Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
interessant. Außerdem spricht man davon, in Herzoslowakien sei Öl gefunden worden. – Jimmy, ich spüre es in allen Gliedern, dass die Leute bald sehr interessiert sein werden an diesem kleinen Flecken Erde.»
    «Welche Leute?»
    «Die gelbgesichtigen Finanzmenschen in aller Welt.»
    «Was soll eigentlich das ganze Gerede?»
    «Ich versuche nur, eine einfache Sache zu komplizieren, das ist alles», lachte Anthony.
    «Du willst damit doch nicht sagen, dass es schwierig sei, ein simples Manuskript einem Verlagshaus auszuhändigen?»
    «Nein», meinte Anthony bedauernd, «ich glaube wirklich nicht, dass dies schwierig sein wird. Aber soll ich dir sagen, James, was ich mit meinen zweihundertfünfzig Pfund anfangen werde?»
    «Nach Südamerika fahren?»
    «Nein, mein Junge – nach Herzoslowakien. Ich glaube, ich stelle mich dort den Republikanern zur Verfügung. Vielleicht ende ich sogar als Präsident, man kann nie wissen.»
    «Warum nicht gleich erklären, du gehörtest zur Familie, und dich zum König krönen lassen, wenn du schon dabei bist?»
    «Nein, Jimmy. König muss man für sein ganzes Leben lang bleiben, Präsidenten aber übernehmen ihr Amt nur auf etwa vier Jahre. Es würde mir schon mächtig Spaß machen, ein Land wie Herzoslowakien vier Jahre lang zu regieren.»
    «Könige regieren dort im Allgemeinen noch weniger lang», warf Jimmy ein.
    «Es könnte für mich eine große Versuchung werden, auch deinen Anteil an den tausend Pfund einzustecken. Du brauchst ihn ohnehin nicht, wenn du mit Goldklumpen gespickt zurückkommst. Ich könnte das Geld für dich in herzoslowakischen Ölpapieren anlegen. Weißt du, Jimmy, je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Sache. Ich hätte nie an Herzoslowakien gedacht, wenn du nicht davon angefangen hättest. Einen Tag muss ich wohl in London bleiben, um die Beute zu kassieren, aber dann fahre ich sofort mit dem Balkanexpress los.»
    «Du wirst nicht so schnell fortkommen. Ich habe nämlich noch einen anderen kleinen Auftrag für dich.»
    «Wusste ich doch, dass du noch mit etwas hinter dem Berge hältst! Da liegt wohl der Haken?»
    «Nicht im Mindesten. Es handelt sich nur um eine Kleinigkeit, nämlich einer Dame zu helfen.»
    «Ein für alle Mal, Jimmy, ich weigere mich, in deine Liebesaffären hineingezogen zu werden.»
    «Es ist keine Liebesaffäre. Ich habe die Frau überhaupt nie gesehen. Lass mich die Sache erzählen.»
    «Wenn ich noch mehr von deinen weitschweifigen Geschichten anhören soll, brauche ich noch einen Schnaps.»
    Sein Gastgeber kam seinem Wunsch umgehend nach, dann begann er zu erzählen.
    «Es war damals, als ich mich in Uganda herumtrieb. Da gab es einen Europäer, dem ich das Leben gerettet habe…»
    «An deiner Stelle, James, würde ich ein Buch schreiben mit dem Titel ‹Leben, die ich rettete›. Das ist heute Abend schon der zweite Fall.»
    «War nichts Besonderes dabei. Ich habe den Kerl bloß aus dem Fluss gezogen.»
    «Moment mal: Hat diese Sache etwas mit der anderen zu tun?»
    «Absolut nichts. Allerdings… – komischerweise war der Mann ein Herzoslowake. Wir nannten ihn aber immer Hollandpeter.»
    Anthony nickte.
    «Ein Name ist so gut wie jeder andere für einen Dago», bemerkte er. «Erzähl nur weiter, Jimmy.»
    «Nun gut, der Bursche war irgendwie dankbar. Folgte mir wie ein Hund. Etwa sechs Monate später starb er am Fieber. Ich war bei ihm. Als es zu Ende ging, winkte er mich zu sich und flüsterte etwas über ein Geheimnis – eine Goldmine, soviel ich verstand. Er schob mir dabei ein in Ölpapier gewickeltes Päckchen zu, das er immer am Körper getragen hatte. Na, ich dachte damals nicht weiter über die Sache nach. Erst eine Woche später öffnete ich das Päckchen aus reiner Neugier. Du kannst mir glauben, ich war noch nie in meinem Leben so enttäuscht wie damals. Goldmine! Für einen so miesen Kerl wie ihn mag es eine Goldmine gewesen sein. Weißt du, was drin war? Briefe! Liebesbriefe einer Frau, noch dazu einer Engländerin. Der Schuft hatte sie jedenfalls erpresst – und besaß die Dreistigkeit, mich in sein schmutziges Geschäft hineinzuziehen.»
    «Er meinte es auf seine Art gut mit dir. Du hattest ihm das Leben gerettet, und er hinterließ dir dafür eine erstklassige Einkommensquelle. Deine hochgemuten Ideale überstiegen seinen Horizont.»
    «Und was zum Teufel sollte ich mit den Dingern tun? Zuerst wollte ich sie einfach verbrennen. Aber dann dachte ich an die arme Frau, die ewig in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher