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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)
Autoren: Misty Massey
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aber der Guss war vorüber und die Wellen beruhigten sich.
    Anders als die meisten Seeleute glaubte Falkin nicht an Seeungeheuer – die erwiesen sich immer als Wale und Kraken, mit den Augen von Männern gesehen, die von der Sonne geblendet, zu lange auf See gewesen waren. Was Geisterschiffe betraf, so machten sie vielleicht die Ozeane unsicher, vielleicht aber auch nicht. Doch die einzigen Geister, die Einfluss auf sie hatten, waren die Gespenster der Erinnerung und des Verlusts.
    Sie erinnerte sich kaum an ihre Eltern. Sie waren ermordet worden, so dass sie bereits zur Waise wurde, bevor sie auch nur fünf Jahre alt gewesen war. Sie hatte auf den Straßen gelebt und gelernt, sich zu schützen und jedem zu misstrauen, der ihr zu nahe kam. Sie hatte gar keine Zeit gehabt, sich vor irgendetwas sehr zu fürchten. Außer vor den Danisoba-Magi.
    Falkin musterte das dunkle Wasser beiderseits der Schaluppe, aber das Einzige, was in Sicht lag, war der ferne Schimmer des Hafens von Eldraga. Ein Schauer lief ihr über den Rücken – sie konnte den Blick des Fremden noch immer auf sich spüren. Sie schürzte die Lippen und pfiff leise. Es war ein Lied, das sie oft in den Kneipen gehört hatte, ohne je den Text dazu zu lernen.
    Sie rechnete immer ein wenig damit, blaue Blitze an ihren Armen entlanglaufen zu sehen, wenn sie ihre Künste erprobte. Winzige Nadeln der Kraft prickelten auf ihrer Haut. Ihre Füße juckten, und sie spürte, wie eine Brise mit den losen Haaren nahe bei ihrem Gesicht spielte. Sie hob die Hand und strich mit den Fingern in Richtung Eldraga. Der Wind schlug um und frischte auf. Er füllte die verbliebenen Segel und schob das mitgenommene Schiff auf das ferne Leuchten zu. Falkin seufzte tief. Sosehr ihr die Magie auch Angst machte, dann und wann war sie schon nützlich. Ärgerlich war nur, dass sie einen solchen Preis hatte. So hatte sie sie nie offen einsetzen können. Sie hatte nie mehr als ein leises Pfeifen versucht aus Angst vor dem, was dann wohl geschehen mochte. Oder wer es bemerken könnte.
    Jetzt, da sich der Sturm gelegt hatte, war das Meer von Horizont zu Horizont ganz leer. Kein riesiges Schiff lauerte in der Nähe. Ich weiß nicht, wohin du gegangen bist, und ich bin mir noch nicht einmal sicher, was du bist , dachte sie, aber ich weiß doch, dass du da draußen sein musst. Ob du nun mit einem Fingerschnippen Magie wirken kannst oder nicht, du solltest dich von diesem Schiff lieber fernhalten. Du bist nicht der Einzige, der ein paar Asse im Ärmel hat.
    Binns unterhielt sich leise mit dem Roten Tom; sie hatten die Köpfe zusammengesteckt. Die Brise zerzauste ihm das Haar; er sah hoch und fing Falkins Blick auf.
    »Die Windrichtung hat sich geändert, Tom. Und ich habe das Gefühl, meine Maatin ist reif für den Landgang«, sagte er grinsend.
    Als sie ihn so sah, wie sein Gesicht halb von der beschirmten Laterne beleuchtet wurde, konnte sie sich durchaus vorstellen, wie er Fässer anzapfte, eine glänzende Theke mit einem Lappen polierte und in einem verräucherten Raum bis in die frühen Morgenstunden Hof hielt. Aber der Blick, den er ihr zugeworfen hatte, bevor er ihr sein heimliches Vorhaben anvertraut hatte, machte ihr noch immer zu schaffen.
    Ein oder zwei Geheimnisse , so hatte er gesagt. Sie hatte gedacht, sie würde ihn in- und auswendig kennen, besser als irgendjemand sonst auf See oder an Land. Sie hatte ihm sogar genug vertraut, um ihm ihr eigenes Geheimnis zu verraten, eines, das ihr, wenn es öffentlich bekannt wurde, ein schlimmeres Schicksal als bloß den Tod einbringen würde. Er hatte sich ihres Vertrauens als würdig erwiesen. Aber nach der seltsamen Art zu urteilen, wie er sie angestarrt hatte, hielt er sich mit seinem gefährlichsten Geheimnis zurück. Sie hoffte, dass er nicht zu lange warten würde, bis er es ihr anvertraute.

Kapitel 3
     

     
    Da ist ein alter Seefahrer, Hält einen von dreien auf. »Bei deinem Bart und deinem Aug’, Was hinderst du meinen Lauf?«
    Samuel Taylor Coleridge
     
     
     
    SIE REFFTEN DIE SEGEL, und die Vogelfrei wurde langsamer, als sie in den Hafen von Eldraga einlief. Er bestand aus einer riesigen, tiefen Lagune, die von den Zungen umfangen wurde, langen Landvorsprüngen, die sich zu einem weiten Bogen schlossen, der einen Schutzwall bildete. Ein Dutzend anderer Schiffe verschiedenster Herkunft lag schon dort vor Anker. Eldraga war der größte und geschäftigste Handelshafen auf den Neun Inseln und lebte unter einer
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