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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers
Autoren: Susanne Stein
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Königen als Sieger verlassen hatte.
    »Sprecht, mein Freund. Was macht Euch Angst?«
    »Euer Heer wird zu groß, mein Kaiser. Die Stadt bricht unter diesen Menschenmassen zusammen. Das Wasser wird knapp. Seid auf der Hut, Federico. Heute habe ich einen Mann mit Fieber gesehen.«
    Federico. Friedrich genoss die zärtliche Anrede, die ganz wenigen Auserwählten vorbehalten war. Seine erste Frau, Konstanze, hatte ihn manchmal so genannt. Sie war vierzehn Jahre älter gewesen als Friedrich – eine Ehe, die aus machtpolitischen Gründen geschlossen worden war. Und doch, Friedrich hatte Konstanze von Aragon geschätzt, respektiert, gemocht. Geliebt hatte er sie nicht. Eine Tatsache, die übrigens auch auf seine zweite Frau, Isabella von Brienne, zutraf. Sie war erst fünfzehn und meist kränklich – aber Friedrich hatte im Moment weder Zeit noch Muße, sich mit den Problemen einer Frau auseinanderzusetzen. Selbst wenn es sich um die der Kaiserin handelte.
    »Ihr habt ja recht«, seufzte er und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Karim, »es wird Zeit, dass die Schiffe ablegen. Aber ich muss warten. Ludwig, der Landgraf von Thüringen, ist mit vielen Rittern aufgebrochen, um an unserer Seite zu kämpfen. Es ist unmöglich, jetzt schon zu segeln.«
    »Noch ein Heer«, murmelte Karim. »Noch mehr Menschen, noch mehr Pferde. Ich habe jetzt schon vierzigtausend Ritter gezählt. Eurem Kreuzzug, mein Kaiser, folgen zu viele Menschen. Wann erwartet Ihr den Landgrafen?«
    »In vier Wochen. Spätestens im August sind wir auf See.«
    Karim sah den Kaiser entsetzt an. »Im August? Das ist zu spät, viel zu spät. So lange dürfen wir nicht bleiben.«
    »Karim, wo bleibt Euer Mut, Eure Zuversicht?«
    »Mut, Federico, wird Euch hier nicht helfen. In der Luft hängt der Geruch von Fäulnis, in den Sümpfen hinter der Stadt lauert der Tod. Die Männer werden am Fieber sterben.«
    Friedrich entgegnete nichts. Sein Gesicht hatte sich verschlossen, wie so oft, wenn er eine Entscheidung treffen musste, die er im Grunde nicht treffen wollte.
    Karim erkannte, dass jeder weitere Einwand ebenso sinnlos wäre wie der vorherige. Der Kaiser hatte zum Kreuzzug gerufen, und nun musste er warten, bis alle Ritter sich um ihn versammelt hatten. Ihm blieb keine andere Wahl.
    Friedrich wandte seinen Blick nach Osten, über das Mittelmeer, dorthin, wo in weiter Ferne das Heilige Land in der Sonne glühte. »Wir bleiben und warten. Tut gegen das Fieber, was Ihr könnt. Sobald der Landgraf von Thüringen angekommen ist, wird das Heer auf die Schiffe verladen.«
    »Ihr befehlt, mein Kaiser«, entgegnete Karim und verbeugte sich.
    »Ich befehle«, sagte Friedrich, »aber ohne Euch bin ich nichts. Ihr seid derjenige, der in Salerno Medizin studiert hat.«
    Friedrich nickte seinem Freund zu, drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort.
    Karim sah, wie der Kaiser gelassen über das Dach zurückschlenderte. Friedrich war kein hochgewachsener Mann, nur mittelgroß und kleiner als Karim, der allerdings die meisten Männer überragte. Doch die Gestalt des Kaisers war kräftig und muskulös, sein Körper gestählt von ungezählten Kämpfen und Turnieren.
    Friedrich trug ein einfaches braunes Leinengewand. Sein rotblondes Haar schien unter der Sonne Apuliens noch heller. Ebenso wie Karim hatte auch er ungewöhnliche Augen. Sie waren von einem klaren Blau, das so kühl wirkte wie ein eiskalter See in dem riesigen Gebirge in seiner Heimat Sizilien, das die Menschen des Abendlandes Alpen nannten.
    Karim wusste natürlich, dass schon vor vielen hundert Jahren ein berühmter Feldherr aus Karthago mit Elefanten über die Bergriesen gezogen war, und auch er selbst war zusammen mit Friedrich auf einer abenteuerlichen und überaus gefährlichen Reise ins Deutsche Reich gelangt, wo Friedrich in der Stadt Mainz zum König gekrönt worden war.
    Inzwischen herrschte Friedrichs ältester Sohn Heinrich seit einigen Jahren dort als deutscher König und Stellvertreter des Kaisers.
    Karim dachte mit Schaudern an das kalte, barbarische Land jenseits der Alpen, wo es im Winter so kalt wurde, dass die Vögel tot vom Himmel fielen, und konzentrierte sich wieder auf den Kaiser, der jetzt die Treppenstufen vom Dach hinunterstieg. Nichts an seiner Haltung drückte Unsicherheit oder Unentschlossenheit aus. Noch nie hatte Karim einen Menschen getroffen, der so sehr in sich selbst ruhte und sich seiner eigenen Kraft bewusst war wie Friedrich. Kein anderer Mann hatte so viel Charisma
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