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Die Macht Der Könige

Titel: Die Macht Der Könige
Autoren: Robert Asprin
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fragte Hakiem, jetzt völlig nüchtern.
    Hort zuckte mit den Achseln. »Einige gehen freiwillig als Rekruten mit, die anderen werden als Galeerensklaven verschleppt.«
    »Und niemand sonst ahnt, daß wir von Piraten gemolken werden?«
    »Hast du es geahnt?«
    Wieder mußte Hakiem den Kopf schütteln. Freistatt war immer mit Füßen getreten worden, ein Zuhause für Diebe, nicht das Ziel von Piraten. Alte Gewohnheiten und Vorstellungen starben wirklich nur schwer.
    »Der Alte Mann«, fuhr Hort fort, womit er jetzt seinen Vater meinte, »sagt, man kann sich darauf verlassen, daß Könige und Prinzen ihre Mauern immer an der falschen Stelle errichten.«
    7cH nehme an, das kann man durchaus sagen, stimmte Hakiem ihm wortlos zu.
    »Du wirst es ihnen doch sagen, oder?« fragte Hort, jetzt nicht mehr Geschichtenerzähler, sondern einfach nur ein junger Mann, der Angst um sein Heim und sein Leben hatte.
    Hakiem nickte. Natürlich würde er es tun, doch andererseits war eine solche Geschichte Zündstoff und erforderte besondere Sorgfalt. Es gab Leute in Freistatt, die Horts Vermutungen bestärken konnten, und einige davon schuldeten einem alten Geschichtenerzähler noch einen Gefallen. Er würde sich morgen darum kümmern, allerdings ohne Hort. Es gab da ein paar Tricks in seinem Gewerbe, von denen Hakiem hoffte, daß der jüngere Mann sie nie kennenlernen mußte.
    »Sonst noch irgend etwas, mein Junge? Skandale, Magie, zweiköpfige Kälber?«
    Hort entspannte sich und begann, eine von vielen Geschichten zu erzählen, etwas über einen Liebeszauber, der auf eine bemerkenswerte Art fehlgeschlagen war.
    Die Morgendämmerung stand kurz bevor, als Hakiem sich auf den Weg durch das Labyrinth zur Westtorstraße machte. Er war länger als geplant weggeblieben. Mehrere müde Wachen grüßten ihn, als er durch das Tor trat, und sahen dann weg, als er eine Kerze aus dem Ständer nahm und in den Hintereingängen verschwand.
    Die rückwärtigen Gänge waren immer die schnellsten und diskretesten Wege durch den Palast. Das Gewirr verborgener Treppen, Gänge und Sackgassen war erbaut worden, nur um nach dem Ende jeder Palasterweiterung wieder offiziell vergessen zu werden. Wie beim Labyrinth und der Kanalisation ließen die Gerüchte sie geheimnisvoller erscheinen, als sie in Wirklichkeit waren. Unter der Halle der Gerechtigkeit begegnete Hakiem gleich drei Höflingen, die eilig in ihre eigenen Betten zurückkehrten, die Diener versuchte er gar nicht erst zu zählen.
    Es gab nur eine Verhaltensregel in diesen Hintergängen: Verschwiegenheit. Man konnte die Augen offenhalten, durfte aber nie etwas sehen, man konnte hören, durfte aber nie darüber sprechen. Hakiem vergaß nichts von dem, was er gesehen hatte, aber solange er das gleiche nicht noch einmal in der Öffentlichkeit sah, blieb es für immer in ihm verborgen.
    Als der Geschichtenerzähler eine staubige Biegung hinter sich brachte, wo sich die Hintergänge mit den öffentlichen Fluren trafen, kamen ihm wieder die Parallelen zwischen dem Palastleben und dem Überlebenskampf der Halbwelt in den Sinn. In seinem Kopf keimte die Saat für eine epische Saga auf und ließ keinen anderen Gedanken Platz.
    Später sollte Hakiem über die nächsten Augenblicke erzählen, daß er weder ein buckelnder Beysiber noch ein steifer rankanischer Höfling sei und deshalb der Beysa mit dem Stolz eines Ilsigers direkt in die Augen geblickt hätte. Die Wahrheit war allerdings, daß der Anblick Shupanseas, wie sie mit ihrem für die Nacht geflochtenen dunkelgoldenen Haar, ihrem weichen wollenen Nachtgewand und der um die Schultern gelegten smaragdgrünen Beynitschlange auf seinen Kissen saß, ihm völlig die Fassung raubte.
    »O... o... o Bey...« Ihm fehlten die Worte wie noch zuvor in seinem Leben.
    Die Beysa reagierte kaum geistesgegenwärtiger. Sie kicherte wie eine junge unerfahrene Magd und verstreute einen Stoß Zeichnungen über den Boden. Nur die schlanke Schlange bewahrte ihre Würde, sie gähnte, zeigte ihre elfenbeinfarbenen Zähne und Rachen und grub sich dann tief in das Haar ihrer Herrin.
    Shupansea griff nach dem Bild, das ihr am nächsten lag. Sie stand auf und hielt es Hakiem wie ein Friedensangebot hin. »Es tut mir leid, Geschichtenerzähler. « Wachs tropfte aus ihrer Lampe. Fahles Morgenlicht sickerte durch das schmale Fenster. Ihr wurde bewußt, daß sie die ganze Nacht in seinem Zimmer verbracht hatte. »Oh, es tut mir wirklich leid.«
    Hakiem bückte sich, um ein anderes Bild
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