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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall
Autoren: Julie Klassen
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musst auf jeden Fall unsere Kutsche nehmen, das ist das Mindeste«, sagte Emily und bat den Lakaien, dem Pferdeknecht und dem Kutscher Bescheid zu sagen.
    Während sie warteten, nahm Emily Margarets Hand und sagte taktvoll: »Du hast also … die Neuigkeit über Marcus Benton gehört?«
    Margaret nickte.
    »Gut. Ich dachte schon, du hättest deine Meinung geändert und seist wegen ihm zurückgekommen.«
    Margaret schüttelte den Kopf. »Nein.« Sie war nicht seinetwegen zurückgekommen, jedenfalls nicht so, wie Emily es gemeint hatte, obwohl sie hoffte, dass er seine Verlobung mit Caroline auflösen wür ­de. Doch das Ganze klang zu unglaubwürdig, um es auszusprechen, und sie hatte jetzt nicht die Kraft für lange Erklärungen. Sie drückte ihrer Freundin einfach die Hand und ging.
    Als Margaret am Berkeley Square ankam, öffnete der Butler die Tür. Sein normalerweise ausdrucksloses Gesicht verzog sich vor Überraschung.
    »Miss Macy! Sie sind … wir haben Sie nicht erwartet. Äh … willkommen. Willkommen zu Hause.«
    Es war noch immer nicht ihr Zuhause und würde es auch niemals sein. Dennoch lächelte sie den Mann an. »Danke, Murdoch.«
    Sie spürte, wie die Erschöpfung ihr in die Glieder kroch und ihre Kräfte schwanden, und sie dachte ironisch: Mein Erbe für ein heißes Bad und eine ganze Nacht Schlaf …
    Murdoch nahm ihren Schal und ihren Hut.
    Sie fragte: »Ist meine Mutter zu Hause?«
    »Nein, Miss. Sie ist ausgegangen. Im Moment ist nur der Herr zu Hause. Soll ich Sie anmelden?«
    »Noch nicht, bitte. Ich möchte mich zuerst umziehen. Ist jemand da, der mir helfen könnte?«
    »Natürlich, Miss. Sofort.«
    Der Lakai Leo, der sie einst so geärgert hatte, weil er ihr folgte, wann immer sie es wagte, Berkeley Square zu verlassen, erwies sich jetzt als Gottesgeschenk, weil er die Wanne hereintrug und mit der Hilfe eines neuen Hausmädchens Eimer um Eimer heißes Wasser herbeischleppte.
    Miss Durand, die Zofe ihrer Mutter, eilte herbei, pries Gott in ihrem schnellzüngigen Französisch für Margarets sichere Rückkehr und lamentierte über den Zustand ihres Haares, ihres Teints und ihrer Hände. Sie gab nach Rosen duftendes Badesalz ins Wasser und half ihr, sich auszukleiden, ihr Haar zu lösen und in die Wanne zu steigen. Margaret war zu müde, um zu widersprechen.
    Miss Durand wusch ihr den Rücken und das Haar. Himmlisch! Ihre Kopfhaut fühlte sich prickelnd sauber an, ihre Haut warm und weich. Sie fing langsam an, sich wieder normal zu fühlen. Ist das nun gut oder nicht?, fragte sie sich.
    Miss Durand half ihr, saubere Unterwäsche anzuziehen, ein langes Korsett, das ihr die Luft nahm, und ein Abendkleid aus rosa- und cremefarbener Seide. Dann lockte sie ihr das Haar und frisierte es. Als die Zofe ihr schließlich die Nase puderte, schalt sie über die zartrosa Farbe, die sie angenommen hatte. »Mademoiselle ist in der Sonne gewesen, nicht wahr? Waren Sie auf dem Kontinent? Oder an der Küste?«
    Margaret hatte nicht den Mut, der Frau zu sagen, dass sie Hausmädchen in Kent gewesen war und einfach vergessen hatte, einen Hut aufzusetzen, als sie Blumen pflückte. »Nun … das werde ich wohl bis auf Weiteres für mich behalten«, sagte sie daher nur geheimnisvoll.
    Die Augen der Zofe glitzerten bei dem Gedanken, welch großartige Neuigkeiten sie später im Zimmer der Haushälterin zu erzählen hatte.
    »Nun, hier ist Gowlandʼs Lotion für Sie, Miss«, sagte sie und reichte ihr das Allheilmittel für sämtliche Teintprobleme des weiblichen Geschlechts.
    Miss Durands Akzent erinnerte Margaret an Monsieur Fournier. Sie lächelte wehmütig. Sie würde den Mann vermissen – und seine Desserts ebenfalls.
    Sie betrachtete sich im Spiegel. Seit Monaten hatte sie nicht mehr so hübsch ausgesehen. Sie wollte nicht eitel sein, aber sie musste selbst sicher auftreten, wenn sie Sterling Benton gegenüberstand.
    Sie legte die Hand an den Ausschnitt ihres Kleides und wünschte, sie könnte die Kameenkette anlegen, die ihr Vater ihr geschenkt hatte, doch dann blinzelte sie entschlossen die Tränen zurück. Nun gut.
    Sie stand auf, atmete tief ein und stählte sich für das, was ihr bevorstand. Jetzt oder nie, hieß es.
    In rosa Satinschühchen schwebte sie die Treppe hinunter und begab sich ins Wohnzimmer. Sterling saß zusammengesunken in einem hochlehnigen Sessel vor dem Kamin, ein Glas Brandy in der Hand, und starrte in die Flammen.
    Er blickte nicht auf, doch er musste gehört haben, wie sie das Zimmer betrat.
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