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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis
Autoren: Robert Gordian
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was in seiner Macht stand … die Franken waren weit in der Überzahl … auf einen von uns kamen drei von denen … Dahinten liegen zwei Verwundete, tapfere Krieger … Befiehl, dass ihnen geholfen wird … Ich bin todmüde, Herrin, kann mich kaum aufrecht halten … Erlaube …«
    Eggo ließ sich ins trockene Gras sinken.
    Die Königin Amalaberga brach in Tränen aus. Mit aufgelöstem Haar, im von Schlamm bespritzten Kleid, lehnte sie noch immer an dem Birkenstamm. Sie weinte hemmungslos, mit zuckenden Schultern.
    Von der Wallburg her liefen Leute herbei, Männer und Frauen, Alte und Kinder, und drängten sich in einem Kreis um die beiden. Ein Graubart rief: »Was ist nun? Ist Thüringen jetzt verloren? Werden uns nun die Franken und Sachsen beherrschen?«
    »Was die Zukunft bringt, weiß ich nicht«, sagte Eggo. »So, wie es jetzt ist, sieht es schlimm aus. Der Ort hieß, glaube ich, Runibergam. Ist noch ein gutes Stück fern von hier, dort im Westen. Wir waren zu wenige, sie kreisten uns ein. Zu Hunderten wurden die Unsrigen niedergemetzelt. Sie hatten zwei Heere und viel Reiterei. Es hieß, dass zwei Frankenkönige gegen uns standen … der, der sich an uns rächen wollte, und sein jüngerer Bruder. Dass Donar die Schufte mit seinem Hammer erschlüge! Aber die Götter waren gegen uns.«
    »Die Götter sind immer nur mit den Tüchtigen!«, stieß die Königin Amalaberga unter Tränen hervor. »Nicht mit solchen wie König Hermenefred!«
    »Und was wird nun aus uns?«, schrie eine Frau. »Sollen wir hier zugrunde gehen?«
    Verzweifelte Stimmen erhoben sich.
    »Sie werden uns alle umbringen!«
    »Nein, sie verschleppen uns und verkaufen uns an die Sklavenhändler.«
    »Aber vorher kühlen sie ihr Mütchen an uns.«
    »Die Franken sind grausam, Gnade kennen die nicht.«
    »Die Sachsen erst recht nicht! Die sollen ja mit denen im Bunde sein.«
    »Arme Weiber! Die werden keine verschonen!«
    »Mich kriegen sie nicht!«, schrie eine Junge. »Lieber gehe ich in den Sumpf!«
    Ein Geheul erhob sich. Auch andere wollten den Tod der Schande vorziehen.
    Der Graubart verschaffte sich heftig fuchtelnd Gehör.
    »Was fällt euch ein? In den Sumpf gehen? In den Tod? Wir brauchen euch Weiber noch lebendig! Ihr habt ja gehört, wie viele Thüringer auf der Walstatt geblieben sind. Ihr Weiber müsst uns Söhne gebären, dann werden wir eines Tages auch wieder stark sein. Deshalb sage ich: Rettet euch! Lasst uns aufbrechen, heute noch! Nach Osten, zur Elbe! Dann flussaufwärts zur Saale! Und dann in die Berge!«
    »Ja, in die Berge!«, sagte Eggo. »Dort wird der König schon auf uns warten.«
    »Ich möchte wissen, was er mir dann erklären wird!«, sagte die Königin Amalaberga. Plötzlich straffte sie sich und wischte sich mit entschlossenen Gesten die Tränen aus dem Gesicht. Sie schämte sich jetzt ihrer Schwäche.
    »Recht hast du, Answald!«, wandte sie sich an den Grauhaarigen, der ihr Stallmeister war. »Wozu klagen? Wozu jammern? Ich habe auch nur die vielen guten und treuen Männer beweint, die für uns auf der Walstatt gefallen sind. Für uns Lebende heißt es jetzt: den Kopf nicht verlieren und handeln! Ich bin eine Nichte des großen Theoderich. Der ließ niemals den Mut sinken, nichts konnte ihn beugen – keine Verluste, keine Enttäuschung. Wenn euer König seine Thüringer im Stich lässt, werde ich, eine Gotin, euch in Sicherheit bringen. Folgt mir nach und vertraut meiner Führung!«
    Sie verbiss sich den Schmerz, den ihr der vertretene Fuß verursachte, und schritt erhobenen Hauptes zurück auf dem Weg nach der Wallburg.
    Dies geschah in der sechsten Stunde des Tages, am hohen Mittag. Schon in der neunten, am frühen Nachmittag, war die Königin Amalaberga reisefertig. In höchster Eile hatte sie packen und anspannen lassen. Bei ihr befand sich ein Teil des Trosses der Thüringer. Voller Zuversicht war die Königin mitgezogen. Den Triumph über die verhassten Franken wollte sie miterleben.
    Die Schlacht zu beobachten und sich vielleicht dabei in Gefahr zu begeben, hielt sie allerdings für unnötig. Doch auf die Siegesnachricht ihres Gemahls wollte sie unverzüglich aufbrechen. Sie wollte zugegen sein, wenn er die Ernte einbrachte, zu der sie die Saat gelegt hatte. Vermeiden wollte sie auch, dass der zu Milde und Nachsicht neigende Hermenefred mit seinen fränkischen Widersachern zu großmütig verfuhr.
    Aus den wenigen Tagen, die die Königin Amalaberga in der Sumpfburg am Nordrand des Thüringerreiches
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