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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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Kingsley, ’zeihung, Ma. Ich war Kerosin ausmachen vom Kocher, wie du rufen, und da hab ich nicht gehört.«
    Meine Mutter ließ ihre Augen so über Odinkemmelus Körper wandern, dass sich ihm seine Wirbelsäule hätte verknoten müssen. Aber der Junge log nicht; gerade drangen die Dämpfe ins Zimmer. Wir benutzten den Gasherd nicht mehr, weil Gas zu teuer war, und hatten den Kerosinkocher wieder in Betrieb genommen, der die Luft im ganzen Haus mit dicken giftigen Wolken verpestete, wenn die Flamme entweder mit Wasser oder durch kräftiges, langanhaltendes Pusten gelöscht wurde.
    »Bring mir etwas Salz«, sagte meine Mutter. Odinkemmelu beförderte seinen Körpergeruch in die Küche und kehrte mit einem Teelöffel voll Salz zurück.
    »Godfrey, ich möchte nicht erleben, dass du die Bewerbungsunterlagen für die Universität morgen schon wieder in der Schule vergisst«, sagte mein Vater zu meinem Bruder.
    Godfrey stöhnte kaum hörbar.
    »Seit einer Woche erinnere ich dich jeden Tag daran«, fuhr Vater fort. »Du musst nicht immer alles bis zur letzten Minute vor dir herschieben.«
    Vor sieben Jahren, als ich an der Reihe war, hatte ich meine Unterlagen sofort mit nach Hause gebracht. Vater setzte sich mit mir hin, und wir füllten sie zusammen aus. Wir teilten die Arbeit gerecht zwischen uns auf: Er beschloss, dass ich Technische Chemie studieren sollte, er beschloss, dass ich mich an der Federal University of Technology in Owerri zu bewerben hatte, und er beschloss, dass ich die Prüfungen nicht mehr als einmal machen durfte. Meine Aufgabe bestand darin, das, was er sagte, mit Kugelschreiber und Tinte einzutragen, für die Aufnahmeprüfungen zu pauken und vor dem Joint Administration and Matriculation Board eine Bestnote zu erreichen. Godfrey schien auf eine solche Arbeitsteilung nicht eben erpicht zu sein.
    »Und ich will hoffen, dass du ordentlich gelernt hast«, fügte Vater hinzu. »Denn jedes meiner Kinder, das sich entschließt, sich gehen zu lassen und nicht zu studieren, ist selbst schuld, wenn es sich seine Zukunft verbaut.«
    Ein plötzlicher Hustenanfall erzwang das vorzeitige Ende einer Rede, die ohne weiteres während der gesamten Mahlzeit hätte fortdauern können. Für meine Eltern war Bildung das A und O. Sie war das Rezept für Wohlstand, der Weg zu Ansehen, die Eintrittskarte zum ewigen Leben.
    Früher auf der Grundschule hatte ich einmal gewagt, in der Pause mein Talent im Fußballspielen zu erproben, und war mit einem verschmutzten, arg zerrissenen Hemd nach Hause gekommen. Als meine Mutter mich sah, starrte sie mich an, als hätte ich am ganzen Körper dicke Eiterpusteln. Dann nahm sie eine lange Koboko-Peitsche und drückte sich auf meinem Hintern noch etwas lebhafter aus. Später am Abend rief mich Vater ins Schlafzimmer. Er saß auf dem Bett, nahm mich bei den Schultern und rückte mich so zurecht, dass ich ihm direkt gegenüber stand. Er sah mir eine Ewigkeit in die Augen. Dann veränderte er mit tiefer, salbungsvoller Stimme mein Leben.
    »Kingsley, willst du es in dieser Welt und vor dir selbst zu etwas bringen?«, fragte er.
    Ich antwortete mit Ja.
    »Willst du, dass ich und deine Mama stolz auf dich sind?« Wieder antwortete ich mit Ja.
    »Willst du, dass die Leute dich überall, wo du hinkommst, kennen und achten?«
    Ja, das wollte ich.
    »Willst du, wenn du groß bist, auf dem Markt in Nkwoegwu Paprika und Tomaten verkaufen?«
    Mich schauderte. Meine Seele erstarrte bei dem Gedanken, ich würde vielleicht einer von den Händlern werden, die Nahrungsmittel aus den umliegenden Dörfern zu einem der lokalen Märkte beförderten. Kaum einer von ihnen verstand, was ihnen gesagt wurde, wenn man nicht Igbo mit ihnen sprach.
    Mein Vater fragte noch einmal lauter.
    »Willst du das?«
    Nein, das wollte ich nicht.
    »Dann musst du aufhören, deine Zeit mit Unfug zu verschwenden. Du musst deine Bücher lesen … dich auf deine Schulaufgaben konzentrieren und deine Zukunft im Blick behalten. Du brauchst eine gute Ausbildung, um in dieser Welt zu überleben. Hörst du?«
    Ich hörte ihn zu laut und sehr deutlich. Trotzdem fuhr er fort.
    Er erklärte mir, dass ein Mensch ohne Ausbildung lebe wie in einer verschlossenen Kammer, dass er sich hingegen mit einer Ausbildung in einem Raum befinde, in dem alle Fenster zur Außenwelt geöffnet seien. Er sagte, dass der Mensch durch Schulbildung richtig denken lerne, weil sie ihm Entscheidungen aufzeige. Er sagte, dass man mit einem Schulabschluss, einem
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