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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin
Autoren: Sabine Weigand
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Ansbach.«
    Das Kind begann zu erzählen, erst ein wenig ängstlich und zurückhaltend, aber schließlich lebhaft und ohne Scheu. Von den fröhlichen Spielen im Ansbacher Frauenzimmer, von ihren beiden älteren Schwestern, die eine üppig und dick, die andere dünn und pickelgesichtig, und von ihrem kleinen Brüderchen Albrecht, das den lieben langen Tag herumgetragen wurde, weil es ständig Blähungen hatte und brüllte. Und als später der Kaplan und Sekretär des Herzogs eintrat, um ihn zu landesherrlichen Geschäften zu rufen, traf er die beiden in angeregtem Gespräch an.
    Brief der Herzogin Barbara von Groß-Glogau und
Crossen an die Markgräfin von Brandenburg-Ansbach,
23 .Juni 1527
     
    Gottes Gruß und Gesundheit zuvor, herzliebe Frau Mutter. Nun sind die Festlichkeiten vorüber und der Umritt im ganzen Land ist gemacht, und ich finde Muße, Euch zu schreiben und mitzuteilen, wie es mir seit meiner Reise von Ansbach herauf ergangen. Ihr
wisst, dass es mit dem Schreiben bei mir noch recht langsam geht und meine Buchstaben oft ungelenk sind, aber ich werde den Brief am Schluss von meins gnedigen Herrn Kaplan prüfen lassen, damit nicht zu viele Unpassheiten darin sind.
    Meine Ankunft war bei gottserbärmlichem Wetter und Dunkelheit, weshalb schon das ganze Schloss in tiefem Schlaf. Man zeigte uns sofort die Frauengemächer, welche mir gar recht gefielen. Alles ist kostbarer und teurer als daheim, und zu meinem Entzücken schenkte mir der Herzog gleich am ersten Abend ein niedliches Hündlein, das ich Bless nenne und mir nicht von der Seite weicht.
    Als ich den Herzog erstmals sah, bin ich gar sehr erschrocken, denn er ist hässlichen Angesichts, alt wie mein Vater und schlenkert den Arm. Auch sieht er mit dem einen spitzigen Zahn aus wie ein Rätterich, aber er ist von sanfter und freundlicher Art. Er spricht mir von den sonderbarsten Dingen, die ich vorher nie gehört, aber ich lerne jeden Tag neu, so von Gold- und Edelsteinmacherei, von Tieren mit langen Nasen bis auf die Erde herab, die in fernen Ländern leben, wo es so heiß ist, dass alle Menschen schwarz angebrannt sind, und von leuchtenden Sternen, die weit weg über der Erde am Firmament hängen.
    Dafür erzähle ich ihm aus meinem Wissen über das Leben unseres Herrn Jesus, über die Aventüren der Ritter und Damen an König Artus' Hof und die neuen
Streiche meines Hündleins. Dann lacht er oft herzhaft und nennt mich im Scherz sein Liebfräulein. Er kann teutsch und lateinisch lesen wie ein Pfaff, stellt Euch vor, aber schreiben tut er nichts als seinen Namen. Derohalben bot ich ihm an, ihn die Buchstabenschrift zu lehren, was ihn recht zum Lachen brachte, und er meinte, dann könnt er wohl den Kaplan hinauswerfen, der tauge nemlich zu nichts als bloß zum Schreiben. Ihr merkt wohl, liebste Frau Mutter, dass ich mich mit meinem Ehegemahl gar schön vertrage.
    Zum Frauenzimmer gehören zwanzig adelige Damen, davon drei mir direkt beigegeben sind. Das eine ist ein Fräulein von Schwarzburg, nicht viel älter als ich, groß und dünn wie eine Bohnenstange und recht schweigsam. Die zweite ist eine Frau von Stein-Schlupka, sie näht und stickt mit mir und erzählt dabei viel Geschichten. Die dritte heißt Maria von Schweinicka, ist die Älteste und soll mich in gutem Benehmen und Anstand unterweisen. Zu den Frauenzimmer-Knechten gehören zwei Türhüter, ein Stubenheizer, ein Weinträger, ein Essenträger, zwei Jungfernknechte, eine Köchin, zwei Wäscherinnen und zwei Schneider mit ihren Knaben. An Aufwartern fehlt es mir also nicht.
    Einmal am Tag besucht mich der Kaplan, Herr Degenhart, und spricht mit mir über Glaubensdinge und was ich sonst noch als Landesherrin wissen soll. Wir disputieren über allerlei Fragen, so ob die lutherische Religion besser sei als der alte Glaube oder ob die
Frauen dem Manne stets untertan sein sollen, wie die Bibel befiehlt. Ich finde, man braucht seinem Gemahl nicht zu folgen, wenn er unrechte Dinge sagt oder tut, aber der Kaplan meint, so etwas dürfe ich gar nie auch nur denken. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich glaube, dass die Frauen doch eine Seele haben, denn sie sind genauso Kinder Gottes und wenn sie sündigen können, so können sie doch wohl auch heiligmäßig sein. Das hat er für gar sehr erschröcklich befunden, aber er war mir nicht lang bös.
    Die Hochzeit, auf die ich mich guterdings gefreut hatte, war anstrengend genug. Ich trug ein Kleid, das war schön wie ich es vorher nie gesehen: So viele
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