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Die Mutter des Erfolgs - Die Mutter des Erfolgs

Titel: Die Mutter des Erfolgs - Die Mutter des Erfolgs
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Angehörigen der nächsten Generation (meine), die ersten in Amerika Geborenen, sind in der Regel stark leistungsorientiert. Meist spielen sie Klavier und/oder Geige und besuchen eine Ivy-League-Eliteuniversität. Häufig wählen sie einen der freien Berufe, sind Anwälte, Ärzte, Banker, Fernsehmoderatoren, und sie verdienen mehr als ihre Eltern, was zum Teil allerdings daran liegt, dass sie mit mehr Geld angefangen und ihre Eltern so viel in sie investiert haben. Sie sind weniger genügsam als ihre Eltern. Sie lieben Cocktails. Die weiblichen Angehörigen dieser zweiten Generation heiraten gern Weiße. Alle, ob männlich oder weiblich, sind gegenüber ihren Kindern weniger streng, als sie selbst erzogen wurden.
    – Die dritte Generation (zu der Sophia und Lulu gehören) ist diejenige, die mir schlaflose Nächte bereitet. Dank der enormen Anstrengung ihrer Eltern und Großeltern wird diese Generation in die Annehmlichkeiten des gehobenen Bürgertums hineingeboren. Schon als Kinder besitzen sie zahlreiche gebundene Bücher (aus der Sicht eingewanderter Eltern ein fast schon krimineller Luxus). Ihre Freunde sind Kinder aus wohlhabendem Haus, die schon für ein B plus eine Belohnung bekommen. Ob Privatschüler oder nicht, sie erwarten jedenfallsteure Markenkleidung. Und am problematischsten ist schließlich, dass sie der Meinung sind, individuelle, von der Verfassung garantierte Rechte zu besitzen, weshalb sie viel eher geneigt sind, sich über ihre Eltern und deren berufliche Ratschläge hinwegzusetzen. Kurzum, alle diese Faktoren deuten darauf hin, dass diese Generation direkt auf den Abgrund zusteuert.
     
    Aber nicht mit mir. Von dem Augenblick an, als Sophia auf der Welt war und ich in ihr entzückendes, kluges Gesicht blickte, war ich entschlossen, es nicht so weit kommen zu lassen, kein verzärteltes, Ansprüche stellendes Kind aufzuziehen. Ich war entschlossen, den Niedergang meiner Familie zu verhindern.
    Das ist einer der Gründe, weshalb ich darauf bestand, dass Sophia und Lulu ein klassisches Instrument lernten. Mir war klar, dass ich ihnen nicht künstlich das Gefühl vermitteln konnte, sie seien arme Einwandererkinder. Es ließ sich nicht leugnen, dass wir in einem weitläufigen alten Haus lebten, zwei ansehnliche Autos besaßen und im Urlaub in schönen Hotels wohnten. Hingegen konnte ich dafür sorgen, dass Sophia und Lulu kultivierter aufwuchsen als meine Eltern und ich. Klassische Musik war das Gegenteil von Niedergang, das Gegenteil von Trägheit, Vulgarität und Verwöhntheit. Meinen Kindern bot sie eine Chance, etwas zu erreichen, das ich nicht erreicht hatte. Und zugleich knüpfte sie an die hohe kulturelle Tradition meiner frühen Vorfahren an.
    Meine Kampagne wider den Niedergang hatte noch andere Bestandteile. Wie meine Eltern verlangte ich von Sophia und Lulu, dass sie fließend Chinesisch sprachen und reine A-Schülerinnen waren. Um sicherzugehen, dass Sophia undLulu nicht verhätschelt und dekadent wurden wie die Römer in der Endphase ihres Imperiums, bestand ich auch auf körperlicher Arbeit.
    «Ich habe mit vierzehn Jahren ganz allein, mit Spitzhacke und Schaufel ein Schwimmbecken für meinen Vater ausgehoben», sagte ich meinen Töchtern mehr als einmal. Das stimmt wirklich. Das Becken war zwar eine vorgefertigte Schale, nur knapp einen Meter tief und drei Meter im Durchmesser, aber das Loch dafür habe ich eigenhändig geschaufelt; es befand sich auf dem Grundstück mit Sommerhäuschen unweit des Lake Tahoe, das mein Vater (nach jahrelangem Sparen) gekauft hatte. «Jeden Samstagmorgen», war eine weitere beliebte Leier von mir, «habe ich die eine Hälfte des Hauses gesaugt und meine Schwester die andere. Ich habe Toiletten geputzt, Unkraut gejätet und Holz gehackt. Einmal habe ich für meinen Vater einen Steingarten angelegt und musste dafür Felsbrocken schleppen, von denen jeder mindestens zwanzig Kilo schwer war. Deswegen bin ich heute so zäh.»
    Ich zwang sie zwar nicht, Holz zu hacken oder Gruben auszuheben, aber weil ich ihnen so viel körperliche Aktivität wie möglich abverlangen wollte, mussten sie schwere Lasten schleppen, so oft es ging: aufgetürmte Wäschekörbe die Treppen hinauf und hinunter, sonntags den Müll hinaus und, wenn wir unterwegs waren, unsere Koffer. Interessanterweise tendierte Jed genau in die entgegengesetzte Richtung: Er konnte es nicht mit ansehen, wie die Mädchen sich abmühten, und machte sich immer Sorgen um ihren Rücken.
    Und schließlich
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