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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis
Autoren: Robert Gordian
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Bauern. Am Ende des Sommers war die liebliche Landschaft um Avignon eine Wüste. Der verzweifelte Gundobad war genötigt, einen Emissär ins Frankenlager zu schicken und anzubieten, dem Sieger jährlich einen Tribut zu zahlen, wenn er nur abzöge.
    Darauf ging Chlodwig schließlich ein. Denn das Zerstörungswerk hatte Kraft gekostet, der zähe Widerstand des Landvolks hatte seine Reihen gelichtet, die Jahreszeit war schon vorgeschritten. Nicht zuletzt bedurfte das Bein des Königs, von einem Schwerthieb tief aufgeschlitzt, der Ruhe und häuslicher Pflege. Mit einer Truhe voll Geld im Tross, dem ersten Tribut, zog er ab. Von Godegisel, seinem Verbündeten, der nun auf Gundobads Thron saß und sich als einziger König der Burgunder fühlte, ließ er sich einen Treueid leisten, und auch ihn verpflichtete er zu Jahrestributen. Über Landabtretungen an die Francia sollte erst im Frühjahr verhandelt werden. Einige Hundertschaften unter Führung des Baddo blieben zur Sicherung der neuen Verhältnisse in der Festung Vienne zurück. Burgund war jetzt ein Vasallenreich der Francia. Welch ein Triumph!
    Den Reden folgte das Siegesgelage. Chlodwig blieb mürrisch und schweigsam, nahm wenig zu sich und zog sich früh zurück. Er ließ sich auf dem Armstuhl ins Schlafgemach tragen, wo er sich auf das Bett legte und von seinem Leibarzt die Wunde behandeln ließ. Nachdem frische Salbe aufgetragen, der Verband erneuert und der Arzt gegangen war, kam die Königin Chlotilde herein.
    Ohne Einleitung begann sie mit Vorwürfen. »Du scheinst deine Siegesfeier nicht sehr genossen zu haben. Ich hatte sie mir auch etwas anders vorgestellt! Ich träumte von einem glanzvollen Einzug in Lyon oder Vienne. Von einem Triumph des wahren Glaubens in einer eindrucksvollen Massentaufe. Stattdessen lässt du dir ein paar Goldmünzen in die Hand drücken und ziehst wieder ab wie ein gedungener Söldner!«
    »Mehr war nicht möglich, Frau, begreif das doch!«, erwiderte Chlodwig seufzend. »Die Festung Avignon war nicht zu knacken!«
    »Und drinnen sitzt Gundobad froh und lebendig und sinnt auf Vergeltung!«, schrie sie. »Ich kann es noch immer nicht fassen! Da ziehen ganze Heere ins Feld, um den Mörder meiner Eltern zu strafen … Städte werden in Asche gelegt, Landstriche werden verwüstet – und er kommt davon! Und ich darf mir wohl als Entschädigung von seinem Geld ein Paar Ohrringe kaufen!«
    »Du bist ungerecht. Was verstehst du schon? Du kannst meine Lage nicht beurteilen. Nach der Schlacht bei Dijon ging alles schief. Dein feiner Onkel Godegisel ließ mich im Stich. Er zog wie ein römischer Triumphator in Vienne ein und machte sich über Gundobads Weinkeller her. Wobei ihm dein Heiliger, der Avitus, Gesellschaft leistete. Für mich war mal wieder nur die Drecksarbeit übrig. Ich blieb Gundobad auf den Fersen. Aber was für Truppen hatte ich noch? Die Besten waren bei Dijon schon gefallen. Größtenteils war das nur noch Alamannengesindel – schlechte Kämpfer, nur auf Beute aus, kaum zusammenzuhalten. Wie sollte ich mit solchen Haufen die Festung stürmen? Ich hatte ja auch weder Geschütze noch Belagerungstechnik.«
    »Und warum hattest du das nicht? Warum warst du auf diesen Fall nicht vorbereitet?«
    »Weil ich sicher war, alles in einer Feldschlacht entscheiden zu können! Angeblich konnte ja gar nichts passieren, weil der Allmächtige auf meiner Seite war. Habt ihr mir das nicht immer wieder versichert … du und Remigius? Aber euer Christengott hat mich im Stich gelassen!«
    » Unser, sagst du? Als ob er nicht längst auch dein Gott wäre!«
    »Jaja, auch mein Gott – aber zu meinem Unglück! Hätte ich nur meine alten Götter behalten. Ein Ohnmächtiger ist euer Allmächtiger!«
    »Oh, jetzt lästerst du auch noch den Herrn!«
    Die Königin, deren sechste Niederkunft kurz bevorstand, sank auf das Bett und brach in Tränen aus.
    Täglich kam es nun zu solchen Auseinandersetzungen.
    Besonders aufgebracht war Chlotilde, weil das fränkische Heer in ihrer schönen burgundischen Heimat so schrecklich gewütet hatte. Davon hatte sie schon vor Chlodwigs Rückkehr von Flüchtlingen erfahren, unter denen auch galloromanische Aristokraten aus der Gegend von Vienne waren, die sie kannte. Um nur ihr nacktes Leben zu retten, war diesen Menschen kein anderer Ausweg geblieben, als zu Verwandten ins Land der verhassten Franken zu flüchten.
    Chlotilde warf ihrem Ehemann vor, er habe mit seinen Gewaltorgien ihren Onkel Godegisel in den Augen des
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