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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest
Autoren: Carla Buckley
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Gesicht. Er hatte wirklich etwas vom guten alten Barney.
    Onkel Mike machte die Haustür auf. «Katytan! Dachte ich mir doch, dass ich dein Auto gehört habe.»
    Seine Umrisse hoben sich gegen das Flurlicht ab. Die Form seiner Schultern, die Art, wie er den Kopf neigte   … einen Augenblickstockte mir der Atem. Dad. Mom sah es auch. Manchmal, wenn sie Mike anguckte, stand ihr die Trauer ins Gesicht geschrieben.
    «Onkel Mike, du kennst Frank, oder?»
    «Ja, klar.» Er grinste und klopfte Frank liebevoll auf die Schulter. Die meisten Leute mochten Frank. Er war ein stiller Typ, aber man merkte sofort, dass er eine treue Seele war, jemand, auf den man sich verlassen konnte. «Du bist der Kerl, der die Welt retten will.»
    «Ganz genau. Mit Hilfe deiner Nichte.»
    «Na, das soll uns nur recht sein.» Onkel Mike zog mich ins Haus. «Genug rumgestanden, Kate. Kommt doch rein.» Er schloss die Tür hinter uns, und mir wurde ein wenig flau.
    Ich konnte diesen Flur nicht betreten, ohne mich daran zu erinnern, wie ich damals als Fünfzehnjährige wiedergekommen war, wie alles nach Ruß und Asche gerochen, ich die Einschusslöcher in der Wand gesehen hatte und wie die Glasscherben unter meinen Schuhen geknirscht hatten.
    Mom hatte damals hörbar Luft geholt, und Maddie hatte sich hinter mir durch die Tür gedrängt. Draußen war unglaublich schönes Wetter gewesen. Wir waren Mom von Zimmer zu Zimmer gefolgt, und unsere Schritte hallten durch die leeren Räume. In den zwei Jahren unserer Abwesenheit war offenbar immer wieder eingebrochen worden, es waren Dinge gestohlen, Möbel verbrannt, Gardinen von den Fenstern gerissen worden. Mom hatte eine Weile alles stumm in sich aufgenommen. Ihr Blick war an einem Vogelnest im Kronleuchter im Wohnzimmer hängengeblieben. «Tja, ihr zwei», hatte sie gesagt. «Sieht aus, als hätten wir jede Menge Besuch gehabt, während wir weg waren.»
    An Moms Seite hatte die Schrotflinte gehangen. Wir hatten uns an ihren Anblick gewöhnt. Nachts schliefen wir mit derWaffe im Zimmer, und wenn wir in die Stadt fuhren, versteckten wir sie zwischen den Sitzen. Aber Mom hatte sie nur das eine Mal gebraucht, in jener letzten Nacht, als ich dachte, sie hätte den Mann erschossen und, schlimmer noch, auch Barney.
    Barney war ungeschoren davongekommen. Dem Einbrecher war es weniger gut ergangen.
    Stöhnend hatte er auf dem Boden gelegen. Barney hatte geknurrt und gebellt und bei der kleinsten Bewegung nach ihm geschnappt. Ich war an meinem Platz an der Wand vollkommen erstarrt, zu Tode erschrocken vom vielen Blut. Im Mondlicht hatte es ausgesehen wie schwarze Farbe.
    Mom hatte die Flinte auf den anderen Einbrecher gerichtet. «Hau ab und nimm ihn mit», sagte sie in dem kältesten Ton, den ich je bei ihr gehört hatte. Er machte mir Angst. Der lange dünne Mann lief zu seinem Freund und schleppte ihn aus dem Haus. Der Verletzte schrie vor Schmerz, als er über die Stufen vor dem Haus geschleift wurde. Ich gebe es ungern zu, aber es tat mir gut, ihn leiden zu hören.
    Wir haben nie erfahren, was aus den beiden geworden ist. Mom hatte ihnen noch lange nachgeblickt, nachdem sie in der Dunkelheit verschwunden waren, die Flinte in der Hand, und sich dann zu mir umgedreht.
    «Kate», sagte sie. «Ich brauche dich. Du musst mir helfen, das Auto zu beladen.»
    Ihre Stimme war wieder normal, aber es war eine Veränderung in ihr vorgegangen.
     
    Es dauerte eine Weile, bis alles wieder ganz war, aber Onkel Mike half uns. Er war eines Tages aufgetaucht und hatte mich beinahe zu Tode erschreckt, als er so plötzlich vor der Tür stand, aber es stellte sich heraus, dass Mom und er sich Mails geschrieben hatten. Sie kam die Treppe herunter und fiel ihm umden Hals. «Ich habe so gehofft, dass du kommst.» Sie wischte sich die Freudentränen ab und küsste ihn auf beide Wangen. «Wir sind jetzt deine Familie», hatte sie gesagt. Damals hatte sich alles in mir gesträubt, weil ich dachte, sie meinte, er würde von nun an Dads Stelle einnehmen. Inzwischen weiß ich, dass wir ihm die Familie ersetzen sollten. Seine Frau und sein Sohn Mikey, an den ich mich kaum erinnern kann, waren gestorben. Er spielte gern mit Autos und tobte unter dem Rasensprenger. Aber vielleicht sehe ich da auch nur Jacob vor mir. Das Gedächtnis spielt einem manchmal komische Streiche.
    «Die anderen sind hinten», sagte Onkel Mike. «Jake holt gerade noch Eis, aber er muss jeden Moment zurück sein.»
    Wir gingen durch die Küche. Dort hatte sich am
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