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Die Liebeshandlung

Die Liebeshandlung

Titel: Die Liebeshandlung
Autoren: Jeffrey Eugenides
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nichts von ihm gehört, bis er plötzlich vor meiner Tür stand.»
    «Gut, falls ja, könnten Sie ihn bitten, Madeleine anzurufen, die immerhin noch seine rechtmäßige Ehefrau ist? Diese Situation muss auf irgendeine Weise geklärt werden.»
    «Da bin ich mit Ihnen einer Meinung», sagte Rita.
    Sobald Alton und Phyllida wussten, dass Bankhead nicht unmittelbar in Gefahr war und vor allem, dass er einen Kontinent zwischen sich und seine Angetraute und Schwiegereltern gebracht hatte, schlugen sie einen anderen Kurs ein. Mitchell sah sie im Teehaus miteinander reden, als wollten sie nicht, dass Madeleine mithörte. Einmal, als er von einem Morgenspaziergang zurückkam, ertappte er die beiden in der Garage im Auto. Zwar hörte er nicht, was sie sagten, aber ihm schwante etwas. Dann, eines Abends, als sie alle draußen auf der Veranda einen Digestif tranken, brachte Alton das Problem, das sie so beschäftigte, auf den Tisch.
    Es war kurz nach neun, das Zwielicht ging in Dunkelheit über. Die Pumpe des Pools plagte sich hinter ihrer Umzäunungund fügte dem Rundumgezirp der Grillen ein Rauschen hinzu. Alton hatte eine Flasche Eiswein aufgemacht. Sobald er alle Gläser gefüllt hatte, setzte er sich neben Phyllida auf das kleine Korbsofa und sagte: «Ich möchte eine Familienvorstandssitzung einberufen.»
    Die alte Dänische Dogge des Nachbarn, die hörte, dass sich etwas regte, bellte pflichtschuldig dreimal und schnüffelte dann unten am Zaun entlang. Die Luft war schwer von Gartendüften, nach Blumen und nach Kräutern.
    «Das Problem, das ich dem Vorstand vorlegen möchte, ist die Situation mit Leonard. Im Lichte von Phyls Gespräch mit Mrs.   Bankhead   –»
    «Der Meschuggenen», sagte Phyllida.
    «–   finde ich, es ist Zeit, neu zu überdenken, wie wir uns weiterhin verhalten.»
    «Du meinst, wie ich mich weiterhin verhalte», sagte Madeleine.
    Der Pool hinten im Garten hatte einen Schluckauf. Ein Vogel, nur wenig schwärzer als der Himmel, schoss von einem Ast herab.
    «Deine Mutter und ich fragen uns in der Tat, was du vorhast.»
    Madeleine nippte an ihrem Wein. «Ich weiß es nicht», sagte sie.
    «Schön. Gut. Deshalb habe ich dieses Treffen einberufen. Zunächst einmal schlage ich vor, die Alternativen abzustecken. Zweitens schlage ich vor, dass wir die möglichen Auswirkungen jeder Alternative bestimmen. Danach können wir diese Auswirkungen vergleichen und ein Urteil bezüglich der besten Vorgehensweise fällen. Einverstanden?»
    Als Madeleine nicht antwortete, sagte Phyllida: «Einverstanden.»
    «Wie ich es sehe, Maddy, gibt es zwei Alternativen», sagte Alton. «Die eine: Du und Leonard versöhnt euch. Die zweite: Ihr versöhnt euch nicht.»
    «Ich habe jetzt eigentlich keine Lust, darüber zu sprechen», sagte Madeleine.
    «Bitte   – Maddy   –, hab Geduld mit mir. Fangen wir mit der Versöhnung an. Meinst du, das ist eine Möglichkeit?»
    «Ich nehm’s an», sagte Madeleine.
    «Wie wäre das möglich?»
    «Ich weiß nicht. Alles ist möglich.»
    «Glaubst du, Leonard kommt von selbst zurück?»
    «Ich habe gesagt, ich
weiß
es nicht.»
    «Bist du bereit, nach Portland zu fliegen und ihn zu suchen? Wenn du nämlich nicht weißt, ob Leonard zurückkommt, und nicht bereit bist, ihn suchen zu gehen, würde ich sagen, dass die Chancen für eine Versöhnung ziemlich dürftig sind.»
    «Vielleicht
gehe
ich ihn ja suchen!», sagte Madeleine lauter.
    «Na gut. In Ordnung», sagte Alton. «Nehmen wir an, du tust es. Wir schicken dich morgen früh nach Portland. Was dann? Wie beabsichtigst du, Leonard zu suchen? Wir wissen nicht mal, wo er sich aufhält. Und angenommen, du
findest
ihn. Was tust du, wenn er nicht zurückkommen will?»
    «Maddy sollte von sich aus gar nichts tun», sagte Phyllida mit finsterem Blick. «Leonard sollte auf allen vieren herkriechen und bitten, sie zurückzubekommen.»
    «Ich will nicht darüber sprechen», wiederholte Madeleine.
    «Schätzchen, wir müssen es», sagte Phyllida.
    «Nein, müssen wir nicht.»
    «Tut mir leid, aber wir müssen!», insistierte Phyllida.
    Während der ganzen Zeit hatte Mitchell still auf seinem Adirondack-Chair gelegen und Wein getrunken. Die Hannas schienen vergessen zu haben, dass er da war, oder sie betrachteten ihn mittlerweile als Teil der Familie und machten sich nichts daraus, dass er sie von ihrer zänkischsten Seite sah.
    Aber Alton versuchte, die Spannung zu lockern. «Lassen wir die Versöhnung mal vorläufig beiseite», sagte er in
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