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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis
Autoren: Robert Gordian
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Hände begannen zu zittern, ihre Stimme wurde schrill. »Wie? Höre ich recht? Ihr wollt den Kindern ihr Erbteil nehmen? Das Reich ihres Vaters? Ihr wollt sie um ihren Thron betrügen?«
    »Ein hartes Wort, Mutter!«, sagte Chlothar. »Die Reiche der Franken müssen erhalten bleiben, das ist das Wichtigste. Zwei schwache Knaben, auch wenn der eine bald volljährig sein wird … Wie könnten sie sich behaupten? Sie würden zur Beute von Thronräubern werden. Und wenn sie gemeinsam herrschten, würden sie sich bald gegenseitig an die Kehle fahren. Das kann nicht gutgehen.«
    »Ah! Und deshalb habt ihr also beschlossen …«
    »Noch nicht beschlossen«, sagte Childebert sanft, um die schroffen Worte des Bruders zu mildern. »Es ist wirklich noch nichts entschieden. Wir wollten dich auch erst um Rat fragen.«
    »Überflüssig! Ihr kennt meine Meinung.«
    »Nein, warte doch. Denke noch einmal nach. Chlothar hat recht, es würde schlimm für die beiden ausgehen. Deshalb …«
    »Deshalb?«, fragte die alte Frau mit funkelnden Augen.
    »Deshalb werden wir sie davor bewahren und ihnen die Haare scheren«, erwiderte Chlothar. »Als Geschorene sind sie gerettet.«
    »Niemals!«, rief sie. »Niemals lasse ich das zu. Die Haare – ihren Merowingerstolz? Die Garantie ihres Heils? Ihren Anspruch auf Herrschaft? Nein, niemals!«
    »Aber bedenke doch, Mütterchen«, sagte Childebert. »Wenn sie sich scheren lassen, werden sie leben. Sie werden Priester oder Bischöfe sein und fromme Werke tun.«
    »Sie werden Könige sein. Könige! Könige!«
    »Du willst also, dass sie sterben«, sagte Chlothar kalt.
    »Ich will, dass sie herrschen! Es wäre besser für sie zu sterben, als nicht zu herrschen und ihre Locken zu verlieren!«
    Die alte Königin stand auf, stieß zweimal heftig den Stock auf und schrie: »Habt ihr verstanden? Habt ihr verstanden?«
    »Wir haben verstanden«, sagte Chlothar. »Es ist besser für sie zu sterben. Besser, als nicht zu herrschen und ihre Locken zu verlieren.«
    »Ich bin müde. Ihr habt mich aufgeregt.«
    »Ruh dich aus, Mütterchen, man wird dich in deine Gemächer bringen«, sagte Childebert und winkte einer wartenden Kammerfrau.
    Die Könige verließen die Halle und traten hinaus auf die Freitreppe. Die beiden Jungen, Theudowald und Gunthari, stürmten ihnen entgegen.
    »Onkel Childebert! Habt ihr jetzt Zeit für uns?«
    »Onkel Chlothar! Üben wir mit der Franziska?«
    »Ja«, sagte Chlothar. »Aber steigen wir in das Kellergewölbe hinab. Dort ist es kühl, man schwitzt nicht so sehr. Als Zielscheibe suchen wir uns einen Balg, den heften wir an einen der Pfeiler.« Die beiden Jungen nahmen gleich zwei, drei Stufen auf einmal, als sie die Treppe hinuntersprangen. Die Könige folgten ihnen langsam.
    »Wollen wir es denn wirklich tun?«, fragte Childebert mit düsterer Miene.
    »Dein Einfall war es!«, erwiderte Chlothar schroff. »Warst du nicht beunruhigt, weil unsere Mutter unbedingt Könige aus ihnen machen will? Hast du mich deshalb nicht hergerufen?«
    »Aber haben wir denn das Recht …?«
    »Mütterchen gibt es uns. Dolch oder Schere! Wir wollten die beiden nur scheren lassen. Sie aber meint: Besser Dolch als Schere!«
    »Ich weiß nicht … ich weiß nicht … Kann man das wirklich so auslegen? Sie ahnte ja nicht, wie es gemeint war.«
    »So schweig doch! Was nützt das Gerede jetzt noch? Je schneller wir handeln, desto besser!«
    Sie stiegen die letzten Stufen hinab.
    Theudowald kam ihnen entgegen. Er schwenkte einen Ziegenbalg, den man schon so oft an Bäume genagelt hatte, dass die vier Enden ausgefranst waren.
    »Onkel Chlothar! Hier! Ich hab etwas!«
    »Bring’s her, mein Junge, bring’s her! Los, los, komm her zu mir, komm doch!«
    König Chlothar griff in die langen Haare des Zehnjährigen und drehte sie hinten so zusammen, dass der Hals frei wurde.
    »Au! Lass mich los!«, schrie der Knabe.
    »Was hast du denn?« »Du tust mir weh! Lass mich los!«
    »Sei ruhig. Gleich spürst du nichts mehr.«
    Auch Gunthari rannte herbei, in der Hand eine kleine, für Kinder gefertigte Wurfaxt.
    »Onkel Childebert! Guck mal, ich habe schon meine Franziska … Aber …«
    Theudowald schrie auf. Doch ein Blutschwall, der aus seinem Mund schoss, erstickte jeden weiteren Laut.
    »Aber was macht ihr mit ihm?«, rief Gunthari. »Er blutet ja! Theudo! Theudo! Onkel Childebert, was macht ihr mit ihm?«
    »Nichts, nichts, sieh nicht hin!«
    »Er macht ihn ja tot!« König Childebert packte den heulenden
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