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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste
Autoren: John Grisham
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    draußen und stand dann lange da, an den Pick-up gelehnt.
    Er überprüfte seine Wunden und Kratzer und überlegte, wie es weitergehen sollte. Sein eines Bein war plötzlich steif geworden, und als er mühsam über die Böschung zum Straßenrand hinaufkletterte, wurde ihm klar, dass er nicht weit kommen würde. Doch das war auch nicht nötig.
    Es dauerte einen Moment, bis er bemerkte, dass er in blaues und rotes Licht getaucht war. Der Deputy war bereits ausgestiegen und betrachtete den Unfallort im Licht einer langen schwarzen Taschenlampe. Aus der Ferne näherten sich weitere Blaulichter.
    Der Deputy sah das Blut, roch den Whiskey und griff nach seinen Handschellen.
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    er Big Brown River schlägt in Tennessee einen non-chalanten Bogen nach Süden und fließt dann für D

    fünfundvierzig Kilometer schnurgerade, wie ein von Hand ausgehobener Kanal, mitten durch das zu Mississippi gehörende Taylor County. Drei Kilometer oberhalb von Ford County beginnt er, sich zu winden und zu schlängeln, um dann hinter der Grenze an eine verängstigte, sich zusammenkringelnde Schlange zu erinnern. Das schlammige Wasser des meist seichten Flusses schleppt sich langsam dahin. Für seine Schönheit ist der Big Brown nicht gerade bekannt. Die Uferböschungen an den unzäh-ligen Windungen und Kurven sind sandig, verschlammt oder mit Kies bedeckt. Ein unerschöpflicher Speicher von Sümpfen und Bächen speist seine trägen Fluten.
    Der Fluss führt nur kurz durch Ford County, wo er in einem weiten Kreis ungefähr zweitausend Morgen Land in der nordöstlichsten Ecke des County umschließt, um sich schließlich wieder Richtung Tennessee zu wenden. Der Kreis ist beinahe vollkommen, sodass man fast von einer Insel sprechen könnte, aber im letzten Moment vor der Schließung des Kreises ändert der Big Brown seine Richtung, und eine kleine Landenge bleibt.
    Dieses unter dem Namen Padgitt Island bekannte Gebiet ist dicht mit Kiefern, Tupelobäumen, Ulmen und Eichen bewachsen, und es gibt eine Unzahl von Sümpfen und sumpfigen Flussarmen. Nur wenig von dem fruchtbaren Boden war je für den Ackerbau gerodet worden. Hier wurde Holzwirtschaft betrieben und jede Menge Korn geerntet – für illegalen Whiskey. Später einmal würde hier auch Marihuana angebaut werden.
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    Auf der schmalen Landenge zwischen den Ufern des Big Brown gab es einen Zugang zu der Insel, eine asphaltierte Straße, die ständig beobachtet wurde. Obwohl einst mit Steuergeldern gebaut, trauten sich nur sehr wenige Steuerzahler, die Straße auch tatsächlich zu benutzen.
    Die gesamte Insel war schon seit der Reform der Südstaaten nach dem amerikanischen Bürgerkrieg im Besitz der Familie Padgitt. Seinerzeit war Rudolph Padgitt, ein Spekulant aus dem Norden, der nach dem Krieg vom Wiederaufbau profitieren wollte, etwas zu spät dort angekommen. Das beste Land war bereits vergeben. Er suchte, fand nichts Attraktives und stolperte irgendwann über die Insel. Auf der Karte wirkte sie vielversprechend.
    Er besorgte Gewehre und Macheten und kämpfte sich mit einem Häuflein kurz zuvor befreiter Sklaven zu der Insel vor, die sonst niemand verlockend fand.
    Rudolph heiratete eine einheimische Hure und begann, sich als Holzfäller zu betätigen. Da seit dem Ende des Bürgerkriegs eine große Nachfrage nach Bauholz herrschte, verdiente er viel Geld. Die ehemalige Hure hatte ein gebärfreudiges Becken, und bald gab es eine ganze Horde kleiner Padgitts. Einer von Rudolphs Exsklaven hatte sich in der Kunst des Schnapsbrennens geübt, und sein Boss verlegte sich auf den Anbau von Getreide, das er weder zu Brot verarbeitete noch verkaufte, sondern ausschließlich zur Produktion eines Whiskeys verwendete, der bald als einer der besten im tiefen Süden bekannt werden sollte.
    Nachdem er sich dreißig Jahre lang als Schwarzbrenner betätigt hatte, starb Rudolph 1902 an Leberzirrhose. Zu diesem Zeitpunkt bewohnte bereits ein ganzer Clan von Padgitts die Insel, die auch schon ziemlich gewiefte Holzhändler und Schwarzbrenner waren. Auf dem Eiland gab es ein halbes Dutzend gut versteckter und bewachter 30

    Brennereien, die sämtlich mit den seinerzeit modernsten Destillieranlagen arbeiteten.
    Die Padgitts waren berühmt für ihren Whiskey, auf den Ruhm aber keineswegs scharf. Als auf Geheimhaltung und Abschottung bedachter Clan hatten sie große Angst davor, dass sich jemand in ihr kleines Königreich einschleichen und sie um ihre beträchtlichen Profite bringen könnte.
    Stets
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