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Die Marseille-Connection

Die Marseille-Connection

Titel: Die Marseille-Connection
Autoren: Massimo Carlotto
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schmeißen.«
    Der Hauslehrer kam sofort angerannt. »Zu Ihren Diensten, Señor Maidana.«
    »Ich bezahle dich, damit du die drei Gänse auf Linie bringst: Ich selber kann das nicht tun, weil meine Alte mir dann die Hölle heißmacht, und du lässt dir von denen auf der Nase rumtanzen? Hast du keine Eier in der Hose? Jetzt gehst du hin und zeigst ihnen, wer das Sagen hat, verstanden?«
    Dem armen Mann traten die Tränen in die Augen. »Am besten wäre es, Sie würden mal mit ihnen reden. Ihre Töchter sind leider nicht sehr diszipliniert.«
    Neto griff sich an den Gürtel und entsicherte seine Pistole. Von ihrem Gelächter verfolgt, eilte der Mann von dannen.
    Carlos seufzte und drückte Garrinchas Arm. »Drei bescheuerte Töchter. Stell dir mal vor, die würden meine Nachfolge übernehmen. Das will ich wirklich mal sehen, du unter der Fuchtel von den drei Hexen.«
    Wiederum Gelächter. Der Einzige, der das nicht lustig finden konnte, war Garrincha selbst.
    Am nächsten Morgen parkte Garrincha vor einem Automatenwaschsalon. Paraguyanische Frauen unterhielten sich lautstark darin, rauchend und trinkend.
    Garrincha ging nach hinten durch, klopfte an eine Panzertür und wurde in ein Lager voller Schmuggelware eingelassen. Der Mann, der ihm geöffnet hatte, trug eine Pistole in einem Schulterholster.
    »Na, so eine Ehre! Maidanas Laufbursche! Schickt dein Chef dich, dass du uns die Ohren langziehst?«
    »So was in der Art.«
    Der Mann winkte ihm, er solle folgen, und führte ihn in eine Gasse hinter dem Lager. Sie betraten ein verfallenesWohnhaus, in dem viele Chinesen unter elenden Bedingungen lebten, Neuankömmlinge, die darauf warteten, dass man ihnen eine Wohnmöglichkeit zuwies. Dann gelangten sie auf die Rückseite eines Motels mit Kunstrasen und einem Swimmingpool in Haifischform. Latinas und chinesische Mädchen leisteten fujianesischen Gangstern, die einen ganzen Flügel des Gebäudes besetzt hatten, Gesellschaft. Der Mann deutete auf ein Fenster im zweiten Stock, dann machte er auf dem Absatz kehrt.
    Garrincha wurde von Kalaschnikow tragenden jungen Männern kontrolliert und lernte Huang Zheng kennen, den unbestrittenen Chef von Freddie Laus Gegnern. Er sprach ein hervorragendes, an der Universität von Madrid erworbenes Spanisch, zeigte sich liebenswert und bereit, eine »vernünftige« Lösung zu suchen. Garrincha bewunderte ihn aufrichtig und war überzeugt, einen Mann vor sich zu sehen, der klug und zukunftsträchtig dachte.
    Kurz nach Mitternacht bahnte er sich einen Weg zwischen Karton- und Styroporbergen, die von den Putzgeschwadern vor den Läden in den Gängen eines der größten Einkaufszentren von Ciudad del Este aufgehäuft wurden. Er blieb vor einer Tür stehen, die von einem privaten Wachmann in einer Uniform ähnlich derjenigen der Polizei von Chicago gehütet wurde. Wortlos hielt er ihm unauffällig ein paar Banknoten hin, und der Typ trat zur Seite. Esteban Garrincha ging einen endlosen, gänzlich menschenleeren Dienstbotenflur hinunter und gelangte zu einem Aufzug, der ihn ins höchste Geschoss brachte, wo sich bereits geschlossene Bars und Restaurants befanden. Er ging aufs Dach hinaus, zündete sich dort eine Zigarette an und bewunderte seine schöne Stadt. Dann fuhr er wieder mit dem Aufzug hinunter, bis in die Tiefgarage, unddurchstreifte sie auf der Suche nach einem diskreten Ausgang. Er hatte keine Eile. Es hatte zu regnen begonnen.
    Einige Tage später saß Garrincha neben Freddie Lau in dessen Limousine. Irgendwann fuhren sie an einem Fußballfeld vorbei, auf dem gerade ein Spiel lief.
    »Ich habe auch mal Fußball gespielt«, sagte er unvermittelt. »Eine Zeitlang habe ich sogar gedacht, ich könnte Mané Garrinchas Erbe werden, der des größten Rechtsaußen der Welt. Nicht nur wegen des Nachnamens.«
    Freddie und die beiden Leibwächter wechselten einen gelangweilten Blick, aber Esteban beschloss, das zu ignorieren, und erzählte weiter: »Ich konnte ihn so perfekt imitieren, dass ich mit einer Art Sketch in Lokalen auftrat, einmal sogar im Fernsehen. Doch eines Tages wurde mir klar, dass ich mich lächerlich machte, und hörte auf, es als schlechte Kopie von Mané Garrincha zu versuchen.«
    »Soll uns diese Geschichte irgendetwas sagen?«, fragte Freddie, den Blick weiter unverwandt vor sich gerichtet.
    »Señor Lau, Sie kennen mich, Sie wissen, ich bin ein vertrauenswürdiger Mann, der sich immer ehrenhaft verhält. Wenn diese Sache mit den Fujianesen vorbei ist, könnten Sie dann
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