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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis
Autoren: Robert Gordian
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interessiert, den Zustand, wie er jetzt ist, zu erhalten.«
    »So, das glaubst du! Und womit begründest du das?«
    »Der König Theoderich hat sich zwar in Italien durchgesetzt … er muss aber seine Herrschaft erst sicher machen. Nichts dürfte ihm jetzt lästiger sein als ein auswärtiger Krieg. Hier in Gallien sind die Westgoten und die Burgunder seit langer Zeit ruhig …«
    »Sie rüsten sich für die Entscheidung!«
    »Sie sind imstande, sich gut zu verteidigen. Das hat unser Vorstoß nach Bordeaux bewiesen.«
    »… den du mit den Bischöfen dort ins Werk gesetzt hast!«
    »Nun, jedenfalls mit vorbereitet«, sagte Remigius etwas gequält. »Möglicherweise war das ein Fehler. Im Grunde wollten wir nur einen Köder auswerfen, damit unser großer Fisch, dein Gemahl, endlich zuschnappte. Wir wollten ihm die Vorteile einer Bekehrung aufzeigen. Inzwischen ist es geschafft, er bekennt unseren römischen Glauben. Jetzt sollten wir das Erreichte erst einmal sichern und alle Kraft dafür aufwenden, unsere Kirche in der Francia wirklich heimisch zu machen. Dann erst sollten wir über die Grenzen blicken. Avitus sieht die Sache natürlich anders. Er will so rasch wie möglich aus der Bekehrung unseres Königs Vorteile ziehen.«
    »Und das ist richtig!«, rief die Königin, und ihre Augen bekamen den strengen, durchdringenden Blick. »Chlodwig hat jetzt vor allem eine Mission: den wahren Glauben in ganz Gallien durchzusetzen! Er ist der von Gott beauftragte Streiter gegen die arianische Pest! Was liegt schon daran, dass sie jetzt heuchlerisch Frieden predigen. Irgendwann werden sie uns vernichten wollen! Deshalb müssen wir ihnen zuvorkommen. Wir müssen den ersten Schwertstreich tun – jetzt! Dazu ist jeder Anlass gut. Und gibt es einen besseren als diesen? Mein Vater gewaltsam um seinen Thron gebracht … meine Mutter, eine Rechtgläubige, bestialisch ermordet … ein brutaler Tyrann, der Gott verachtet …«
    »Herrin!«, rief der kleine Bischof, nachdem er mehrmals versucht hatte, zu Wort zu kommen. »Ich warne davor, dies alles ungeprüft zu lassen – nur um einen Anlass zum Krieg zu haben!«
    »Bezweifelst du etwa plötzlich, was uns Donata berichtet hat?«
    »Es wäre immerhin möglich, dass Irrtümer vorliegen. Wir wissen nicht, ob deine edle Schwester in ihrer Vereinsamung …«
    »Ja, gewiss, sie war immer ein bisschen verrückt. Aber was macht das?«
    »Wenn nun die Wahrheit eine ganz andere ist …«
    »Sieh einmal an! Unser Heiliger hat plötzlich Skrupel!«, sagte die Königin auflachend. »Als ob es darauf noch ankommt, wenn der Krieg erst einmal gewonnen und der Tyrann gerichtet ist! Niemand wird dann noch fragen …«
    Ein Stoß erschütterte die Carruca. Eines der Räder war in ein Schlagloch gerutscht. Childebert, der auf der hinteren Bank, von einer Dienerin bewacht, in seinem Körbchen geschlafen hatte, begann zu plärren. Die Königin nahm ihn und beruhigte ihn.
    »Ich muss auch an ihn denken«, sagte sie, als der Wagen aus der Schieflage befreit war und weiterfuhr. »An ihn und seinen Bruder. Und vielleicht auch noch an einen Dritten und einen Vierten, die ihnen folgen werden. Sie werden  Könige sein und den wahren Glauben haben! Sollen sie die Francia unter sich aufteilen und wieder Kleinkönige werden wie ihr Vater, als er zur Herrschaft gelangte? Oder ist es nicht besser, für sie die Reiche dieser Gottlosen zu erobern? Was meinst du?«
    »Wenn du die Frage so stellst, Herrin, kann ich dir natürlich nicht widersprechen«, sagte der Bischof.

Kapitel 3
    Im Herbst des Jahres 500, an einem kühlen, regnerischen Septembertag, lag Chlodwig auf einer von zwei Ochsen gezogenen Rheda und stöhnte.
    Die Knechte hatten die Sitzbänke aus dem geräumigen Reisewagen entfernt und dem König einen dicken Strohsack und mehrere Schaffelle untergelegt, damit der Leidende die Erschütterungen aushielt, die der unebene, schlammige Weg verursachte. Zugedeckt war Chlodwig mit einem Bärenfell. Die beiden Pferde, die die Rheda eigentlich ziehen sollten, gingen hinter dem Wagen. Mit den Ochsen kam man zwar nur gemächlich voran, doch bei diesem Tempo waren die Schmerzen erträglich.
    Vor und hinter der Rheda bewegte sich das heimkehrende Frankenheer. Von Avignon war es die Rhône und die Saône heraufgezogen und dann der großen Straße bis Reims gefolgt. Nun kroch der allmählich immer kürzer werdende Heerwurm auf die fränkische Hauptstadt zu. Es waren jetzt nur noch einige hundert schwerbeladene,
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