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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall
Autoren: Julie Klassen
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drittes Mal fragen. Wieder einmal war sie einfach zu impulsiv gewesen.
    Was sollte sie jetzt tun? Sie konnte nicht als Hausmädchen nach Fairbourne Hall zurückkehren und ebenso wenig als sie selbst – als ungeladener Gast. Das wäre unverschämt. Sie konnte Helen vielleicht einen Besuch abstatten. Doch Helen würde den eigentlichen Grund für ihr Kommen sehr schnell erraten. Und wie sollte sie den Dienstboten ohne Verkleidung gegenübertreten? Das wäre eine allzu seltsame Situation.
    Sie konnte Nathaniel schreiben … obwohl die Korrespondenz zwi­schen unverheirateten Ladys und Gentlemen als unschicklich galt. Natürlich verblasste eine so winzige Indiskretion völlig neben allem anderen, was sie bereits getan hatte. Doch selbst wenn sie es wagte, ihm zu schreiben – was sollte sie ihm in ihrem Brief sagen? »Äh – tut mir leid, dass ich einfach so weggelaufen bin. Und auch noch völlig unnötig, wie sich herausgestellt hat. Hätten Sie etwas dagegen, Ihren Antrag noch einmal zu wiederholen?«
    Sie tröstete sich mit der Tatsache, dass sie wenigstens Bescheid gesagt hatte, wo sie hinging. Wenn er Kontakt mit ihr aufnehmen wollte, wusste er also, wo sie war. Sie würde einfach abwarten.
    Was abwarten? Dass sie fünfundzwanzig wurde, in den Besitz ih­res Erbes kam … und dann? Ja, sie freute sich darauf, für ihren Bruder und ihre Schwester sorgen zu dürfen. Aber ihre Mutter? Sie war sich nicht sicher, ob ihre Beziehung zu ihr noch einmal gekittet werden konnte. Margaret fühlte sich verraten; sie war enttäuscht, dass ihre Mutter auf Sterling hereingefallen war. Andererseits war ihre Mutter höchstwahrscheinlich auch von ihr enttäuscht, weil sie sich selbst und den Ruf ihrer Familie in Gefahr gebracht hatte, indem sie weggelaufen war.
    Ein leises Klopfen unterbrach ihre Gedanken. Ihr Herz machte einen angstvollen Satz, bis ihr einfiel, dass Marcus Benton sich auf einem Schiff nach Amerika befand.
    »Herein.«
    Die Tür ging langsam auf, ihre Mutter stand im Türrahmen. Sie betrat zögernd das Zimmer, noch in Ausgehkleid und Umhang, zurück von irgendeiner Besorgung, die sie heute Nachmittag aus dem Haus geführt hatte.
    »Margaret«, flüsterte sie, »ich bin so froh, dich zu sehen, wohlbehalten und gesund.«
    Joanna Macy-Benton blieb stehen; sie machte keine Anstalten, ihre Tochter zu umarmen, vielleicht, weil sie nicht sicher war, wie es aufgenommen werden würde.
    »Ich möchte mich entschuldigen, Margaret«, sagte sie. »Es tut mir sehr leid, dass du dich unter unserem Dach nicht sicher gefühlt hast. Dass du glaubtest, keine andere Möglichkeit zu haben als fortzulaufen. Ich weiß nicht, was ich hätte tun sollen, aber ich hätte etwas tun müssen, um dafür zu sorgen, dass Marcus dir keine unerwünschte Aufmerksamkeit schenkte.«
    »Warum hast du es dann nicht getan?«
    Ihre Mutter wand sich. »Du hast das letzte Jahr bei uns gelebt, du musst es doch wissen. Es ist keine Entschuldigung, aber du hast doch gesehen, wie Sterling war, wie kritisch er mir gegenüber war, wie er an allem, was ich tat, etwas auszusetzen hatte. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, womit ich mir seine gute Meinung über mich verscherzt hatte, und getan, was ich konnte, um seine Bewunderung zurückzugewinnen, wenn auch ohne Erfolg.«
    »Ich weiß.«
    »Er ist mein Mann, Margaret. Aber es gibt einen Punkt, an dem eine Frau das Missfallen ihres Mannes riskieren muss: Wenn es darum geht, ihre Kinder zu schützen. Ich habe mich nicht gegen ihn gestellt, als dieser Punkt erreicht war, und das tut mir leid. Ich hoffe, du wirst mir eines Tages vergeben.«
    Was konnte Margaret sagen? Du hast nichts falsch gemacht, Mama, bis auf die Tatsache, dass du ihn überhaupt geheiratet hast. Bis auf die Tatsache, dass du ihm nicht gesagt hast, dass dein bescheidenes Witweneinkommen bescheiden bleiben wird, dass die Gerüchte über ein Erbe von Tante Josephine falsch waren und dass das Geld nicht in seiner Tasche landen wird. Doch sie brachte es nicht fertig, ihrer Mutter zu sagen, dass Sterling sie nur des Geldes wegen geheiratet hatte, und dass seine Enttäuschung daher rührte, dass er dieses Geld nie bekommen würde. Es wäre zu grausam gewesen.
    Ihre Mutter legte die Hände zusammen. »Ich bin so froh, dass weder du noch Caroline einen Mann geheiratet habt, der euch nicht um eurer selbst willen liebt.«
    Margaret nickte. Die arme Frau wusste nur zu gut, wie sich das anfühlte. »Wie geht es Caroline?«, fragte sie.
    »Sie ist untröstlich.
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