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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien
Autoren: Tanja Kinkel
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daß sich das ändert. Aber für die nächsten Jahre sind ihm wohl vom Papst die Hände gebunden. Er braucht Verbündete und vor allem unseren Handel. Gott segne Innozenz!«
    Aenor, deren in der Privatheit ihres Gemachs gelöstes Haar dunkel im Fackelschein schimmerte, fragte: »Was ist eigentlich aus Alais geworden, nachdem sie so lange zwischen England und Frankreich als Druckmittel benutzt wurde? «
    »Zwei Jahre nach Richards Tod heiratete sie einen Edelmann namens Gilles de Ponthieu, und nach allem, was ich von ihr gehört habe, ist es eine gute Ehe.«
    Alienors Augen schmerzten ein wenig, und sie schloß die Lider.
    Ihre Tochter meinte zögernd: »Das letzte Jahr… muß sehr hart für Euch gewesen sein…«
    »Lassen wir das lieber, Liebes.«
    Die neununddreißigjährige Königin von Kastilien blickte auf ihre Mutter und umarmte sie. »Nein, wir lassen es nicht. Seit ich denken kann, habt Ihr Euch nie gestattet, zu weinen oder Euch bei irgend jemandem anzulehnen. Ihr müßt doch jetzt das Bedürfnis dazu haben, Mutter, Ihr braucht doch einen Menschen.«
    Alienor küßte sie. »Ich danke dir, Liebes, aber wie du schon gesagt hast, ich habe es mir nie gestattet, und ich bin zu alt, um meine Gesetze zu ändern. Wenn ich etwas verabscheut habe, dann war es Rührseligkeit. Bei dir und deinen Kindern zu sein hilft mir mehr, als du ahnst.«
    »Dann bleibt doch noch länger als diese wenigen Wochen«, bat Aenor.
    Alienor seufzte. »Ich würde so gerne, aber Philippe und John warten auf das Unterpfand ihres Vertrags.«

    »Nein«, sagte Aenor wehmütig, »das ist es nicht. Ihr seid wie der Wind, nirgendwo zu Hause, nirgendwo zufrieden.«
    Die beiden Könige hatten Alienor die Wahl unter Aenors drei Töchtern überlassen, und sie bemühte sich, jedes der Mädchen gut kennenzulernen. Schließlich sollte es eine zukünftige Königin sein, die zu mehr in der Lage sein sollte, als bei einer Prozession dekorativ zu wirken - wie die arme Berengaria. Endlich entschied sie sich für die lebhafte kleine Bianca, die sowohl Henry wie auch ihr ähnlich sah, und sie hoffte, daß es Philippe einen kleinen Stich versetzte, wenn er eine vollkommene Plantagenet an die Seite seines Sohnes setzen mußte.
    Bianca war fasziniert von ihrer Großmutter und erwies sich auf dem langen Rückweg als eine angenehme, unterhaltsame Reisegefährtin. »Aber warum soll ich denn in der Normandie heiraten und nicht in Frankreich?« fragte sie einmal.
    »Weil ganz Frankreich dem Interdikt unterliegt und keine kirchlichen Zeremonien stattfinden können, bis dein Schwiegervater sich entschließt, Seiner Heiligkeit dem Papst nachzugeben. Es kommt darauf an, wer den längeren Atem hat, er oder Innozenz III.«
    Sie sprach mit Bianca wie zu einer Erwachsenen, denn sie wußte, was für Lektionen das Mädchen im königlichen Dasein in Frankreich erhalten würde - bei Philippes Einstellung sicher als erstes diejenige, daß Frauen sich aus der Regierung herauszuhalten hatten. Dem wollte sie von vornherein entgegenwirken.
    »Frankreich war schon einmal unter dem Interdikt, nicht wahr?
    Als Ihr dort noch Königin wart.«
    »So ist es. Und laß dir gesagt sein, das einzige, was mich an der Aufhebung des Interdikts wirklich erleichtert hat, war, daß ich damit jemandem einen Herzenswunsch erfüllen konnte.«
    »Wem denn, Großmutter?« erkundigte sich Bianca neugierig. Alienor schaute in die Ferne.
    »Ich war damals noch sehr jung. Als ich ihr begegnete, war sie eine alte Frau, aber ich habe es nicht vergessen: Heloise von Paraklet, und sie kam zu mir, als…«

    Sie erzählte dem Kind die Geschichte von Abélard und Heloise, wie sie sie selbst einmal erfahren hatte, und erkannte in den weitgeöffneten Augen des Mädchens ihre eigene Faszination von damals,
    »…und die Leute sagen, als Heloise dreißig Jahre nach Abélard starb und zu ihm in sein Grab gelegt wurde, öffnete er seine Arme, um sie zu empfangen.«
    Bianca hielt den Atem an. »Wirklich?«
    Alienor verbiß sich ein Lächeln. »Ich glaube nicht. Weißt du, die Toten warten nicht auf uns, ich meine, nicht auf diese Weise. Wenn sie irgendwo warten, dann bestimmt nicht als Leichen in ihren Gräbern.«
    Sie begleitete Bianca nicht ganz bis zu ihrem Ziel, sondern übergab sie in Fontevrault, wie es vereinbart gewesen war, Philippes Gesandtem. Philippe wollte offensichtlich nicht, daß Alienor an dieser Hochzeit teilnahm, und sie sah keinen Sinn darin, darauf zu bestehen.
    »Aber werde ich Euch wiedersehen,
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