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Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
Autoren: Marissa Meyer
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der schon lange auf dem Grund der Kiste beerdigt gewesen war. Einen nach dem anderen durchtrennte sie die Drähte, die den Fuß noch immer mit ihrem Knöchel verbanden, und jedes Mal flogen Funken. Durch die Handschuhe spürte sie sie nicht, doch ihr hilfreiches Netzhaut-Display informierte sie mit einer grün blinkenden Nachricht, dass sie gleich die Verbindung zu ihrem Fuß verlieren würde.
    Als sie mit einem Ruck den letzten Draht kappte, fiel der Fuß klappernd auf den Asphalt.
    Was für ein Unterschied! Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich schwerelos.
    Sie machte Platz auf dem Tisch und stellte den Fuß wie ein Heiligtum darauf. Dann beugte sie sich wieder über ihr schmutziges Fußgelenk und begann, den Stumpf mit einem alten Lappen zu reinigen.
    KLONK.
    Cinder schnellte hoch, schlug mit dem Kopf gegen die Tischunterseite und machte einen Satz rückwärts. Ihr finsterer Blick fiel zuerst auf eine leblose Androidin, die jetzt auf dem Arbeitstisch hockte, dann auf den Mann hinter ihr, der Cinder verwundert aus kupferbraunen Augen ansah. Eine schwarze Haarsträhne fiel ihm in die Stirn. Diese Lippen hatte jedes Mädchen im Land schon tausend Mal bewundert.
    Ihr Ärger verflog.
    Seiner Überraschung folgte eine Entschuldigung. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich habe nicht gesehen, dass hier jemand war.«
    Cinder hörte ihm vor Verwirrung kaum zu. Während ihr Herz immer schneller klopfte, scannte ihre Netzhaut sein Gesicht, das ihr aus all den Jahren, in denen sie es auf Dutzenden von Bildschirmen gesehen hatte, so bekannt vorkam. Im wirklichen Leben war er größer, und das graue Kapuzen-Sweatshirt war etwas ganz anderes als die feine Kleidung, in der er normalerweise auftrat. Dennoch benötigte Cinders Scanner nur 2,6 Sekunden, um sein Gesicht zu vermessen und das Bild mit der Datenbank im Netz abzugleichen. Nach einer weiteren Sekunde erschienen auf dem Display die Informationen, die ihr bereits bekannt waren. Die Angaben liefen in grünen Buchstaben am unteren Ende ihres Gesichtsfeldes entlang.
    Prinz Kaito, Kronprinz des Asiatischen Staatenbundes
    ID #0082719057
    Geboren am 7. April 108 D.Z.
    88.987 Suchergebnisse, chronologisch absteigend
    Gepostet am 14. Aug. 126 D.Z.: Kronprinz Kai lädt am 15. Aug. zur Pressekonferenz, um die Fortschritte der Letumose-Forschung und mögliche Hinweise auf Gegenmittel …
    Cinder sprang auf. Beinah wäre sie vornübergefallen, denn sie hatte ihren fehlenden Fuß vollkommen vergessen. Sie klammerte sich an der Tischkante fest und brachte eine unbeholfene Verbeugung zu Stande. Das Netzhaut-Display sank außer Sichtweite.
    »Eure Hoheit«, stammelte sie mit gesenktem Kopf, froh, dass er ihren leeren Knöchel hinter dem Tischtuch nicht sehen konnte.
    Der Prinz warf einen schnellen Blick über die Schulter, bevor er sich zu ihr herüberbeugte. »Vielleicht, ähm …« Er legte den Finger an die Lippen: »… was das mit der Hoheit angeht?«
    Mit großen Augen zwang Cinder sich zu nicken. »Gut. Selbstverständlich. Wie … kann ich … seid Ihr …« Sie schluckte. Die Worte klebten wie Bohnenmus an ihrer Zunge.
    »Ich bin auf der Suche nach einem Linh Cinder«, sagte der Prinz. »Ist er da?«
    Cinder wagte es, eine Hand von der Tischplatte zu lösen und den Saum ihres Handschuhs hochzuziehen. Sie starrte dem Prinzen auf die Brust und stammelte: »Das … Das bin ich.«
    Er legte die Hand auf den kugelrunden Kopf der Androidin.
    »Sie sind Linh Cinder?«
    »Ja, Eure Hohei…« Sie biss sich auf die Lippe.
    »Die Mechanikerin?«
    Sie nickte. »Womit kann ich Euch dienen?«
    Statt zu antworten, beugte sich der Prinz so weit vor, dass ihr nichts übrig blieb, als ihm in die Augen zu sehen. Dann schenkte er ihr ein schnelles Lächeln. Ihr Herz machte einen Satz.
    Der Prinz richtete sich auf und wieder musste sie ihm mit den Augen folgen. »Eigentlich hatte ich mir Linh Cinder anders vorgestellt.«
    »Na ja … Ihr seid auch nicht unbedingt so … wie ich … ähm.« Um seinem Blick auszuweichen, zog sie die Androidin zu sich heran. »Wie kann ich Euch behilflich sein, Eure Hoheit?«
    Die Androidin sah aus, als sei sie gerade eben vom Förderband gestiegen, aber an der weiblichen Figur erkannte Cinder, dass sie ein veraltetes Modell war. Sie war glatt, auf ihrem birnenförmigen Körper saß ein kugelrunder Kopf und ihre helle Oberfläche schimmerte.
    »Sie lässt sich nicht mehr anschalten«, sagte Prinz Kai, während er Cinder bei der Inspektion des Roboters
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