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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste
Autoren: John Grisham
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egal.
    Das Quietschen des Bettes riss Michael aus dem Schlaf.
    Er weckte Teresa, und sie verließen ihr Zimmer und schlichen durch den dunklen Flur. Michael öffnete die Tür des Schlafzimmers seiner Mutter und sah den seltsamen Mann auf ihr liegen. »Mama!« Der Mann hielt inne, sein Kopf wirbelte zur Tür herum.
    Die Stimme ihres Sohnes verängstigte Rhoda noch mehr.
    Sie riss den Oberkörper hoch und versuchte, den Vergewaltiger blindlings zu attackieren. Eine kleine Faust traf sein linkes Auge, ein harter Schlag, der ihn verdutzte.
    Er riss ihr den Schal herunter, ohrfeigte sie und versuchte, sie wieder auf die Matratze zu drücken. »Danny Padgitt!«, schrie sie, während sie sich wehrte. Er schlug erneut zu.
    »Mama!«, kreischte Michael.
    »Lauft weg!«, versuchte sie zu schreien, brachte es aber wegen der Schläge kaum heraus.
    »Halt’s Maul!«, brüllte Padgitt.
    »Lauft!«, schrie Rhoda erneut. Die Kinder rannten durch den Korridor in die Küche und dann nach draußen.
    In dem Sekundenbruchteil, nachdem sie seinen Namen herausgeschrien hatte, war ihm klar geworden, dass er sie 25

    zum Schweigen bringen musste. Er stach zweimal zu, kroch von dem Bett herunter und griff nach seinen Kleidern.

    Als sie Michaels Schreie hörten, saßen Aaron Deece und seine Frau gerade vor dem Fernseher, um sich das Spätprogramm aus Memphis anzuschauen. Mr Deece riss die Haustür auf und sah den Jungen in seinem von Schweiß und Tau durchnässten Schlafanzug. Seine Zähne klapperten so heftig, dass er kaum sprechen konnte. »Er hat meiner Mama wehgetan, er hat meiner Mama wehgetan«, wiederholte er immer wieder.
    Trotz der Finsternis zwischen den beiden Häusern sah Mr Deece, dass Teresa ihrem Bruder folgte. Sie schien sich kaum vom Fleck zu bewegen, als wollte sie den einen Ort erreichen, ohne den anderen zu verlassen. Als Mr Deece sie schließlich an der Garage abfing, lutschte sie am Daumen und war unfähig, auch nur ein Wort zu sagen.
    Mr Deece rannte ins Haus und holte zwei Schrotflinten, eine für sich, eine für seine Frau. Die beiden Kinder waren in der Küche, vor Schock wie gelähmt. »Er hat meiner Mama wehgetan«, wiederholte Michael noch immer. Mrs Deece nahm die Kinder in den Arm und versicherte, alles werde wieder gut. Sie blickte auf die Schrotflinte, die ihr Mann auf den Tisch gelegt hatte. »Du bleibst hier«, sagte er, während er schon nach draußen stürmte.
    Er musste nicht weit laufen. Bevor sie in dem nassen Gras zusammengebrochen war, hatte Rhoda es fast bis zum Haus von Mr Deece geschafft. Sie war völlig nackt und vom Hals abwärts blutverschmiert. Er hob sie hoch, trug sie zur Vorderveranda und rief seiner Frau zu, sie solle sich mit den Kindern hinten im Haus im Schlafzimmer einschließen. Er durfte nicht zulassen, dass 26

    sie ihre Mutter in den letzten Augenblicken ihres Lebens so sahen.
    Als er sie auf die Hollywoodschaukel legte, flüsterte Rhoda: »Es war Danny Padgitt. Es war Danny Padgitt.«
    Er legte eine Decke über sie, dann rief er den Notarzt.

    Danny Padgitt hielt den Pick-up in der Mitte der Straße und fuhr mit einer Geschwindigkeit von über hundertdreißig Stundenkilometern. Er war halb betrunken und völlig verängstigt, auch wenn er sich das nicht eingestehen wollte. In zehn Minuten würde er zu Hause sein, in der Sicherheit des kleinen Königreichs seiner Familie, das unter dem Namen Padgitt Island bekannt war.
    Die Kinder hatten alles zerstört. Er würde morgen darüber nachdenken. Nach einem großen Schluck Jack Daniel’s fühlte er sich besser.
    Es war ein Kaninchen oder ein kleiner Hund oder irgendein anderes Tier. Als es vom Seitenstreifen auf die Fahrbahn schoss, sah er es aus dem Augenwinkel, doch er reagierte falsch. Er trat instinktiv aufs Bremspedal, aber nur für einen Moment. Eigentlich war es ihm völlig egal, was er da überrollte. Es machte ihm sogar Spaß, Tiere über den Haufen zu fahren. Aber er hatte zu heftig auf die Bremse getreten. Die Hinterräder blockierten, und noch bevor er es begriff, hatte er schon ernsthafte Probleme. Er riss das Steuer herum, aber in die falsche Richtung, und der Wagen scherte auf den Seitenstreifen aus und begann sich zu drehen wie ein Stockcar auf der Gegengeraden.
    Der Pick-up rutschte in den Graben hinab, überschlug sich zweimal und krachte gegen eine Wand von Kiefern.
    Nüchtern hätte er wahrscheinlich nicht überlebt, aber Betrunkene haben Glück.
    Padgitt kroch durch eines der zersplitterten Fenster nach
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