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Die Mordaugen von Brüssel

Die Mordaugen von Brüssel

Titel: Die Mordaugen von Brüssel
Autoren: Jason Dark
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gegangen, und noch jetzt knirschten Splitter unter unseren Sohlen.
    Ich hielt mein Kreuz in der Hand. Seine Farbe hatte sich verändert. Aus dem Nichts waren die tiefblauen, fast schwarzen Schatten erschienen und hatten die Umrisse genau nachgezeichnet. Mir kam es vor wie eine unheimliche Warnung, eine Drohnung, jetzt nichts mehr zu versuchen. Ich mußte schlucken. Natürlich konnte ich mir denken, wo sich die Diener der unheimlichen Macht verteilt hatten. Sie mußten in den Kugeln stecken, wo die Kraft der Augen besonders stark war. Wie viele es waren, darüber konnte ich nur spekulieren. Vielleicht 100 oder noch mehr, jedenfalls würde uns eine geballte Masse irregeleiteter Menschen gegenüberstehen, und das war schlecht. Wir konnten gegen sie längst nicht so angehen wie gegen normale Dämonen, denn wir mußten immer daran denken, daß wir Menschen vor uns hatten. Bill dachte ähnlich wie ich. »Welchen Plan wir auch verfolgen, John, es wird nie der richtige sein.«
    »Bis auf einen!«
    »Welchen?«
    »Wir müssen den Drahtzieher des Ganzen finden.«
    »Ja, den Neunäugigen.«
    Ich lächelte knapp. »Ob er neun Augen besitzt, weiß ich nicht. Aber irgendwo muß er sich versteckt halten.« Ich streckte mein Kreuz vor.
    »Schau es dir an. Hier kämpfen bereits die verschiedenen Kräfte gegeneinander. Das Silber hat sich verdunkelt.«
    »Es wehrt sich eben gegen die Apokalypse«, flüsterte der Reporter.
    »So weit möchte ich es nicht kommen lassen.«
    »Okay, durchsuchen wir die Kugeln.«
    »Aber ich nicht!« meldete sich Maurice Reuven.
    Damit überraschte er uns beide. Wir schauten ihn kopfschüttelnd an.
    »Wieso nicht?«
    Er kam näher. Verbissen sah er aus. Die Wunde an seiner rechten Schulter näßte. Er hätte eigentlich in ärztliche Behandlung gehört. Daß er trotzdem durchhalten wollte, konnte ich verstehen. Mir wäre es auch nicht anders ergangen, hätte es sich dabei um meine Tochter gehandelt.
    »Ich will meine Tochter zurückhaben, Sinclair, verstehen Sie das? Meine Tochter. Sie sind kein Vater, und Sie können deshalb auch nicht verstehen, wie es in einem Menschen wie mir aussieht.«
    »Das kann ich gut.«
    »Und ich ebenfalls«, erkärte Bill, »da ich selbst einen Sohn habe, um dessen Leben ich schon oft genug bangen mußte. Aber man darf auch als Vater die Realitäten nicht vergessen.«
    »Keine Sorge, die vergesse ich schon nicht«, erklärte er. »Deshalb will ich sie ja finden!«
    Maurice Reuven bekam den Ausdruck in seinen Augen, wo es einem anderen unmöglich ist, den Menschen vom Gegenteil zu überzeugen. Es gibt einen Punkt, wo jeder mit dem Kopf durch die Wand will. Das war bei Bill Conolly und bei mir auch nicht anders.
    »Wo kann sie stecken?« fragte ich.
    »Keine Ahnung.« Reuven schaute gegen die Decke, als würde er dort seine Tochter sehen. »Sie ist bestimmt in einer der Kugeln. Den meisten Besuch hat die oberste Kugel, in der sich das Restaurant befindet. Vielleicht steckt sie dort.«
    »Das ist eine Annahme.«
    »Ich fahre trotzdem hoch.«
    »Vorausgesetzt, der Lift funktioniert.«
    »Wenn nicht, nehme ich die Treppe!« schrie Reuven und stampfte mit dem rechten Fuß auf.
    »Seid mal ruhig!« zischte Bill.
    Er mußte etwas gehört haben, was wir nicht vernommen hatten, das sahen wir an seiner Haltung. Vornübergebeugt stand er da und starrte ins Leere, war aber sehr konzentriert.
    »Was ist denn?«
    Bill schüttelte den Kopf. »Eine Stimme, John«, antwortete er flüsternd.
    »Irgendeine Stimme.«
    »Welche?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kann auch keine Worte verstehen, aber ich glaube, daß es unser Gegner ist.«
    Auch ich lauschte jetzt und mußte Bill nach einigen Sekunden recht geben, denn da hatte auch ich diese Stimme vernommen. Es war ein Schall, mehr nicht. Nur sehr schwach erreichte er meine Ohren, wobei ich die Richtung, aus derer klang, nicht feststellen konnte.
    »Als wäre sie überall!« meinte Bill.
    »Das ist sie auch«, stimmte Maurice ihm zu. Er hatte die Stimme ebenfalls gehört. »Sie ist überall, das kann ich euch versprechen.« Er lief mit entschlossenen Schritten auf die metallisch glänzende Lifttür zu und drückte den Knopf, um den Fahrstuhl nach unten zu holen. Er kam. Beinahe lautlos schob sich die Tür zurück, so daß er einsteigen konnte.
    Ich zögerte noch, aber Bill wollte ihn nicht allein fahren lassen, blieb jedoch auf der Schwelle stehen und unterbrach damit den unsichtbaren Strahl. »Willst du nicht kommen, John?«
    Sollte ich, sollte ich
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