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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Autoren: Martin Calsow
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des Flurs begrenzte eine Balustrade aus Stahl den Blick nach unten. Gedämpft waren Männerstimmen zu hören. Es mussten mehrere Menschen hier sein, obwohl sie keine Autos auf dem Parkplatz unten im Tal, geschweige denn hier oben, gesehen hatte. Doch bevor sie nach unten blicken konnte, zog Margot Köhn sie nach links, und sie stiegen eine Treppe aus schwarzem Marmor empor. Vor dem Gästezimmer wischte Margot Köhn mit einer schnellen Bewegung über ein Display am Türstock, und ohne jedes Geräusch schob sich die Milchglastür zur Seite. Dahinter lag ein Raum wie aus dem Katalog eines Fünf-Sterne-Hotels. Ein überdimensioniertes Bett mit einer schwarzen Felldecke darauf stand vor einem bis zum Boden gehenden Panoramafenster. Draußen wirbelten die Schneeflocken, aber hier war es behaglich. Dafür sorgte auch ein knisterndes Kaminfeuer. Hier war alles edel, dachte Regina. Aber nichts wirkte aufgesetzt oder gar neureich. Der Hausherr schien einen guten Geschmack zu haben. Ihr berufsmäßig antrainiertes Misstrauen wich, und sie zeigte sich ehrlich beeindruckt.
    »Wenn Sie sich frisch gemacht haben, erwartet mein Neffe Sie im großen Saal«, informierte sie Margot Köhn und verschwand.
    Regina runzelte die Stirn. Jetzt redete die Alte schon zum zweiten Mal von ihrem Neffen. Dabei musste Köhn uralt sein. Sie hatte sich schon in Wien ausgiebig über ihn informiert, war dank alter Kontakte bei der Polizei in die üblichen Sicherheitssysteme von Europol und FBI gekommen. Es hatte ihr ein sehr unklares Bild vermittelt. Köhn – das war in Deutschland ein Synonym fürunermesslichen Reichtum. Köhn war der König des Spielzeugs. Er hatte mit unzähligen Ideen für Kinder Milliarden erwirtschaftet. Dazu kamen Beteiligungen an Reedereien, Sektkellereien, Biobauernhöfen und kleineren Lebensmittelunternehmen. Der alte Köhn musste ein echter Geizhals sein, geradezu skurrile Anekdoten hatte Regina über ihn gefunden. Er wollte sich nicht fotografieren lassen, Partys mied er, öffentliche Ehrungen waren ihm ein Graus. Aber zuweilen spendete er. Anders sein Sohn. Der war bis zu seiner Inthronisation als Firmenchef ein Partynomade, lebte das Leben des Jetsets, ließ sich auf wilden Expeditionen durch Wüsten wie auch an der Seite zweifelhafter Models und Schauspielerinnen ablichten. Trotz exzellenter Schulbildung an den Top-Universitäten in Oxford und Harvard schien der Sohn nicht im Mindesten den unternehmerischen Geist des Alten zu besitzen, der überall Geschäfte witterte. Experten sahen schon den Untergang des weitverzweigten Köhn-Konzerns voraus, aber Köhn junior überraschte alle. Er investierte in Biolebensmittel, kaufte gigantische Flächen im Osten Deutschlands auf, setzte auf erneuerbare Energien, alternative Medizin und Pharmaforschung. Und siehe da: Binnen weniger Jahre wurde aus dem gigantischen, aber eben nur national agierenden »Spielzeugladen« des alten Köhn ein moderner, global agierender Konzern. Insider berichteten immer wieder von Zerwürfnissen zwischen dem Alten und seinem Sohn über die Ausrichtung des Unternehmens. Aber der Junge hatte nun alle Fäden in der Hand. Und positionierte sich in der Öffentlichkeit als Menschenfreund und Visionär. Zudem galt er immer noch als der begehrteste Junggeselle der Nation.
    »Warum muss ich ausgerechnet den Vater treffen?«, dachte Regina. Sie zog sich hastig um, öffnete die Tür und lief die Empore entlang zur Treppe, die in einen großen Raum führte. Von weitem sah sie, wie mehrere Männer sich lachend in einen hinter einer Milchglasscheibe versteckten Raum, ein Zigarrenzimmer, wie Regina erkannte, zurückzogen. Kaum war die Tür geschlossen, war kein Geräusch mehr zu hören.
    Der Mann vor ihr konnte nicht ihr Gastgeber sein. Der Mann, der ihr mit einem ausgesprochen sympathischen Lächeln gegenüberstand, war braungebrannt und besaß den durchtrainierten Körper eines Leistungssportlers. Die wettergegerbte Haut und die kräftigen Unterarme ließen Regina auf Klettern tippen. Die kräftigen blonden Haare schienen von der Sonne so ausgeblichen zu sein, als ob er gerade eben noch das Surfbrett abgestellt hätte. Zudem besaß er die gewinnende, aber auch etwas ölig wirkende Aura eines charismatischen Berufspolitikers. Köhn war alles andere als der Greis, als der er sich in dem Schreiben ausgegeben hatte. Ein Greis, der beide Weltkriege erlebt haben wollte. Auch das hatte Regina stutzig, aber vor allem neugierig gemacht.
    Er konnte ihre Enttäuschung
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