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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes
Autoren: Poul Anderson
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dahin fertig?«
    »Wahrscheinlich«, antwortete der Russe. »Wir haben schon fast alles zusammengebaut.«
    Während sie zum Strand hinuntergingen, zeigte er auf den schwarzen Schatten, der wie ein häßlicher Fleck in der Lagune lag. Er und ein Kamerad hatten den alten Dampfer vor Monaten gekauft und ihn mit allen möglichen automatischen Maschinen ausgerüstet, so daß sie ohne zusätzliche Besatzung auf die lange Reise gehen konnten. Das war ein Teil ihrer Aufgabe gewesen: nicht allzu schwierig für zwei entschlossene Männer. Sie waren durch die Ostsee gedampft, hatten einen Teil ihrer Ladung in Schweden an Bord genommen und hatten später Frankreich, Italien, Ägypten und Indien angelaufen, bevor sie Kurs auf diese Insel nahmen. Seit einigen Wochen waren sie nun damit beschäftigt gewesen, das Raumschiff und seine Ladung aus vorgefertigten Elementen zusammenzubauen.
    Etwas weiter landeinwärts standen einige Zelte, hinter denen sich das Raumschiff erhob – es sah im Mondschein wie ein grauer Pfeil aus, dessen Spitze zu den Sternen wies. Grunewald betrachtete es mit gemischten Gefühlen: Begeisterung über diesen Erfolg, Bewunderung für eine gelungene Konstruktion – und Bedauern darüber, daß er bald nicht mehr in der Lage sein würde, die transzendente Logik zu begreifen, der das Raumschiff seine rasche Entstehung verdankte.
    Er sah zu Manzelli hinüber. »Ich beneide Sie, mein Freund«, sagte er.
    Einige der Männer sollten das Raumschiff in die vorgesehene Kreisbahn steuern, letzte Korrekturen vornehmen und den Generator in Betrieb setzen, aus dem die Ladung bestand. Dann würden sie sterben, denn die Zeit hatte nicht ausgereicht, um eine Rückkehrmöglichkeit zu schaffen.
    Grunewald spürte auch jetzt wieder die drängende Hast, die ihn seit Wochen kaum noch schlafen ließ. Das nächste Raumschiff würde bald die Werft verlassen, und an anderen Orten entstanden weitere Schiffe gleicher Art. Dann ließ sich der Lauf der Dinge nicht mehr aufhalten. Heute nacht hatte die Menschheit – die menschliche Menschheit – ihre letzte Chance; es würde keine zweite geben, wenn dieser Versuch fehlschlug.
    »Ich glaube, daß die Welt vor Sonnenaufgang vor Erleichterung weinen wird«, sagte er.
    »Nein«, widersprach der Australier lächelnd. »Wahrscheinlich rollen zunächst einige Köpfe. Sie müssen ihr Zeit lassen, allmählich zu erkennen, daß sie gerettet worden ist.«
    Nun, dann würde es genügend Zeit geben. Das Raumschiff war mit allen nur denkbaren Abwehrmitteln ausgerüstet, die eine ›normale‹ Menschheit frühestens in einem Jahrhundert überwinden konnte. Seine Roboter würden alle Raketen und Schiffe zerstören, die sich ihm von der Erde aus näherten. Und die Menschen würden endlich Gelegenheit haben, wieder zu Atem zu kommen und klar zu denken; und danach würden sie niemals mehr versuchen, die Raumstation zu zerstören.
    Die anderen Männer entluden das Flugzeug und schleppten die Kisten heran. Dann machten Grunewald und Manzelli sich an die Arbeit; sie packten die Kisten aus und überprüften die Geräte ein letztesmal. Irgend jemand hatte die Scheinwerfer eingeschaltet, und in ihrem hellen Licht vergaßen sie den Mond und das Meer vor ihnen.
    Aus dem gleichen Grund wurden sie auch nicht auf den schwarzen Schatten aufmerksam, der geräuschlos in ihrer Nähe schwebte. Erst als seine Stimme ertönte, sahen sie zu ihm auf.
    Die durch Lautsprecher verstärkte Stimme klang ruhig und fast ein wenig mitleidig: »Tut mir leid, daß ich Sie enttäuschen muß, aber Sie haben genügend angestellt.«
    Grunewald starrte nach oben und glaubte, sein Herz müsse stehenbleiben. Der Russe zog eine Pistole und schoß, aber der Knall der Waffe ging in dem Rauschen der Brandung unter. Nur die Vögel kreischten erschrocken und flogen auf.
    Manzelli fluchte, drehte sich um und verschwand im Innern des Raumschiffs. Dort waren Kanonen installiert, denen kein anderes Schiff gewachsen sein konnte, und ... Grunewald, der noch immer wie versteinert am gleichen Platz stand, sah die Mündung einer Kanone, die sich plötzlich bewegte. Er warf sich zu Boden. Die Kanone feuerte Atomgranaten ab!
    Aus dem Schiff über ihnen drang ein schmaler Lichtstrahl, dessen gleißende Helligkeit fast unerträglich schmerzte. Die Mündung der Kanone glühte weiß auf, dann schmolz das ganze Rohr. Der Lichtstrahl bewegte sich weiter über den Rumpf des Schiffes und erreichte das Heck, in dem der Antrieb eingebaut war. Dort blieb er minutenlang,
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