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Die Lilie von Florenz

Die Lilie von Florenz

Titel: Die Lilie von Florenz
Autoren: Julie Gordon
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wundersame Auferstehung würde sich die Stadt vermutlich das Maul zerreißen. Aber das kümmerte sie nicht. Für sie zählte nur, dass sie endlich angekommen war.
    Sie vertraute Matteo, dass er zu ihr stehen würde. Und daran ließ er keinen Zweifel. Trotzdem konnte Allegra sich nicht gegen kleine, böse Gedanken wehren, die sie immer wieder überkamen, wenn sie auf den langen Kutschenfahrten müde wurde. Oft schwiegen sie stundenlang. Und wenn es auch kein unangenehmes Schweigen war, so gaben ihr diese Stunden allzu viel Zeit, um über Dinge nachzugrübeln, die eigentlich – so glaubte sie – überhaupt kein Thema mehr waren.
    â€žDiesen verträumten Gesichtsausdruck kenne ich“, sagte Matteo eines Tages. Sie waren nur noch drei Tagesreisen von Florenz entfernt.
    Allegra schrak aus ihren Gedanken hoch. „Wie bitte?“
    Lächelnd beugte er sich vor. „Du siehst aus, als dächtest du an die letzte Nacht.“
    Allegra errötete. „Unsinn“, widersprach sie.
    â€žSo? Woran hast du dann gedacht?“
    Allegra zögerte. „Ich weiß nicht, wie ich’s sagen soll … Es ist nur … du hast eine Vergangenheit, die mir nicht gefällt, und ich dachte … Ich dachte darüber nach, was wohl passieren würde, wenn du wieder ein Mädchen ins Bett holst, weil ich dir nicht genüge.“
    Da war es heraus. Ihre größte Sorge der letzten Tage, die sie um den Schlaf brachte.
    Matteo lehnte sich zurück. Seine Hände ruhten auf den Oberschenkeln. Seine dunklen Augen musterten sie ernst und nachdenklich.
    â€žDas ist eine Frage des Vertrauens“, sagte er schließlich leise. „Und dieses Vertrauen kann ich dir nicht geben. Ich kann dir nur versichern, dass es nie wieder passieren wird, weil du für mich die Eine bist.“ Er schaute auf seine Hände. „Du selbst musst lernen, mir zu vertrauen“, fügte er leiser hinzu. „So wie Cristina auf dem Maskenball den beiden Männern vertraut hat. Erinnerst du dich?“
    Allegra nickte stumm.
    â€žInzwischen wissen wir, dass sie die beiden erst an jenem Abend kennenlernte, und wir wissen auch, was die beiden im Schilde führten, als sie Cristina verführten. Aber Cristina hat ihnen vertraut, hat sich von ihnen die Augen verbinden lassen, hat zugelassen, dass sie gefesselt wurde. Das ist Vertrauen, Allegra. Da ist es egal, was außerhalb des Schlafzimmers passiert. Wir werden immer wissen, dass wir zueinander gehören, was auch passiert.“
    Seine Worte waren tröstlich für Allegra. Dennoch war ihre Frage damit nicht vollständig beantwortet. In den folgenden Tagen dachte sie noch oft darüber nach. Wie sollte sie wissen, ob sie Matteo wahrhaftig vertrauen konnte?
    Genügte ihr der Blick in seine Augen? Der leise Händedruck, wenn er ihr abends aus der Kutsche half? Lag Vertrauen in der Art, wie sie sich ihm Nacht für Nacht hingab?
    Sie wusste es nicht. Vielleicht musste sie erst einen Schritt weitergehen, um die Wahrheit über Matteo und sie zu erfahren …
    Doch bei ihrer Ankunft in Florenz trat diese Sorge recht schnell in den Hintergrund. Gerade erst hatten sie die Kutsche verlassen, und ein Diener führte Allegra in ihre Gemächer, die von nun an ihr Zuhause sein sollten. Matteo hatte einen Boten vorausgeschickt, damit bei ihrer Ankunft alles bereit war, und so fand Allegra nicht nur eine Truhe mit jenen Kleidern vor, die man vom Landgut geholt hatte, sondern erlebte auch eine wunderbare Überraschung.
    â€žLucia!“ Allegra eilte ihrer Zofe entgegen, die am Fenster stand und eines der schwarzen Kleider ausbürstete, die nach dem Transport leicht zerknittert waren.
    â€žSignora Allegra …“, stammelte Lucia nur. Sie ließ Kleid und Bürste sinken und ließ sich von Allegra umarmen. Als Allegra sie auf Armeslänge von sich hielt, bemerkte sie Tränen, die ihrer Zofe haltlos über die Wangen liefen.
    â€žAber was ist denn los?“, fragte Allegra bestürzt. Sie führte das Mädchen zur Récamiere, die in ihrem Schlafgemach stand, und setzte sich neben Lucia. Sie ergriff die Hände des Mädchens. „Es ist doch nichts passiert? Daheim ist doch alles in Ordnung?“
    Unter Tränen lachte Lucia. „Ja, Signora, es ist alles zum Besten. Rosalie lässt grüßen, und ebenso Tabucchi. Wir sind alle so froh, dass Ihr im Sommer zurückkommt.“
    Allegra
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