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Die Macht der Medusa

Die Macht der Medusa

Titel: Die Macht der Medusa
Autoren: Jason Dark
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aufgerissen. Es ging einzig und allein um die Vorboten des Gewitters, das sich schon meldete. Der Himmel dort hatte sich zu einer einzigen düsteren Landschaft zusammengedrängt. Wie auf einem Bild des Malers Caspar David Friedrich, wenn er die sturmgepeitschte Natur auf die Leinwand gebracht hatte. Die Wolken hingen übereinander. Schicht lag auf Schicht. Das Grau war mal hell, mal dunkler, aber dazwischen schimmerten die schwefelgelben Ränder, die nichts Gutes verhießen.
    Direkt über uns sah der Himmel noch anders aus. Doch längst nicht mehr strahlend. Der Dunst hatte sich auch hier bereits vor die Sonne geschoben und sie zu einem verwaschenen Ball gemacht, der an den Rändern ausgefranst war. Wir hatten noch Zeit. Hoffentlich lange genug, um die drei Gorgonen zu finden.
    Suko war schon vorgegangen. Er wartete am Beginn des Hohlwegs und wurde von einem grünlichen und auch leicht gläsern wirkenden Licht umschimmert.
    Jane machte sich noch Gedanken um die beiden Helferinnen der Medusa. Sie fragte mich: »Wie gefährlich schätzt du sie ein, John?«
    »Sehr gefährlich. Wir müssen mit allem rechnen.«
    »Wie hieß der Mann noch, der versteinerte?«
    »Rob Gilmore, glaube ich.«
    »Ja, du hast recht, und ich möchte nicht, daß ich in einer halben Stunde vor einem versteinerten John Sinclair stehe.«
    »Komm jetzt«, sagte ich nur und war zugleich gerührt über Jane’s Besorgnis...
    ***
    Medusa war aus dem Teich gestiegen und tropfnaß. Sie war auch längst nicht so groß und stand damit in keinem Verhältnis zu dem Gesicht mit den zuckenden Schlangen als Haare, das sich innerhalb der Wasserfläche abgezeichnet hatte.
    Sie besaß die normale Größe wie auch Miranda und ihre Freundin Alina. Trotzdem unterschied sie sich von den beiden Frauen. Nicht nur, was die Schlangen auf ihrem Kopf betraf, nein, das Schreckliche an ihr war der Oberkörper.
    Er sah nicht normal aus. Er war noch vorhanden, aber er war zugleich auch in einer schrecklichen Art und Weise verwest und zerfressen.
    Das noch an den Knochen hängende Fleisch bildete eine graue feuchte Masse aus verschiedenen Klumpen. Es war auch noch Haut vorhanden, doch die erinnerte mehr an eine alte Pelle, die ebenfalls von verschiedenen Stellen herab nach unten hing und längst in den Zustand der Verwesung übergegangen war.
    Sie schritt durch das nahe Ufergras als ein feuchtes und stinkendes Monstrum. Von ihren Füßen war der größte Teil der Haut abgefallen, und so schimmerten die Knochen durch das Grün des Bodens.
    Alina und ihre Freundin waren zurückgewichen. Zwar war für sie keine Welt zusammengebrochen, doch anhand des Gesichts hätten sie sich einen anderen Körper vorgestellt. Nicht dieses verweste, schlammige und stinkende Etwas auf zwei Beinen, das nun auf sie zukam, wie die von einem Psychopathen hergestellte Vogelscheuche.
    Sie warteten trotzdem. Die Welt um sie herum war klein geworden. Es gab nur noch den einen Ausschnitt, der von der zurückgekehrten Medusa eingenommen wurde.
    Sie blieb stehen. Auf dem normalen Gesicht zeigte sie ein Lächeln, mit dem sie ihre beiden Freundinnen begrüßte. Miranda und Alina hatten Mühe, sich auf das Gesicht zu konzentrieren. Zu präsent war dieser andere Körper.
    Medusa stand so nahe bei ihnen, daß sie die Frauen berühren konnte. Sie hob auch den rechten Arm an, dann den linken und drückte ihre beiden, von Verwesung gezeichneten Hände auf die Schultern der Frauen. Das Lächeln auf den Lippen weitete sich aus.
    Sie nickte Alina zu. »Stheno«, sagte sie. »Du bist Stheno für mich...«
    »Ja!« flüsterte die Angesprochene.
    Dann war Miranda an der Reihe. »Und du, meine treue Seele, bist Euryale, die ich auch so vermißt habe. Schon damals, als ich hier noch herrschte, habe ich nach euch gesucht, und doch mußten erst so viele Jahre ins Land gehen, um euch zu finden. Jetzt ist es soweit. Jetzt sind wir zusammen, und ich werde dafür sorgen, daß wir nicht mehr getrennt werden. Die Gorgonen sollen so sein wie früher. Ich habe euch meine Freunde geschickt, ihr habt den Test bestanden, und danach seid ihr endgültig zu meinen Freundinnen geworden.«
    Sie hatte jedes der Worte deutlich ausgesprochen. Trotzdem war die Stimme nicht mehr so menschlich geworden. Sie war auch nicht direkt aus dem Mund hervorgedrungen, sie bewegte sich praktisch um ihren Kopf herum, als wäre eine andere Person dabei gewesen, das alles ihr mitzuteilen. Wie bei einer Hülle, die früher einmal ein Mensch gewesen war, dem dann
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