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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Autoren: Martin Calsow
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lag südlich von Rottach-Egern, dem Touristenort schlechthin. Dort wohnten lange Jahre die wirklich reichen Menschen. Industriebosse, Filmschaffende und Privatiers mit einem Vermögen von manchmal zweifelhafter Herkunft.Der See war als Erholungsort der Nazis bekannt geworden. Himmler besaß dort ein Haus, der fingierte Röhm-Putsch wurde dort inszeniert. Dies war ein Teil der lokalen Geschichte, der von den Einheimischen gern vergessen wurde. Und heute schmückte man sich erneut mit illustrer Gesellschaft.
    Anders allerdings als am Starnberger See, wo man damit protzt, dass dort die reichsten Deutschen leben, wohnen hier Millionäre mit Wunsch nach Diskretion und Stille. Erst in den letzten Jahren kamen, zum Missfallen des alten Geldadels, die Neureichen in die Idylle am Bergsee.
    Regina hielt an einer Bushaltestelle und nahm noch einmal den Brief, der ihr wenige Tage zuvor zugestellt worden war, in die Hand. »Melden Sie sich, wenn Sie am Beginn der Mautstation Suttensee sind. Dort werden Sie abgeholt.« Das Navigationssystem des Autos zeigte noch zehn Minuten bis zum Ziel an. Es war Punkt fünf Uhr. Das Nachrichtensignal ertönte aus dem Radio. Die Straße, die sich am Ufer des Sees vorbeischlängelte, lag unter einer festen Schneedecke. Ein großer LKW schlich vor ihr vorsichtig durch den Ort. Dann konnte sie endlich abbiegen und sah noch im dichten Schneetreiben den Wallberg, der über 1700 Meter in die Höhe ragte. Das Wetter wurde immer schlechter. Sie durchfuhr ein breites Tal, bis die Straße in einen Wald mündete. Der Geländewagen pflügte durch den Schnee, denn die Straße, die in die Valepp führte, wurde hier nicht mehr geräumt. Der Scheibenwischer quietschte auf Hochtouren über die immer weißer werdende Windschutzscheibe.
    »Scheiße, was macht der da?« Regina bremste hart ab, der Wagen ruckelte, aber angesichts der geringen Geschwindigkeit fing er sich wieder. Vor ihrem Auto stand eine völlig in weißes Leinen gekleidete Gestalt. Sie schien direkt von den Passionsspielen aus dem benachbarten Oberammergau zu kommen. Aber statt Sandalen trug sie wenigstens dicke Winterstiefel, allerdings mit losen Schnürsenkeln. Die Gestalt schritt langsam auf sie zu. Regina griff ins Handschuhfach, wo ihre Pistole der Marke »Glock« lag. Dann ließ sie die Fensterscheibe herunter; nun konnte sie deutlich einen Mann erkennen.
    »Fahren Sie nach oben?«, fragte er.
    Schlechter Atem schlug Regina entgegen. »Ich hätte Sie beinahe umgefahren …« Angesichts des mitleiderregenden Aussehens des Mannes vergaß sie ihre Wut. »Soll ich Sie mitnehmen?«
    Regina legte die Waffe für den Unbekannten nicht sichtbar zwischen ihre Beine. Statt eine Antwort zu geben, stieg er ein.
    Kaum saß er, rief er: »Ich bin Ezechiel. Das Ende ist nah.«
    Regina verdrehte die Augen. »Ein Spinner«, dachte sie, »jede gute Tat wird sofort bestraft.«
    »Wo wollen Sie hin?«, fragte der Mann.
    Regina antwortete: »Hoch zur Schlagalm. Kommen Sie von hier?«
    Er ging nicht auf ihre Frage ein. »Sie wollen zum Köhn, nicht wahr? Seien Sie gewarnt.«
    Regina schaute ihn an. »Warum?«
    Ezechiel schien ein Prophet ohne Zahnarzt zu sein. Er besaß nur noch drei Vorderzähne, der Rest war abgebrochen oder nur als Stumpf vorhanden. Fettiges Haar lag auf seiner von kleinen Pickeln übersäten Stirn. Die Äderchen in seinen Augen waren gerötet. Ständig kratzte er sich an den Händen.
    »Er hat in seinen Abgrund sehen dürfen. Er steht am Steuer, dreht und dreht. Aber wer sich ihm anschließt, wird in die Verdammnis einkehren. Er wird Erkenntnis spüren, wo keine ist, Wahrheit sehen, wo Lüge weilt. Und dafür wird er zahlen«, flüsterte er von der Seite. Immer stärker füllte sich das Wageninnere mit dem widerlich süßlichen Atem des Mannes. »Er hat die Büchse geöffnet, aber er wird nicht mehr sehen, wie sie geschlossen wird. Sei gewarnt.« Regina hatte einen Parkplatz erreicht und den Wagen abgebremst. Ruckartig öffnete Ezechiel die Tür und sprang heraus. Regina blickte nach hinten. Sie konnte nur noch sehen, wie der Irre im dichten Schneetreiben im Wald verschwand. »Ein Irrer. Ich sag’s ja, Die Deutschen neigen zum Wahnsinn. Wir haben Freud und die Nietzsche. Das sagt doch alles.«
    Vor ihr erkannte sie durch die dichten Flocken eine rot-weißeSchranke. Die Straße schien nicht passierbar zu sein. Missmutig rief Regina die im Brief angegebene Nummer an.
    Eine harte Frauenstimme erklang: »Sie sind mit einem Geländewagen unterwegs.
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