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Die Nacht der Wölfe

Die Nacht der Wölfe

Titel: Die Nacht der Wölfe
Autoren: Christopher Ross
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daran, auf einen geliebten Menschen zu verzichten, vielleicht sogar auf die Liebe meines Lebens, nur weil die meisten Leute Indianer oder Chinesen oder Schwarze für minderwertige Menschen halten. Einer muss anfangen, sich dagegen zu wehren, wenn sich jemals etwas ändern soll.« Ihr wehmütiger Blick verwandelte sich in ein schwaches Lächeln. »Du hältst mich für verrückt, nicht wahr?«
    »Nur ein bisschen«, erwiderte Clarissa, »und für sehr mutig. Ich nehme an, du weißt, was es für dich und deinen Posten bedeutet, wenn es rauskommt. Das kann nicht lange gut gehen, das muss dir klar sein.«
    »Ich bin erwachsener, als du vielleicht denkst, Clarissa. Ich habe mir alles sehr genau überlegt. Die Sache mit Matthew ist was anderes als meine Affäre mit dem Arzt in San Francisco. Damals dachte ich, auch das wäre Liebe, aber das Gefühl, das ich für Matthew empfinde, ist sehr viel stärker. Ich weiß jetzt, was Liebe ist, Clarissa. Und ich glaube, er liebt mich genauso wie ich ihn.«
    Clarissa legte beide Hände auf ihre Schultern. »Ich drücke euch die Daumen, Betty-Sue. Du weißt, Dolly und ich werden immer für euch da sein.«
    »Und dafür bin ich euch sehr dankbar.« Ihr Gesicht hellte sich auf. »Stell dir vor, Matthew bringt mir sogar bei, einen Hundeschlitten zu lenken. Er will beim Alaska Frontier Race mitmachen, hast du das gewusst? Wenn du und Dolly auch mitfahren, weiß ich gar nicht, wem ich die Daumen drücken soll.«
    »Oh doch, das weißt du ganz genau. Stimmt’s?«
    »Stimmt.« Sie griff nach Clarissas Armen. »Ich drücke dir auch die Daumen … dass dein Mann wieder auftaucht. Ich habe gehört, dass du immer noch hoffst. Mach dir keine falschen Hoffnungen, Clarissa. Alle Leute, mit denen ich gesprochen habe, glauben nicht, dass er … dass er zurückkommt. Nicht einmal der alte Medizinmann in dem Dorf, in dem Matthew wohnt. Er sagt, dass er längst hier wäre, wenn sein Traum zutreffen würde, und dass er deinen Mann vielleicht in einer anderen Welt gesehen hätte. Denk daran, Clarissa.«
    Clarissa versprach es ihr und versorgte ihre Huskys, bevor sie sich in ihre Blockhütte zurückzog. Bei einem heißen Tee versuchte sie in einem alten Buffalo-Bill-Heft zu lesen, kam aber nicht über die erste Seite hinaus und trat immer wieder ans Fenster und blickte in die Dunkelheit hinaus. Ganz allein war sie nicht. Der Lärm, den die Hochzeitsgäste vor dem Roadhouse veranstalteten, drang bis zu ihr herauf und störte ihre Gedanken, die ständig um Alex kreisten. Noch war er nicht tot, er durfte nicht tot sein, zu viele Menschen hatten ihn in ihren Träumen gesehen, selbst wenn der Medizinmann aus Matthews Dorf nicht mehr daran glaubte, und auch Bones und sein Rudel wären nicht erschienen, wenn es keine Hoffnung mehr gäbe. Der Wolf würde ihr ein Zeichen geben, wenn er tot war, davon war sie fest überzeugt.
    Die nächsten Tage und Wochen verbrachte sie auf den Trails. Sie trainierte hart für das Alaska Frontier Race und konnte sich keine bessere Abwechslung von ihren quälenden Gedanken wünschen. Unterwegs war sie viel zu sehr mit ihren Huskys beschäftigt, besonders jetzt, da sich die Hunde wieder an Smoky gewöhnen mussten und es zumindest anfangs noch öfter zu Unstimmigkeiten im Gespann kam. Charly ging es inzwischen besser, und seine Wunde war bereits verheilt, aber er zuckte bei jedem lauten Geräusch zusammen und schlief auch im Haus, wenn sie unterwegs war. Allein dafür hätte Frank Whittler einen deftigen Prozess verdient, dachte sie grimmig. Wer sich an wehrlosen Tieren vergriff, war für sie ebenso ein Verbrecher wie jemand, der auf Menschen schoss oder eine Frau vergewaltigte. »Du wirst keinem mehr wehtun, Frank Whittler!«, rief sie und reckte drohend eine Faust. Nicht mal dein Daddy kann dich jetzt noch retten!«
    Über ein Monat verging, ohne dass Clarissa etwas von Alex hörte, und das Wochenende des großen Rennens rückte rasch näher. Sie war bereit, hatte sich während der vielen Trainingsläufe in Form gebracht und ihre Huskys auf den großen Tag eingeschworen. Zuerst war ein mehrtägiges Rennen geplant gewesen, doch es haperte an der Organisation, und man begnügte sich mit einem 50-Meilen-Rennen, das bis zu einem Punkt in den White Mountains und auf einer anderen Strecke zurück nach Fairbanks führen sollte. Unterwegs würden Streckenposten mit Fähnchen dafür sorgen, dass die Teilnehmer nicht vom Weg abkamen oder eine unerlaubte Abkürzung nahmen.
    Clarissa zählte zu
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