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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren
Autoren: Robert Gordian
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fränkische Nachhut hing weit zurück und schob sich nur schrittweise vor. So konnten die durch den Keilangriff abgedrängten und schon verloren geglaubten Manipel wieder eingreifen.
    Wie gelähmt hatten sie darauf gewartet, dass die Reserve der Franken, die seitlich am Flussufer aufgestellt war, über sie herfiel. Aber der gewaltige Haufen, weit über tausend schwerbewaffnete Kämpfer, rührte sich nicht.
    »Die Botschaft!«, frohlockte Syagrius. »C und T sind auf unserer Seite. Die Cambraier halten sich zurück. Die Tongerer tun überhaupt nichts. Wusste ich doch, dass auf meine braven Franken Verlass ist. Ich werde Ragnachar und Chararich die goldene Lanze verleihen. Sieg! Sieg!«
    Das dritte »Sieg!« blieb ihm im Halse stecken.
    Hinter einem der flachen Hügel, die das Schlachtfeld umgaben, erhob sich plötzlich eine riesige Staubwolke. Gleich darauf preschten Reiter hervor … hundert, zweihundert, dreihundert … Im Galopp, ihre Lanzen schleudernd, die Schwerter schwingend, fuhren sie mitten hinein in die dichteste Masse der Söldner.
    Unmöglich war es, sie aufzuhalten. Ein schwacher römischer Reitertrupp, der dem Fußvolk Flankenschutz bot, machte kehrt, stob davon, die Standarte zurücklassend.
    Im Zentrum wankte der Adlerträger. Der fränkische Reiterschwarm kreiste die Legionäre ein und machte sie reihenweise nieder.
    Wer einem Schwerthieb oder Lanzenstich entging, geriet unter die Hufe oder stürzende Pferdeleiber. Viele warfen alles von sich und rannten …
    »Auch für dich wird es Zeit, großer Feldherr. Fliehe! Mach dich davon, ehe es zu spät ist!«
    Syagrius fuhr herum und sah Scylla, die anstelle der unbemerkt verschwundenen Würdenträger neben ihn an die Brustwehr getreten war. Sie trug einen weiten Reisemantel.
    »Ich weiche nicht!«, sagte er und versuchte, seiner Stimme Festigkeit zu geben.
    »Es war schon immer dein Fehler, nicht zu erkennen, wann alles verloren ist.«
    »Ganze Manipel stehen noch.«
    »Einer ergibt sich dort gerade. Siehst du es? Sie werfen die Waffen weg und laufen den Franken entgegen. Ihr Adler ist schon gefallen.«
    »Verräter!«
    »Und dort – deine dalmatinischen Reiter, auf die du so stolz warst! Sie ergeben sich ihrem früheren Hauptmann.«
    »Ist es Baddo?«
    »Erkennst du ihn nicht?«
    »So unterliegen wir Verbrechern und Sklaven. Das Ende der Weltordnung naht!«
    »Wenn du es hier erwarten willst, müssen wir uns jetzt voneinander verabschieden.«
    »Ich weiche nicht!«, wiederholte er.
    »Dann leb wohl. Noch sind das Süd- und das Westtor frei. In einer Stunde wirst du nicht mehr von hier fortkommen. Oh, ich bin stolz auf dich, ich bewundere dich! Ich hielt dich immer für einen schlechten Verlierer. Aber du zeigst Größe im Untergang. Als Held wirst du sterben!«
    Sie küsste ihn, drückte seine Hand und sah ihn mit einem langen, schmerzerfüllten Blick an. Seine Lippen bebten, aber er reckte das Kinn und drückte den Helm, den er der Bequemlichkeit halber in den Nacken geschoben hatte, fest in die Stirn.
    Er war sich bewusst, dass er diesen erhabenen Augenblick nicht verderben durfte.
    »Ich bin entschlossen!«, sagte er. »Ich weiß, was ein römischer Feldherr in meiner Lage zu tun hat. Varus hat uns das Beispiel gegeben.«
    Der Legat Quinctilius Varus hatte sich vor knapp fünfhundert Jahren nach einer Niederlage gegen germanische Haufen in sein Schwert gestürzt.
    »Leb wohl!«, sagte Scylla noch einmal und fügte einen Schluchzer hinzu.
    Dann wandte sie sich rasch ab und eilte leichtfüßig den Wehrgang entlang zur nächsten Leiter.

Kapitel 2
    Syagrius sah sie hinuntersteigen, und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er an der Brustwehr allein war. Auch die Bogenschützen waren fort, verschwunden die Bedienungsmannschaften der Wurfgeschütze. Die Wachtürme links und rechts waren nicht mehr besetzt. Unten auf dem Feld vor der Stadt hielt das Gemetzel noch an, aber nur an den Rändern.
    Seltsamerweise hatten sich nunmehr, da alles entschieden war, die Nachhut und die Reserve der Franken noch in Bewegung gesetzt, um auf kleine, versprengte, ungefährliche Grüppchen der Legionäre Jagd zu machen.
    In der Mitte hatten die fränkischen Reiter schon einen Kreis gebildet, in dem Hunderte Gefangene zusammengetrieben waren. Und an die tausend lagen verwundet oder tot im Grase der Flusswiesen.
    Da packte Kleinmut den eben noch so heroisch Entschlossenen. Er war einer Ohnmacht nahe. Es drängte ihn fort, seine Füße trotzten seinem ehernen Willen und
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