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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter
Autoren: Petra Hammesfahr
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Gedanken, Ängste, Probleme und den Stand der Ermittlungen lieber mit Eva Kettler besprach als mit mir. Aber wenn ich Eva Kettler ins Spiel gebracht hätte   … Und als ich ins Schlafzimmer kam, stand er am Fenster und sagte: «Halt den Mund, Vera. Halt einfach den Mund, das ist besser, glaub mir.»
    Der Mittwoch war ein einziges Fiasko. Beim Frühstück verbarrikadierte Jürgen sich hinter der Zeitung. Anne teilte kurz mit, dass sie nach der Schule nicht heimkäme, sondern zu Patrick und so weiter. Jürgen verlangte, dass ich schon morgens mit meinem Auto fuhr. Nicht einmal während der kurzen Fahrt in die Stadt wollte er sich dem Risiko einer Unterhaltung aussetzen.
    Am Vormittag sprach er keine drei Worte mit mir. Am Nachmittag hatte er angeblich wichtigen Papierkram zu erledigen und wollte dafür seine Ruhe haben. Er fuhr in die Praxis, ich blieb daheim. Und es kam ein Punkt, da hätte ich den Telefonstecker am liebsten aus der Wand gezogen.
    Um mich daran zu hindern, telefonierte ich eine halbe Stunde mit Vater, auch ein paar Minuten mit Mutter. Vater war sehr reserviert, jedoch bereit, die Schuld auf sich zu nehmen. Sollte Jürgen mir noch eine Szene wegen Kemnich machen, durfte ich behaupten, auf Befehl von oben gehandelt zu haben. Dann reichte er den Hörer weiter.
    Und Mutter sagte: «Ich verstehe nicht, worüber Jürgen sich aufregt, Vera. Wenn wir wissen, wo dieses Kolter-Mädchen ist, können wir sie wenigstens fragen, warum sie Renas Fahrrad zum Bahnhof gebracht haben. Es würde mich doch interessieren, wessen Idee das war.»
    «Mich auch», sagte ich.
    Ihre Stimme klang merklich gedämpfter, als sie weitersprach. «Wir sollten dieses Mädchen auch fragen, warum sie vier Stunden bei Hennessens Anwesen gewartet haben. Mir ist das alles nicht so klar wie deinem Vater, deinem Mann und der Polizei.»
    «Mir auch nicht», sagte ich und dachte, komisch, nach dreißig Jahren sprechen wir miteinander, und ausgerechnet am Telefon.
    «Bist du noch da, Vera?», fragte Mutter.
    «Ja.»
    «Wenn man es richtig bedenkt», nun flüsterte sie fast, «wissen wir nichts. Und wenn ich etwas hasse, dann sind es offene Fragen. Du informierst uns doch, sobald sich etwas Neues ergibt?»
    «Natürlich.»
    Nachdem ich aufgelegt hatte, waren es noch zwei Stunden bis zur ersten Möglichkeit, von Abend zu sprechen. Sechs Uhr! Über die Zeit hinaus konnte ich nicht denken. Ich wollte nicht hoffen, und trotzdem hatte ich die Stimmen im Ohr. Zuerst Kemnich: «Ich habeNita Kolter. Und noch jemanden. Das Mädchen, das sie ins Krankenhaus gebracht hat. Ich wollte gestern keine voreiligen und unbegründeten Hoffnungen wecken, deshalb war ich vorsichtig. Aber nun steht sie neben mir und möchte gerne mit Ihnen reden.»
    Dann ihr verlegenes, zögerndes: «Hallo, Mutti   …»
    Ich wollte es mir wirklich nicht vorstellen. Aber ich hörte es, ihre Stimme und das Motorgeräusch. Ich sah im Geist Kemnichs Wohnmobil auf den Hof fahren. Es war nur Jürgen. Er kam ins Haus, balancierte ein Tablett mit Kuchenstücken auf der Hand. Bei Kaffee und Sahnetorte wollte er mit mir reden wie mit einem vernünftigen Menschen.
    «Wenn dieser Kemnich sich meldet, sag ihm, die Sache hat sich für uns erledigt. Wir sind nicht länger interessiert an Nita Kolter und gewiss nicht an dem, was sie uns erzählen könnte.»
    «Was befürchtest du eigentlich? Dass Rena doch mit ihnen zusammen war? Dass du einen Unschuldigen hast hinrichten lassen? Du hast doch Kuhlmann auf Udo gehetzt.»
    Er lächelte. «Vera, ich befürchte nur, dass du den Verstand verlierst, wenn alles wieder von vorne beginnt. Und das wird es, wenn du diesem Kemnich den kleinen Finger reichst. Das hast du im Prinzip schon getan. Ich nehme doch an, du hast ihn ausführlich über den Stand der Dinge informiert, und er hatte währenddessen Gelegenheit, sich hier gründlich umzuschauen. Er wird annehmen, hier sei eine Menge zu holen. Und alles, was er dafür tun muss, ist, dich bei Laune zu halten.»
    «Nein», sagte ich und erklärte, was ich mit Kemnich vereinbart und was er mir selbst vorgeschlagen hatte. So viel Zeit, wie es brauchte, für einen Scheck.
    Jürgen seufzte. «Na schön, dann hat er sich sein Geld also ehrlich verdient, mir soll’s recht sein. Aber mehr wollen wir nicht von ihm. Und ich will, dass du ihm das sagst.»
    Kemnich rief um Viertel vor acht an. Er teilte mir mit, dass er Nita in einem Krankenhaus aufgespürt hatte, dass sie in einemelenden Zustand war. Die Ärzte gaben
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