier?«

      »Es gibt eine Erklärung. Signora Gaudenzio sagt, dass das alles ältere Männer waren, anscheinend Kunden von früher.«

    »Nie ein junger Mann?«
      »Manchmal. Aber wieso soll sich ein junger Mann bei einer Alten austoben, wo so wunderschöne Huren unterwegs sind?«

      »Na ja, Mimi, Gründe gäbe es schon. Du kannst das nicht verstehen, deiner macht ja nie schlapp, aber die jungen Typen, die so draufgängerisch wirken, sind oft unsicher und hilflos, wenn es zur Sache geht... Und da ist eine verständnisvolle ältere Frau... Verstehst du, was ich meine?«

      »Ich verstehe, was du meinst. Und es kann auch ein junger Typ gewesen sein, der nicht, wie du sagst, Verständnis gesucht hat, sondern schlicht und einfach pervers war.«
    »Was sagt Pasquano?«
      »Der Doktor sagt, dass seiner Meinung nach der Mörder die Frau erst mit einem Schlag ins Gesicht betäubt hat, dann hat er seinen Gürtel ausgezogen, hat ihn ihr um den Hals gelegt und zugezogen. Pasquano hat gesagt, dass der Abdruck der Schließe auf der Haut ist. Dann hat er sich den Gürtel wieder umgeschnallt und ist gegangen. Und weg war er.«

    »Fehlt etwas?«
      »Nein, nichts. Die Handtasche mit dem Geld war auf dem Nachtkästchen neben dem Bett.«
    »Wie hoch war der Tarif?«
    »Fünfzigtausend.«
    »Und wie viel war in der Handtasche?«
    »Zweihundertfünfzigtausend.«

      »Wie viel brachte sie am Tag nach Hause? Hat Serafino dir das gesagt?«

    »Dreihundert, dreihundertfünfzig.«
      »Dann muss sie an dem Tag schon mehrere Kunden gehabt haben, bevor einer von ihnen sie umbrachte.«

      »Pasquano hat noch gesagt, dass der Tod eingetreten ist, nachdem das Mittagessen verdaut war. Ach ja, weißt du was? Laut Pasquano gibt es keine Hinweise auf einen Geschlechtsverkehr mit dem Mörder.«
    »War das Opfer bekleidet?«

      »Vollständig. Sie hatte nur die Schuhe ausgezogen, um sich hinzulegen. Der Mann hat sich neben sie gelegt, vielleicht ebenfalls in Kleidern, und ihr plötzlich einen Hieb verpasst.«
      »Offenbar ist der Mann nicht zum Ficken, sondern zum Reden zu ihr gegangen.«

    »Aber worüber?«
    »Das ist der Punkt«, sagte Montalbano.

    Nachdem er zu Hause in Marinella zwei Stunden geschlafen hatte, setzte sich der Commissario ins Auto und fuhr zurück nach Vigàta. Er hatte sich genau erklären lassen, wo der Vicolo Gramegna war, aber er brauchte trotzdem lange, bis er ihn gefunden hatte. Vier Häuser, hatte Mimi gesagt, und vier Häuser waren es. Drei waren Wohnhäuser, alle gleich, catojo unten und eine kleine Wohnung oben. Das vierte Haus war ein Lager, das mit einem verrosteten Riegel verschlossen war. Es lag dem Zimmer von Maria Castellino direkt gegenüber. Vor der geschlossenen Tür lag ein Blumenstrauß auf dem Boden. Zwei kleine Kinder kamen Fangen spielend und schreiend um die Ecke gelaufen. Als sie den Fremden sahen, blieben sie wie angewurzelt stehen.
    »Ist Signora Gaudenzio eure Mutter?«
    » Sissi«, sagte der Größere der beiden.
    »Ist dein Vater zu Hause?«
    »No-n-si, er arbeitet bis spät.«
    »Ist deine Mutter da?«
    » Sissi , ich hol sie.«
      Er schlüpfte schnell durch die Tür. Der Kleinere der beiden Jungen musterte Montalbano aufmerksam. »Sagst du mir was?«, fragte er plötzlich. »Klar.«
       »Veru è ca la nonna morsi, stimmt es, dass die Großmutter tot ist?«

      Mimi hatte sich geirrt, sie nannten sie nicht Tante, sondern Großmutter. Er kam nicht dazu, sich eine Antwort zu überlegen, weil eine etwa dreißigjährige Frau auf den Balkon oberhalb des Zimmers trat, während ihr Sohn wieder in der Haustür erschien und wegrannte, gefolgt von seinem kleinen Bruder, der aus irgendeinem Grund weinte. »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Commissario Montalbano.«

    »Kommen Sie herauf, wenn Sie mich sprechen wollen.«
      Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher