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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes
Autoren: Poul Anderson
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»Hallo, Erde; hallo, New York, hier spricht Raumschiff I. Ich schalte ab. Ende.«
    »Ich wollte aber eigentlich noch mit Sheila sprechen«, murmelte er dann.
    »Dafür hast du noch genügend Zeit«, versicherte Lewis ihm. »Im Augenblick ist es wichtiger, daß wir den Antrieb genau unter Beobachtung halten. Die Vibrationen haben sich verstärkt, und das kann etwas bedeuten. Vielleicht ein kumulativer Effekt ...«
    »Vielleicht einfach Ermüdungserscheinungen in der Kristallstruktur«, meinte Corinth. »Okay, du hast recht.« Er wandte sich wieder seinen Instrumenten zu.
    Die Erde wurde nur langsam größer. Obwohl die beiden Raumfahrer zuvor Lichtjahre in wenigen Stunden durchquert hatten, mußten sie jetzt mit einer Geschwindigkeit – oder Langsamkeit? – von einigen hundert Kilometern pro Sekunde zufrieden sein.
    Selbst ihre erhöhte Reaktionsfähigkeit reichte nicht aus, um das Schiff in Planetennähe bei Überlichtgeschwindigkeit unter Kontrolle zu behalten. Aber vielleicht waren die zukünftigen Schiffe diesen Beschränkungen nicht mehr unterworfen. Angesichts des ungeheuer raschen technischen Fortschritts seit der Veränderung würde das nächste Schiff bereits fast vollkommen sein: als ob die Gebrüder Wright als zweites Modell einen Düsenklipper gebaut hätten. Corinth war davon überzeugt, daß er noch den Zeitpunkt erleben würde, an dem die Naturwissenschaften die letzte Grenze erreichten, die aus den unveränderlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften der Materie selbst bestand. Von da ab würden die Menschen sich neue Ziele setzen müssen, und Corinth glaubte zu wissen, woraus sie bestehen würden. Deshalb betrachtete er den grünen Planeten vor sich mit einer gewissen Wehmut, die er nicht völlig unterdrücken konnte.
    Eine dichte Wolkendecke verbarg einen Teil der Erdoberfläche, als das Raumschiff sich der Tagseite näherte. Plötzlich lag der Planet nicht mehr vor ihnen, sondern unter ihnen, und sie hörten ein leises Pfeifen, als die Luft an dem Rumpf des Raumschiffes vorüberstrich. Sie ließen den Pazifik hinter sich zurück, der ruhig im Mondschein lag, sahen die Sonne über der Sierra Nevada aufgehen und beobachteten den Mississippi, der sich wie ein silbernes Band durch die Weiten des Mittelwestens schlängelte. Dann sank das Raumschiff tiefer, und die Spitzen und Türme von Manhattan ragten vor dem Meer auf.
    Corinths Herz schlug rascher. Sei still, ermahnte er es. Sei still, du brauchst nicht mehr lange zu warten. Er steuerte das Raumschiff auf Brookhaven zu, wo der Raumhafen wie ein häßlicher Fleck in der grünen Landschaft lag. Dabei sah er einen silbernen Pfeil, der aus dem Dach eines der Werftgebäude ragte. Das nächste Schiff befand sich also bereits im Bau.
    Ein fast unmerklicher Stoß, dann lag das Raumschiff wieder sicher in der Aufhängevorrichtung unterhalb der Rampe, von der es gestartet war. Lewis beugte sich nach vorn und schaltete den Antrieb aus. Corinth hob überrascht den Kopf, als plötzlich völlige Stille herrschte. Erst jetzt fiel ihm auf, wie sehr er sich bereits an die dröhnenden Vibrationen gewöhnt hatte.
    »Los, komm!« Corinth war bereits aufgesprungen und an die Luftschleuse gegangen, bevor Lewis sich aus seinem Sitz erhoben hatte. Seine Finger zitterten heftig, als er die Verriegelung löste. Die innere Tür schwang auf, dann öffnete sich auch die äußere. Ein Windstoß trug salzige Luft in die Kabine.
    Sheila! Wo ist Sheila? Corinth kletterte hastig die Leiter zur Erde hinab. Er sprang zu Boden, stolperte und fiel, war aber sofort wieder auf den Beinen, bevor jemand ihm aufhelfen konnte.
    »Sheila!« rief er.
    Felix Mandelbaum trat vor und breitete die Arme aus. Er sah sehr alt und müde aus; man merkte ihm an, daß er sich in letzter Zeit überanstrengt hatte. Er nahm Corinths Hände in seine, sagte aber nichts dazu.
    »Wo ist Sheila?« flüsterte Corinth. »Wo ist sie?«
    Mandelbaum schüttelte den Kopf. Unterdessen hatte auch Lewis wieder festen Boden unter den Füßen. Rossman ging auf ihn zu, sah aber nicht zu Corinth hinüber. Andere folgten – sie waren alle nur Techniker aus Brookhaven, keine engen Freunde, aber sie sahen trotzdem zur Seite.
    Corinth schluckte trocken. »Tot?« fragte er. Der Wind zerzauste sein Haar.
    »Nein«, antwortete Mandelbaum beruhigend. »Sie ist auch nicht wahnsinnig. Aber ...« Er schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Corinth holte tief Luft und beherrschte sich mühsam. Nein, er würde nicht in aller
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