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Die Macht des Feuers

Die Macht des Feuers

Titel: Die Macht des Feuers
Autoren: Vampira VA
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ein Auserwählter, und daß es nichts Wichtigeres gab als das.
    Mit einem Seufzen, in dem sich Resignation und verhaltene Sehn-sucht mischten, wandte Nod sich von den Zinnen ab, während die Schatten rasch länger wurden und die Herrschaft der Nacht ankündigten. Er ging durch den Innenhof ins Haupthaus zurück, das aus groben Felsblöcken errichtet worden war und keinerlei Fensterscharten aufwies. Der junge Mönch stemmte sich mit der Schulter gegen das hohe, eisenbeschlagene Eichenportal, bis es sich mit einem leisen Quietschen einen Spalt weit auftat, und schlüpfte hindurch.
    Drinnen roch es nach Staub, Alter und dem Pech der Fackeln, die in regelmäßigen Abständen in die nackten Wände eingelassen waren, welche vom Ruß der Flammen im Laufe der Jahrhunderte schwarz wie die Seele eines Sünders geworden waren. Murmelnder Gebetsgesang kam aus der großen Halle, in der sich die Brüder jeden Tag zur Zeit der Dämmerung einfanden, um ihrem Schöpfer zu huldigen.
    Nod hatte sein Abendgebet bereits absolviert. Darum zog er das Portal hinter sich zu und ging den Korridor entlang, bis rechts von ihm eine steinerne Treppe auftauchte, die wie eine Spirale in die Tiefe führte. Mit dem seltsamen Gefühl von Angst und Ehrfurcht in der Magengrube, das er stets empfand, wenn er auf dem Weg in die Katakomben unter dem Kloster war, stieg er die ausgetretenen Stufen hinab.
    Knapp zwei Minuten später langte er am Fuß der Treppe an. Hier unten herrschte ein dämmriges Zwielicht. Es gab nur zwei oder drei Fackeln, die Helligkeit spendeten. Jemand, der sich nicht auskannte in dem verzweigten Labyrinth aus Gängen und Stollen, das sich unter dem Kloster erstreckte, hatte keine Chance, sich hier zurechtzufinden.
    Tatsächlich hatten in der Vergangenheit immer wieder Menschen aus verschiedenen Gründen versucht, sich einen Weg in die Innere Halle zu bahnen, die das Herz der Klosteranlage bildeten. Aber die wenigen Männer, denen es überhaupt gelungen war, sich Zutritt zu Monte Cargano zu verschaffen, waren nie bis zum Heiligtum vorge-drungen, sondern hatten in dem weit verzweigten und durch Fallen gesicherten Irrgarten den Tod gefunden. Noch nie war es einem Außenstehenden gelungen, dem Heiligtum ansichtig zu werden.
    Nod allerdings hätte den Weg dorthin auch mit verbundenen Augen gefunden. Schließlich war er einer der zwölf Hüter. Einer der zwölf Auserwählten, in dessen Händen das Schicksal der Welt ruhte.
    Doch mit einemmal spürte Nod, daß heute irgend etwas anders war als sonst. Denn während er das Labyrinth durchquerte, mal links, mal rechts abbog, beschlich ihn ein ungutes Gefühl der Vorahnung. Zwar vermochte der junge Mönch nicht zu sagen, was es damit auf sich hatte, aber er war sich sicher, daß es von Bedeutung war.
    Veränderungen kündigten sich an.
    Einschneidende Veränderungen.
    Neugierig und beunruhigt zugleich ging Nod weiter, bis er die Innere Halle erreichte, deren Säulen links und rechts von ihm aufragten wie steinerne Bäume und die gewölbte Decke stützten, die so hoch war, daß sie Nod manchmal wie der Himmel selbst vorkam.
    Überhaupt war er immer wieder von neuem von diesem Ort, an dem er beinahe sein ganzes bisheriges Leben verbracht hatte, beeindruckt. Die grünlich phosphoreszierenden Wände, die das Heiligtum in ein weiches, nebelhaftes Licht tauchten; die in den Fels gemeißelten Symbole und Hieroglyphen, die bis heute nicht gedeutet werden konnten; die unbeschreiblichen Ausmaße der unterirdischen Halle ...
    Am eindrucksvollsten war jedoch unzweifelhaft das Heiligtum selbst: ein gewaltiges Portal aus geschwärztem Eichenholz, das einen Großteil der Nordwand der Halle einnahm. Es bestand aus zwei Flügeln, von denen ein jeder so riesig wie ein Haus war, über und über mit Nieten beschlagen, die, betrachtete man das Tor aus der Distanz, ein groteskes Muster bildeten, dessen Bedeutung den Wächtern ebenso verschlossen blieb wie das Portal selbst, das mit Riegeln und Schlössern gesichert war, damit niemand es öffnen konnte.
    Damit niemand hinein konnte.
    Und nichts heraus ...
    Wie seine Brüder konnte Nod beim besten Willen nicht sagen, was genau sich jenseits des riesenhaften Tores befand. Dieses Wissen besaß der Papst allein.
    Aber im Grunde wollte Nod auch gar nicht erfahren, was er und die anderen elf Männer hier unten bewachten. Mit Vermutungen ließ es sich besser leben als mit der Gewißheit. Spekulationen waren weniger endgültig.
    Aber was immer es auch war, das auf der
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