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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes
Autoren: Poul Anderson
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Öffentlichkeit weinen.
    »Weiter«, forderte er Mandelbaum auf. »Ich muß alles wissen.«
    »Es war vor etwa sechs Wochen«, sagte Mandelbaum langsam. »Sie hat es einfach nicht mehr ausgehalten, nehme ich an. Sie hat sich unter einen Elektroschock-Apparat gelegt.«
    Corinth nickte wie betäubt. »Und ihr Gehirn zerstört«, fügte er hinzu.
    »Nein. Nein, das nicht, obwohl es anfangs so ausgesehen hat.« Mandelbaum legte Corinth den Arm um die Schultern. »Man kann es auch so ausdrücken: sie ist wieder die alte Sheila – wie vor der Veränderung. Jedenfalls fast.«
    Corinth spürte erst jetzt, wie frisch und salzig der Wind war, der aus Osten kam.
    »Komm, Pete«, forderte Mandelbaum ihn auf. »Wir fahren zu ihr.« Corinth ging wortlos neben ihm her.
     
    Der Psychiater erwartete sie bereits in der Klinik. Er zuckte bedauernd mit den Schultern, aber Corinth dachte nicht daran, ihm die Schuld an dieser Katastrophe zu geben. Der Mann hatte sein Bestes getan, er hatte alles versucht, was in seinen Kräften stand, und hatte trotzdem versagt.
    »Sie hat mich überlistet«, erklärte Kearnes ihm. »Ich dachte, sie käme allmählich wieder in Ordnung. Aber ich hatte nicht berücksichtigt, wieviel Selbstbeherrschung selbst Geisteskranke durch das veränderte Nervensystem haben. Außerdem hat vermutlich niemand geahnt, wie sehr sie von Anfang an unter den neuen Verhältnissen gelitten hat.«
    »War sie geisteskrank, als sie es getan hat?« fragte Corinth. Seine Stimme war tonlos.
    »Was verstehen Sie unter ›geistig gesund‹? Vielleicht war das der beste Ausweg. Sie hat erkannt, daß sie nie in unsere neue Welt passen würde.«
    »Wie hat sich ihr Versuch ausgewirkt?«
    »Sie hat natürlich einige Fehler dabei gemacht, die nicht hätten passieren dürfen: Knochenbrüche und innere Verletzungen, an denen sie wahrscheinlich gestorben wäre, wenn wir sie nicht rechtzeitig gefunden hätten.« Kearnes legte Corinth die Hand auf die Schulter. »Ihr Gehirn ist nur zum geringsten Teil beschädigt – aber das war natürlich der wichtigste.«
    »Felix hat mir erzählt, daß sie sich ... gut erholt.«
    »Oh, ja.« Kearnes lächelte unsicher. »Sie wissen vermutlich, daß wir die Therapie, die vor der Veränderung in solchen Fällen üblich war, weiterentwickelt haben. Zum Glück sind noch genügend gesunde Zellen vorhanden, die nach entsprechender Schulung die Aufgaben der zerstörten übernehmen können. Ich glaube, daß sie in einem Vierteljahr entlassen werden kann.«
    Kearnes holte tief Luft. »Dann ist sie ein normaler, gesunder Mensch mit einem I.Q., der vor der Veränderung etwa einhundertfünfzig entsprochen hätte.«
    Corinth nickte betroffen. »Welche Aussichten bestehen für eine völlige Wiederherstellung?«
    »Wir brauchen mindestens einige Jahre, bevor wir in der Lage sind, Nervengewebe neu zu schaffen. Es regeneriert nämlich selbst unter Einfluß äußerer Reize nicht. Wir müssen einen Vorgang wiederholen, zu dem die Evolution Milliarden von Jahren gebraucht hat. Aber selbst wenn es uns gelingen sollte, Nervenzellen auf irgendeine Art künstlich herzustellen, bleibt der Erfolg fraglich.«
    »Aha.«
    »Sie können sie jetzt kurz besuchen. Wir haben ihr gesagt, daß Sie noch leben.«
    »Wie hat sie darauf reagiert?«
    »Selbstverständlich hat sie zunächst geweint. Das ist ein gesundes Symptom. Sie können eine halbe Stunde bei ihr bleiben. Achten Sie aber darauf, daß sie sich nicht allzusehr aufregt.« Kearnes gab ihm die Nummer des Zimmers und ging in sein Büro zurück.
    Corinth fuhr mit dem Lift nach oben und ging durch den langen Korridor, der nach Desinfektionsmitteln roch. Die Tür zu Sheilas Zimmer stand offen, aber er zögerte noch und warf einen vorsichtigen Blick hinein. Das Zimmer war in einen kleinen Wald verwandelt worden – mit Bäumen, Farnen und Vogelgezwitscher! Irgendwo rauschte sogar ein Wasserfall, und die Luft roch nach feuchter Erde und Laub. Corinth wußte, daß er nur eine Illusion vor sich hatte, aber wenn Sheila Spaß daran hatte ...
    Er betrat den Raum und ging an das Bett, das unter dem Fenster stand. »Hallo, Liebling«, sagte er leise.
    Seltsamerweise hatte sie sich nicht im geringsten verändert. Sie sah wie an dem Tag aus, an dem sie geheiratet hatten – jung und gesund, mit langen Haaren, die bis auf die Schultern fielen und ein Gesicht umgaben, das seine Farben noch nicht ganz wiedergewonnen hatte, und mit strahlenden Augen, als sie zu ihm aufsah. Das weiße Nachthemd ließ
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