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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers
Autoren: Susanne Stein
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wie der Kaiser. Kein Wunder, dachte Karim und erlaubte sich einen Moment der Respektlosigkeit, kein Wunder, dass die Frauen ihn lieben und die Männer ihn fürchten.

S eine Heiligkeit Papst Gregor  IX . war verärgert. Und alle, die ihn kannten, wussten aus Erfahrung, dass es jetzt geraten war, sich zur ausgiebigen Kontemplation in eine der zahlreichen Kapellen der Basilika zurückzuziehen. Denn wer die Launen des früheren Kardinals von Ostia aus Unwissenheit oder auch nur aus schlichter Dummheit herausforderte, wünschte sich sehr bald, die Räume des Lateranpalastes, in dem der Papst residierte, nie betreten zu haben.
    Gregor war aus anderem Holz geschnitzt als sein Vorgänger. Von Honorius  III ., einem weisen alten Mann, stammte das Wort: »Warum soll ich streng sein, wenn ich Milde walten lassen kann?« Gregor  IX . vertrat exakt die gegensätzliche Ansicht. Milde war etwas für Schwächlinge, wer herrschen wollte, brauchte Härte.
    Obwohl schon über sechzig Jahre alt, hielt er sich in seiner weißen Soutane bemerkenswert gerade. Er war ein Mann von großer, beeindruckender Statur, energisch und ungeduldig. Seine dunklen Augen schienen die eines jüngeren Mannes. Nichts in ihnen drückte die Nachsicht des Alters aus oder ließ in irgendeiner Weise auf Müdigkeit schließen.
    Vor knapp drei Monaten war der Graf von Segni, Hugo Kardinal von Ostia, zum neuen Papst gewählt worden. Er gab sich den Namen Gregor  IX ., ein Wink, den der Kaiser wohl verstand. Einer seiner Vorgänger, Papst Gregor  VII ., hatte schließlich Kaiser Heinrich  IV . den berühmten Gang nach Canossa abgerungen. Damals hatte der Kaiser im Büßerhemd und ohne Schuhe um Vergebung seiner Sünden flehen müssen. Ein Triumph, den der jetzige Papst zu wiederholen gedachte.
    Papst Gregor sah grübelnd aus dem Fenster hinüber zur Lateranbasilika, die seit mehreren hundert Jahren neben der Basilika St. Peter die Macht der Kirche demonstrierte. Die Schönheiten Roms interessierten ihn nicht. Man wurde nicht Herrscher der Christenheit, indem man sich schwärmerisch in Bewunderung von Natur, Kunst oder Architektur verlor. Das Einzige, was Gregor von Herzen bewunderte, war die Majestät einer Kathedrale. Ansonsten bewegten sich seine Überlegungen in höchst weltlichen Kategorien, und die hießen Macht, Einfluss, Reichtum.
    Letzteres galt selbstverständlich nicht für ihn persönlich. Nein, die geballte Kraft und Energie von Papst Gregor zielte auf den Ruhm der Kirche. Sie zu stärken, sie gegen vermeintliche und wirkliche Feinde zu verteidigen, das war der Antrieb, der ihn auch noch mit sechzig Tag für Tag die Geschicke der Kirche leiten ließ.
    Feinde der Kirche – sie lauerten überall, und der schlimmste von allen hatte sich aufgemacht, den Kirchenstaat auf bedrohliche Art und Weise zu umklammern. Friedrich herrschte im Königreich Sizilien, dessen Grenzen bis kurz vor Rom reichten und direkt an das Patrimonium Petri stießen. Außerdem hatte er das Deutsche Reich jenseits der Alpen in seinen Machtbereich gebracht. Ausgerechnet Friedrich. Gregor kannte den Kaiser seit langem, und noch nie hatte er diesem Mann getraut. Im Gegenteil, jeder Gedanke an Friedrich versetzte ihn in Zorn. Ihm behagte weder der Lebenswandel des Kaisers noch der Umgang, den der Herrscher pflegte. Und er war fest entschlossen, ihm zu zeigen, dass die Schlüssel des Laterans endlich in starken Händen lagen.
    Unwirsch drehte sich Seine Heiligkeit um und wandte sich an den Dominikanermönch, der eben in die privaten Räume des Papstes geführt worden war.
    »Nun sprich endlich«, fuhr er den Mönch an. »Wird der Kaiser sein Kreuzzugsgelübde halten? Oder findet er wieder eine Ausrede?«
    Der Dominikaner sah den Papst fragend an. »Eine Ausrede? Das würde der Kaiser nie wagen.«
    »Willst du klüger sein als alle Kardinäle? Dieser Kaiser ist ein Meister der Winkelzüge. Er hat die Kirche schon zweimal hingehalten. Seit zwölf Jahren verspricht er den Kreuzzug.«
    Papst Gregor nippte an einem silbernen Kelch mit Wasser. Es hatte keinen Sinn, dem Mönch Vorhaltungen zu machen. Ruhiger geworden, forderte er den Dominikaner auf, Bericht zu erstatten.
    Der Mönch verbeugte sich kurz und begann: »Vor Brindisi lagern viele tausend Ritter, aber der Kaiser zögert noch.«
    »Er zögert? Warum?«
    »Wer weiß? Der Kaiser spricht nicht über seine Pläne, nicht einmal mit seinem Beichtvater. Aber sein Leibarzt Karim an-Nasir lässt Zelte für die Kranken errichten. Man
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