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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis
Autoren: Robert Gordian
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müde dahinstapfende Männer, denen ein langer Tross mit Gefangenen, Verwundeten und Beutegut folgte.
    Das Tempo des königlichen Ochsengefährts war dem erschöpften und ausgelaugten Kriegsvolk eher zu zügig, denn immer wieder fielen einzelne Haufen zurück oder ließen sich zur Rast unter schützenden Bäumen am Wegesrand nieder. Von Zeit zu Zeit stockte der ganze Zug. Und auch jetzt noch, kurz vor dem Ziel, machten sich kleinere und größere Gruppen quer durch Wald und Feld davon, um auf dem kürzesten Wege in ihre heimatlichen Dörfer zurückzukehren.
    Hin- und hergeschüttelt wurde der König auf dem Strohsack, unter dem Bärenfell. Er starrte hinauf zu dem Planverdeck, auf das der Regen trommelte. Wenn die Schmerzen, die ihm die Wunde am Oberschenkel bereitete, ein wenig nachließen, schimpfte und fluchte er vor sich hin und rief die Namen von Männern, die er sehen wollte. Es war den Knechten aber fast immer unmöglich, sie zu benachrichtigen. Entweder waren sie zu weit voraus oder hingen zu weit zurück, oder sie hatten sich schon abgesetzt.
    Hin und wieder sprengte ein Reiter heran, meldete etwas und entfernte sich mit Weisungen, die er nicht weitergab. Der Krieg war zu Ende, es gab nichts mehr zu befehlen. Jetzt wollten alle nur noch nach Hause, unter Dächer, an wärmende Feuer, zu den Frauen, zur Winterruhe.
    Als die Türme der Stadt endlich auftauchten, kam Leben in die tristen Kolonnen. Von vorn nach hinten wurde die freudige Nachricht durchgerufen. Gleich strafften sich die gebeugten Rücken, und die wunden Füße stampften eiliger durch den Schlamm.
    Chlodwig richtete sich auf und befahl dem Knecht auf der Kutscherbank, anzuhalten. Den Schmerz verbeißend, kletterte er vom Wagen und schrie nach Rufus, seinem Fuchshengst. Man brachte den alten Klepper, von dem er sich nicht trennen konnte, und er ließ sich hinaufhelfen. Inzwischen hatte er seinen Helm aufgestülpt und Gürtel und Wehrgehänge umgeschnallt. Er nahm eine Lanze zur Hand und ritt an die Spitze des Zuges. Nicht elend und schwach, als Verwundeter, wollte er in seine Hauptstadt einziehen.
    Dort war alles zum Empfang eines Siegers vorbereitet. Das jubelnde Stadtvolk säumte die Straßen. Blumen, Girlanden und Kränze wurden den Heimkehrenden zugeworfen. Manchem mochte zwar auffallen, dass Chlodwigs Lächeln etwas starr und verkrampft war, dass unter seinem weiten Mantel ein blutdurchtränkter Verband hervorsah und dass ein Knecht, der dicht neben ihm ritt, den König stützte.
    Doch schon war die Neugier von anderen Bildern gefesselt. Da zogen endlich die lange zurückgesehnten Väter, Ehemänner, Brüder und Söhne ein, schwitzend unter den Lasten des Beutegutes. Da kamen die hochbeladenen Wagen mit dem Anteil des Königs. Es folgten mehrere hundert gefangene burgundische Krieger. Wer konnte jetzt noch behaupten, der Krieg sei überhaupt nicht gewonnen worden und der Sieg nicht vollständig gewesen!
    Die Königin erwartete ihren Gemahl am Palasttor. Er saß ab, und sie ging auf ihn zu und wollte ihm den Willkommenskuss bieten. Doch da fiel er hin, kam nicht allein wieder hoch und musste das letzte Stück getragen werden. Bleich und düster saß er dann in der Halle auf seinem Armstuhl und hörte die Reden der Bischöfe und Kurialen, die sein unvergleichliches Feldherrentalent und seine tiefe Frömmigkeit priesen. Erstmals war er ja als Christ gegen Feinde gezogen und hatte den Sieg für den wahren Glauben errungen.
    Viel gab es aber auch zu rühmen!
    Im Frühjahr, in der Schlacht vor den Toren von Dijon hatte er Gundobad gleich geschlagen. Das war auch ein Meisterstück der Täuschung gewesen. Denn Gundobads Verbündeter Godegisel führte zu Anfang sein Kriegsvolk auf Seiten seines Bruders ins Feld, und erst, als das Gemetzel bereits im Gange war, ging er plötzlich zu Chlodwig über.
    Der davon völlig überraschte Gundobad wandte sich daraufhin zur Flucht, und sein Heer wurde größtenteils aufgerieben. Mit den Resten erreichte er Avignon, aber Chlodwig folgte ihm hart auf dem Fuß, schloss ihn ein und belagerte ihn.  
    Zwar konnte sich Gundobad auf die dicken Mauern der Festung verlassen – trotzdem wurde seine Situation zunehmend hoffnungslos. Die Belagerung dauerte Monate, und Chlodwig und seine Franken leisteten derweil ganze Arbeit. Sie verheerten das Umland, verbrannten die Ernte auf den Feldern, fällten die Olivenhaine, zerstörten die Weinberge, trieben das Vieh fort, legten die Dörfer in Schutt und Asche, versklavten die
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