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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis
Autoren: Robert Gordian
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residierenden Patricius je zu Gesicht bekommen. Nur einen Augenblick lang drohte Gefahr: als Chundo gemeldet wurde. Doch Chlotilde zeigte keine Lust, ihn zu empfangen, und so ging er wieder.
    Später erschien Remigius, und in seiner Gegenwart verflüchtigte sich die heitere Morgenlaune der Königin. Sie kam auf das Unglück ihrer Familie zurück und fand bittere Worte über ihren verhassten Onkel Gundobad und seine Verbrechen. Mit dem Bischof war sie verabredet, gemeinsam zu Chlodwig nach Berny zu fahren.
    Die Königin wollte zuerst, dass ihre griechische Freundin sie dorthin begleitete. Der kam das allerdings ungelegen. In der früher auch von ihr und Syagrius gern besuchten villa rustica, deren Personal wohl zum großen Teil noch dasselbe war, musste sie unvermeidlich auf Leute treffen, die sie wiedererkennen würden.
    So schützte sie Erschöpfung von ihrer langen Reise vor und bat, sich ausruhen zu dürfen. Remigius unterstützte sie, und die Königin hatte ein Einsehen. Chlotilde war aber der Meinung, dass die erschöpfte Donata sich besser als in der Stadt und im Palast auf einem ihrer Güter erholen würde. Dies begrüßte der Bischof und ließ nebenbei, zur Beruhigung der Griechin, ein paar Bemerkungen über den früheren Besitzer fallen, einen Galloromanen, der sich nach der Machtübernahme durch König Chlodwig mit Mann und Maus zu den Westgoten abgesetzt hatte. So wurde das Gut jetzt nur von fränkischen Pächtern bewirtschaftet.
    Scylla-Donata war zufrieden, und Chlotilde bestand darauf, dass sie gleich dorthin aufbrach. Bei ihrer Rückkehr aus Berny – in ein paar Tagen – wollte sie sie dann besuchen und ihr helfen, sich einzurichten. Zu ihrer Bedienung durfte sich die Umsorgte zwei der burgundischen Kammerfrauen der Königin aussuchen, und es verstimmte Chlotilde ein wenig, dass sie die beiden jüngsten und hübschesten wählte. Sie ließ dann aber der Erholungsbedürftigen für den Weg von zwölf Meilen sogar noch ihre eigene reich gepolsterte Sänfte bereitstellen.
    Sie selber stieg zu Remigius in dessen Carruca, und zur gleichen Zeit, gegen Mittag, brachen sie auf. Nachdem sie die Stadt verlassen und noch ein kurzes Stück gemeinsam zurückgelegt hatten, trennten sich ihre Wege. Zum Abschied winkten sich die neuen Freundinnen zu, voll ehrlicher Neigung füreinander und überzeugt, mit Hilfe der anderen eine schöne und große Sache – und zwar dieselbe – in Gang zu setzen.
    »Der Krieg ist nun unvermeidlich!«, sagte die Königin zu Remigius, während sie auf dem Sandweg dahinrumpelten. »Meine Eltern wurden Opfer der großen arianischen Verschwörung. Es ist höchste Zeit, dass etwas unternommen wird. Glaubst du nicht auch, dass Avitus nur das im Sinn hatte, als er Donata zu uns schickte?«
    »Vermutlich hatte er das«, erwiderte der Bischof. »Ich bin nur nicht sicher, ob mein hochgeschätzter Amtsbruder unsere militärische Stärke und das Kräfteverhältnis richtig beurteilt. Er ist manchmal ein bisschen zu hitzig und ungeduldig. Ein überstürztes Losschlagen könnte viel – wenn nicht alles verderben.«
    »Du bist also dafür, abzuwarten und unseren Feinden das Handeln zu überlassen.«
    »Keineswegs. Aber ich möchte vermeiden, dass sich der Reinfall von Tours und Bordeaux wiederholt. Auch die Schlacht am Rhein war ja fast verlorengegangen.«
    »Dort war der Herr auf unserer Seite!«
    »Gewiss, nur kann man sich darauf, wie sich dann zeigte, nicht in jedem Fall verlassen«, sagte der kleine Bischof lächelnd. »Gott der Herr ist manchmal ein bisschen zerstreut und nicht immer aufseiten der Gerechten. Und mal abgesehen von seiner Hilfe … Wer hilft uns außerdem, wenn wir gegen Gundobad losschlagen? Der Kaiser ist weit …«
    »Dafür ist König Godegisel nah. Donata erzählte, dass sich Avitus gründlich mit ihm beraten hatte, bevor er sie losschickte. Onkel Godegisel ist zwar Arianer, aber – ganz anders als sein abscheulicher Bruder – uns Rechtgläubigen gegenüber aufgeschlossen.«
    »Halbherzig. Und ich fürchte, so würde er auch in den Krieg ziehen.«
    »Ja, wollen wir die Hände in den Schoß legen«, sagte Chlotilde heftig, »nachdem der Unersättliche in Ravenna überall seine Königinnen postiert hat? Wollen wir warten, bis sich die östlichen und westlichen Goten vereinen und zusammen mit den Burgundern gegen uns losschlagen? Bis sie uns mit ihren Massen erdrücken? Alles deutet doch darauf hin, dass sie das vorhaben!«
    »Ich glaube eher, Herrin, sie sind daran
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